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Schädelspalter (1996)

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Die ersten Schritte in mein neues Leben mit neuer Leber waren getan. Aber es fehlte noch was. Ich schaltete eine Kontaktanzeige im Schädelspalter, dem lokalen Stadtmagazin Hannovers. Internet war noch nicht aktuell. Wer aus meiner Generation kennt sie nicht mehr: Die Studenten, die nachts, wenn der neue Spalter erschien, in Cafés und Kneipen lautstark das Magazin an den Mann oder die Frau bringen wollten.

„Ritter Sport sucht die zarteste Versuchung“ lautete die Überschrift meiner Kontaktanzeige. So richtig sportlich war ich zu dem Zeitpunkt zwar nicht mehr, ich zehrte nur noch von vergangenen sportlichen Höchstleistungen. Aber irgendwie fand ich das lustig und charmant zugleich und erhielt unerwartet viele Zuschriften. Die ohne Bild sortierte ich gleich aus, ich war ziemlich oberflächlich damals. Und ich war emotional total abgestumpft. Mein Gefühlsleben war in den 4 Jahren intensiven Drogenkonsums auf Eis gelegt. Ich hatte nur zwei oder drei lockere Beziehungen, als ich 16 war.

Dementsprechend unbedarft war ich im Umgang mit Frauen. Erschwerend kam hinzu, dass ich sehr schüchtern und schweigsam war. Mein Selbstvertrauen nach den ganzen Nackenschlägen der letzten Jahre war enorm geschrumpft. Hey, hey, hey, ich war der goldene Reiter und so weiter. Ich traf mich mit vier oder fünf Frauen und es war ein mittelschweres Fiasko. Spätestens als ich erzählte, wie mein Leben bisher so gelaufen ist, ich wollte ja mit offenen Karten spielen, war dann Schluss mit lustig.

Ich machte weiter mein Ding, ging arbeiten, hatte immer wieder Arzttermine und war so weit zufrieden. Dann flatterte noch ein Brief vom Schädelspalter ins Haus und ich beschloss darauf zu antworten. Auch ohne Bild. Wir trafen uns, sie wohnte ca. 50 km von Hannover entfernt in einem kleinen Kaff namens Alfeld an der Leine. Wir waren uns ganz sympathisch, ich blieb bei der Wahrheit und es war okay für sie.

Nach 2 Monaten bekam sie Stress mit ihrer WG-Mitbewohnerin, und ich schlug ihr vor bei mir einzuziehen. Der Umzug war schnell erledigt und so zog sie im Januar 97 mit ihren Kaninchen bei mir ein. Es dauerte gar nicht allzu lange, drei oder vier Monate, bis wir merkten, dass das mit uns nicht funktioniert. Ich war noch zu sehr im Einzelkämpfermodus und investierte wenig bis gar nichts in die Beziehung. Wie auch, ich war sehr unbedarft und mein Selbstvertrauen hatte nach der Krankheitsgeschichte ganz schön gelitten.

Die Initiative zur Trennung ging von ihr aus, ich hätte kein Problem damit gehabt, so weiterzuleben. Ich verstand die Welt nicht mehr. Zur Feierabendzeit meiner jetzt ja Ex-Freundin fuhr ich zu ihrem Arbeitsplatz, nur um zu sehen, wie sie von einem anderen Typen abgeholt wurde. Ich sagte ihr, dass ich jetzt verstehe. Der Typ wollte was sagen, da hatte ich ihm auch schon eine gescheuert. Und machte mich vom Acker. Ich war gekränkt und wusste damals nicht anders mit dieser Kränkung umzugehen. Ich verfiel in eines meiner früheren, süchtigen Verhaltensmuster. Der Gedanke daran, den Schmerz, die Enttäuschung zu betäuben. Bilder einer Spritze mit Kokain tauchten in meinen Gedanken auf. Ich war koksgeil.

Leberkoma

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