Читать книгу Erwärmung und Wohlstand oder Abkühlung und Verfall - Norbert Buchner - Страница 32

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Ausbreitung der Kultur im Orient und in Nordafrika

Nach einem langen wechselvollen Rückfall der Sonnenaktivität (Abb. 6) setzte diese vor mehr als 9200 Jahren zur Wiedererholung an und sie erreichte auch schnell wieder einen Spitzenwert. Allerdings fiel sie um 9000 v.h. ebenso schnell für kurze Zeit wieder auf einen Tiefstwert ab. Die folgende lange Zeit – von 8800 bis etwa 8400 v.h. – war dann von meist überdurchschnittlichen Werten der Sonnenaktivität gekennzeichnet. Allerdings wurde die Zeitspanne von 8800 bis 8200 v.h. von einer Reihe größerer und großer Vulkanausbrüchen unterbrochen, welche immer wieder einen Rückfall von mehreren Jahren in Kühle und Unfruchtbarkeit mit sich brachten.

Die Temperatur folgte weitgehend den Vorgaben der Sonne (Abb. 11). Die Eisberge im Atlantik zogen sich schnell wieder zurück und sie blieben auch in ihrer nördlichen Position bis nach der Mitte des 9.Jahrtausends v.h. (Abb. 10). Die Menschen durchlebten so einerseits viele Jahrhunderte einer Gunstzeit, welche ihre Entwicklung begünstigte; anderseits waren sie aber auch wiederholt von Perioden von einigen Jahren mit Unfruchtbarkeit geplagt. Da es noch keine Vorratssysteme zu ihrer Überbrückung gab sahen sich die Menschen daher immer wieder zur Suche nach einem fruchtbareren Land gezwungen.

Ausbreitung und Westverlagerung von Siedlungen in Anatolien

In Südost-Anatolien hatten an den Hängen des Taurus-Gebirges eine frühe Besiedelung und ein früher Ackerbau eingesetzt. Dieser breitete sich nun während der klimatischen Gunstzeiten in benachbarte Gebiete aus; es ist aber auch eine schrittweise Verlagerung der Siedlungen von Osten nach Westen feststellbar. Hierzu haben wohl die Trockenphasen beigetragen: Westanatolien ist ja begünstigt, denn den Feuchte-bringenden Einfluss des Atlantiks verstärken dort Ägäis und Marmarameer und im Nordwesten das Schwarze Meer.

Von 9300 bis 9000 v.h. fiel die Feuchtigkeit am Vansee trotz steigender Temperaturen ab (Abb. 12) und in Ostanatolien wurde es trockener. Diese Anfangszeit ist zwar noch durch die Gründung neuer Siedlungen sowohl im Osten als auch im südlichen Zentralanatolien geprägt. Dann aber entstanden in Ostanatolien keine weiteren Siedlungen mehr, sondern nur noch im südlichen Zentrum; aber auch in West- und Nordwest-Anatolien tauchten schon erste Ackerbau-Siedlungen auf.


Abb. 12 Feuchtigkeit am Vansee (Ost-Anatolien) (nach Lemke und Sturm 1997 – Austrittsverzögerung des Niederschlags von ca. 200 Jahren berücksichtigt)

Ab 9000 v.h. bis zur Mitte des folgenden Jahrtausends stieg die Feuchtigkeit am Van-See wieder stetig an (Abb. 12). Vermutlich herrschte nun in ganz Anatolien eine günstige Feuchtigkeit – von kurzeitigen vulkanisch bedingten Einbrüchen von Temperatur und Feuchtigkeit abgesehen. Diese lange Gunstphase hat offensichtlich zu einem beträchtlichen Wachstum der Bevölkerung geführt, denn seit etwa 8500 v.h. (6 500 v.Chr.) griffen neolithische Lebensweise und Ackerbau sogar auf europäische Regionen an Ägäis und Marmarameer über. An Flussläufen mit landwirtschaftlich günstigen Böden fanden sich nun dort kleine Siedlungen. Die Bauern brachten Keramik mit, die schon einen hohen Entwicklungsstand aufwies. Über ihre Herkunft besteht kein Zweifel, denn viele zeitgenössische Funde von Zentralanatolien bis in den europäischen Donauraum weisen gemeinsame Merkmale auf. Lit. 9.1

