Читать книгу Erwärmung und Wohlstand oder Abkühlung und Verfall - Norbert Buchner - Страница 41
ОглавлениеWechselhafte Zeiten zu Beginn des 6. vorchristlichen Jahrtausends
Die Temperatur stieg gegen 6000 v.Chr. (8000 v.h.) sehr rasch an und sie erreichte wieder recht hohe Werte. Zwei Gründe waren dafür maßgebend: die Sonnenaktivität war auf ein hohes Niveau geklettert, fast so hoch wie in unserem modernen 20. Jahrhunderts (s. Abb. 6) und die Sonneneinstrahlung auf die Nordhälfte der Erde lag aus astronomischen Gründen um mehr als 5 % höher (s.Abb. 5). Die beiden ersten Jahrhunderte des neuen Jahrtausends waren aber noch von großer klimatischer Unruhe mit mehreren raschen Wechseln geprägt, denn die atmosphärische Zirkulation und die sie steuernden ozeanischen Bedingungen mussten sich erst wieder einpendeln. Eine schon beschriebene Folge dieser Umstellung war sehr stürmisches Wetter mit einer Spitze um 5900 v.Chr.
Das neue Jahrtausend fing also recht warm an und um 5800 v.Chr erreichte die Temperatur sogar ein ausgeprägtes Maximum (s.Abb. 13). Dann aber überwogen wieder negative Einflüsse, denn die Sonnenaktivität senkte sich wieder ab (Abb. 6). Um 5700 und nochmals um 5600 v.Chr. wurden auch wieder größere Mengen Schmelzwasser von Gletschern in den Atlantik geschüttet, wenn auch bedeutend weniger als beim Riesenschwall um 8300/8200 v.h., der damals zu einer rapiden und anhaltenden Abkühlung und Trockenheit geführt hatte. Als Folge setzte wieder ein großer Eisvorstoß im Atlantik ein mit einem Maximum nach der Jahrtausendmitte (vgl. Abb. 10), welcher ein zunehmend kühleres, trockeneres und auch stürmischeres Klima mit sich brachte. Gegen 5600 v.Chr. führte auch ein außerordentlich großer Vulkanausbruch kurzzeitig zu einer starken Abkühlung. Die Temperatur sank bis 5500 v.Chr. auf ein Minimum.und es herrschte große Trockenheit: dies bestätigen Untersuchungen an Sedimenten, welche in der fraglichen Zeit durch Euphrat und Tigris aus der mesopotamischen Ebene in das Golfmeer eingetragen worden waren. Eine ähnliche Information liefern mehrere nordafrikanische Seen wie auch Seen in Europa, deren Wasserspiegel fast einheitlich abfiel.
Obed 1 im südlichen Mesopotamien geplagt von Flut und Trockenheit
In Südmesopotamien wird die Periode von 5900 bis 5400 v.Chr. als Obed 1 (oder Eridu) bezeichnet. Sie ist nach der frühen Ortschaft El Obed benannt, welche zusammen mit einigen wenigen zunächst kleinen Dörfern wie Eridu um 5900 v.Chr. im äußersten Süden Mesopotamiens gegründet worden sind, wohl von Vertriebenen der letzten Flut im heutigen Persischen Golf. In der gesamten Periode von Obed 1 hielt der Anstieg des Wasserspiegels im Golfmeer an und er führte zur andauernden Vertreibung von Menschen aus ihrer bisherigen oder auch ihrer neuen Heimat. Dauernd drängten also Flüchtlinge aus den Überflutungsgebieten in das noch verbleibende Land. Archäologen haben mit Verwunderung festgestellt, dass sich in diesen Jahrhunderten die südliche mesopotamische Ebene allmählich mit Siedlungen füllte. Ein inneres Wachstum scheidet als Ursache aus, weil die Zeit überwiegend von Trockenheit geprägt war. Viele Menschen kämpften wegen Vertreibung und Trockenheit wohl um das bloße Überleben. Ein freiwilliger Zuzug Fremder in das in dieser Zeit oft unwirtliche Land widerspricht jeder Logik. Die Zunahme der Siedlungen im südlichen Mesopotamien ist nur mit einer dauernden Vertreibung durch das benachbarte ansteigende Meer erklärbar!
Im Laufe der Zeit sind die unterschiedlichsten – und teils abenteuerlichsten – Vermutungen über die Herkunft dieser frühen Siedler angestellt worden, in denen man Vorfahren der späteren Sumerer sieht, welche es zur ersten Hochkultur in diesem Raum bringen sollten. Ganz offensichtlich handelt es sich bei diesen „neuen“ Siedlern um Menschen, welche durch die letzte Flut aus dem benachbarten Persischen Golf nach 5900 v.Chr. mehr und mehr vertrieben worden sind. Die Zuwanderer gehörten, wie die Untersuchungen in der Siedlung Tell el Ueli bei Larsa gezeigt haben, auch einem vor der Flut hier schon existierenden Kulturkreis an. Die Bauart der dreiteiligen Häuser, wie sie vom mindestens 8500 Jahre alten Tell el Ueli her bekannt ist, blieb bei den Neusiedlern bzw. ihren Nachkommen zumindest bei Repräsentationsbauten gewahrt und auch die sich verfeinernde Keramik blieb in der Tradition von Obed 0.
Die Menschen von Obed 1 überlebten in einem zunächst recht ungünstigen Milieu: zwar stand ihnen fruchtbares abwechselnd sumpfiges oder trockenes Land zur Verfügung; aber anfangs herrschte stürmisches und trockenes Wetter und die fortdauernde Vertreibung von Menschen durch den Anstieg des Meeres mit dem Zwang zur Aufnahme von Flüchtlingen stellte sie immer wieder vor Probleme, welche sie aber dank der Kenntnis von Bewässerungswirtschaft und von Viehzucht, vor allem von Rindern, bewältigen konnten.
Bis zur Mitte des Jahrtausends fielen Temperatur, Feuchtigkeit und Fruchtbarkeit erneut auf tiefe Werte ab. Das bedeutete wieder eine große Belastung für die Menschen und ihre Kultur. Eine neue und bessere Phase dieser frühen mesopotamischen Kultur konnte daher erst später einsetzen, als es klimatisch wieder aufwärts ging. Lit. 12.1