Erste Bauern in der Region des späteren persischen Reiches Elam

Die Menschen, welche in der Tiefebene des heutigen Persischen Golfs gelebt haben und von den Fluten heimgesucht worden sind, sind – so weit sie die Fluten überlebt haben – in noch verbliebene Räume der Tiefebene zurückgedrängt worden oder auch entlang der Flüsse in angrenzende Regionen abgewandert. Nach Nordosten hin trafen sie dabei auf die heutige iranische Ölprovinz Chusistan am Fuße des Zagros-Gebirges. Dort findet sich ein wasserreiches Gebiet mit der später historisch bedeutungsvollen Tiefebene Susiana, welche von mehreren Flüssen aus dem Zagros, wie dem mächtigen Karun, durchflossen ist.

Hier, in der Susiana, bildete sich später das erste Reich im persischen Raum aus, das Reich von Elam mit einer seiner Hauptstädte, Susa. Offensichtlich war dies auch das Kerngebiet einer sehr frühen Besiedelung. In einem schon weitgehend durch Planierung zerstörten Tell, Choga Bonut, konnten Forscher aus Chikago trotzdem noch eine Besiedelung vor mehr als 9000 Jahren wie auch die Verwendung von Lehmziegeln mit Strohbindung nachweisen. Der angetroffene schon relativ hohe kulturelle Stand lässt auf einen schon längeren kulturellen Vorlauf schließen.

Die Menschen aus dem Golf sind wohl schon recht früh in die fruchtbare und wasserreiche Ebene der Susiana gelangt. Von dort aus führt ein natürlicher Weg zunächst in angehobene Regionen der Vorberge des Zagros, welche hinter dem modernen Ahwas rampenartig ansteigen. Die Gegend ist sehr wasserreich, da das Grundwasser von den höheren Ebenen jeweils in die tiefere dringt. Als Folge wechseln sich fruchtbare Ackerflächen mit Sümpfen ab. Nach der ersten Kette des Zagros-Gebirges aus Sandstein folgen nach oben lang gezogene und weite fruchtbare Täler, die bis auf die Hochfläche der Persis führen. Von den Elamern wurde hier später der sog. Königsweg angelegt, der die beiden Hauptgebiete des Reiches Elam, die Susiana im Tiefland und die Persis im Hochland quer durch den Zagros verband. Auch für die frühen Siedler muss dies ein Konigsweg für eine Expansion auf die fruchtbare Hochebene gewesen sein, in welcher die heutige Millionenstadt Shiraz, die romantische Stadt der Rosen und der Dichter, wie auch die Palaststadt Persepolis der berühmten Achaememidenkönige Kyros II. und Xerxes liegt. Hier hat man nicht weniger als 350 vorgeschichtliche Siedlungshügel gezählt, von denen aber bisher nur ganz wenige erforscht sind.

Frühes Mehrgarh: Mittler zwischen Persien und Indien

Mehrgarh ist heute eine bedeutende archäologische Stätte in Pakistan mit 250 Hektar Größe und einer Höhe der Siedlungshügel bis zu 11 Metern. Es liegt in der Ebene von Kachi in Balutschistan oberhalb des Flusses Bolan am Zugang zu einem wichtigen Pass, also in strategisch wichtiger Lage an der Pforte zum Flusssystem des Indus. Eine erste kleine Siedlung von Ackerbauern und Jägern wurde hier schon kurz nach 9000 v.h. gegründet in der angeführten langen Phase mit erhöhter Temperatur, Feuchtigkeit und Fruchtbarkeit, Folge einer so hohen Sonnenaktivität, wie sie in den seitherigen 9 Jahrtausenden nie wieder registriert wurde (vgl. Abb. 6).

In dieser ersten Siedlungsperiode gab es in Mehrgarh noch keine Keramik. Man fand aber Schmuck, wie Ketten, Armreife und Anhänger, für den man Meeresmuscheln, Türkis, Lapislazuli und Sandstein verwendete. Diese Materialien liefern einen Hinweis auf einen schon über weite Strecken funktionierenden Handel. Die Siedlung markiert auch einen der Ausbreitungspfade des Ackerbaus aus dem persischen Raum nach Indien über das damals fruchtbare Flusssystem des Helmand an der heutigen Grenze des Iran und von Afghanistan. Die ersten Siedler in Mehrgarh jagten Wildtiere und bauten auf ihren Feldern Emmer und Gerste an. Emmer ist in dieser Gegend nicht heimisch: das Saatgut könnte von den Hängen des Zagros-Gebirges stammen. Denselben Verdacht erwecken aufgefundene kleine Figuren, welche ebenfalls Ähnlichkeiten mit solchen vom Zagros aufweisen. Einen starken Hinweis hierzu geben humangenetische Vergleiche: Untersuchungen einer Forschergruppe aus 6 Ländern zeigen, dass eine Genvariante, welche als typisch indisch gilt, in hoher Häufigkeit in dem Gebiet anzutreffen ist, welches das frühere Elam – Tiefland und Hochland – umfasste. Von hier aus begann offensichtlich eine Expansion von Menschengruppen, welche den Getreideanbau bis nach Indien brachten.

Fast unglaublich ist, dass in dieser frühen Periode in Mehrgarh schon Zähne mittels Feuersteinbohrern behandelt wurden. Diese Fähigkeit verlor sich allerdings im Verlaufe von etwa 1500 Jahren wieder. Vermutlich lag die Ursache in einem späteren wirtschaftlichen Niedergang, verbunden mit einem Schrumpfen der Bevölkerung bis hin zum Erlöschen der ersten Siedlung um 6300 v.h. (4300 v.Chr.) in einer Phase eines tiefen Klimasturzes (s.Abb. 13). Lit. 9.2

Nach der erwähnten Trockenphase um 10 000 v.h. trat bald wieder eine Klimaerholung ein – wohl eine Folge von Phasen einer hohen Sonnenaktivität (s.Abb. 6) – und in Nord- und Zentralafrika stiegen die Spiegel der Seen wieder steil an. Das Klima in Nordafrika wurde wieder feuchter. Auch viel weiter südlich, in Südwestafrika, wurde die Kalahari zwischen 9000 und 8000 v.h. zu einer grünen Savanne und die Wüste Namib schrumpfte deutlich zurück.


Abb. 13 Temperatur der Erde (8000 – 6000 v.h. = 6000 – 4000 v.Chr.) (nach Eiskern GISP2-Grönland)

Landwirtschaft in der südlichen Sahara

Im Süden der heutigen Sahara hat sich unter diesen günstigen Umständen eine frühe neolithische Kultur entwickelt, welche Ackerbau betrieb und Keramik verwendete. Sie ist gekennzeichnet durch sehr große kürbisförmige Töpfe bis zu 60 cm Durchmesser, die ganz offensichtlich zum Kochen von Hirsebrei dienten, denn man konnte auch Becken und Reibsteine zum Zermahlen der Hirse sowie Pollen von gepflanzter Hirse finden. Keramik – und vor allem diese großen Formen – kann man als sicheren Hinweis auf Sesshaftigkeit betrachten, da sie kaum über größere Strecken zu transportieren ist. Im Süden der Sahara hatte sich also – ähnlich wie im Vorderen Orient – vor mehr als 8000 Jahren schon eine sesshafte und Ackerbau betreibende Kultur mit eigener Nahrungsbasis und Keramik gebildet. Es fanden sich auch zahlreiche Werkzeuge aus Knochen: Stichel, Ahlen, Glätt- und Schneidwerkzeuge, wie auch viele Schmuckgegenstände, wie Haarnadeln, Ohrgehänge und röhrenförmige Perlen aus unterschiedlichen Materialien. Diese Sahara-sudanesische Kultur hat später wohl auch eigenständig das Rind domestiziert, denn im Tassili-Gebirge fand man auf späteren Felszeichnungen herdenweise Rinder.

Im Zeitraum zwischen 9000 und 8500 v.h. begann das Niveau der Seen in Äthiopien und im Nordost-Tschad wieder zu sinken. Abb. 11 zeigt, dass die Zeit nach 2 Klimaoptima – entsprechend 2 Spitzen der Sonnenaktivität – ab 8700 v.h. nur noch von mittleren Temperaturen gekennzeichnet ist. Um 8300 v.h., in einem scharfen Einbruch der Temperatur, verschärfte sich die Austrocknung und die Wüste Sahara ergriff wieder Besitz von bisher grünem Land. Zu diesem Einbruch hat ein ganz besonderes Ereignis beigetragen, welches noch geschildert wird. Lit. 9.3

Erwärmung und Wohlstand oder Abkühlung und Verfall

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