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b) Unentgeltlichkeit
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Unentgeltlich ist ein Erwerb, soweit er nicht rechtlich von einer Gegenleistung abhängig ist.[9]
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Bei einer gemischten Schenkung ist daher Unentgeltlichkeit nur insoweit gegeben, wie der Wert der Zuwendung den Wert der geschuldeten Gegenleistung übersteigt.
Beispiel
M schenkt seiner Ehefrau F einen Sportwagen, um ihr eine Freude zu machen. Zivilrechtlich handelt es sich nicht um eine Schenkung, sondern um eine ehebedingte Zuwendung, weil die Zuwendung nicht im Konsens über die Unentgeltlichkeit, sondern lediglich in Erwartung und zur Förderung des Fortbestands der Ehe erfolgt. Dabei handelt es sich aber nicht um eine Gegenleistung. Daher liegt eine unentgeltliche Bereicherung der F vor.
Beispiel
V schenkt seiner Tochter T im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ein bebautes Grundstück. Er hofft, dass sich T dankbar zeigt und ihn im Alter in dem Gebäude unentgeltlich wohnen lässt. Die Zuwendung erfolgt unentgeltlich. Das Motiv des T begründet keine rechtlich abhängige Gegenleistung der T.
Beispiel
A wendet B ein Grundstück mit einem Verkehrswert von 1 000 000 € zu. B soll als Gegenleistung dem A 100 000 € zahlen. Der nach § 311b Abs. 1 S. 1 BGB formbedürftige Vertrag ist jedoch mangels Beachtung der Formerfordernisse unwirksam (§ 125 BGB). Dennoch wird B als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen und zahlt die vereinbarte Summe. Gemäß § 311b Abs. 1 S. 1 BGB wird der formnichtige Vertrag geheilt, so dass B dem A Zahlung schuldete und somit die Zuwendung des A von einer Gegenleistung des B rechtlich abhing. Demnach ist der Vorgang nur i.H.v. 900 000 € unentgeltlich.
Beispiel
A wendet B ein Grundstück mit einem Verkehrswert von 1 000 000 € zu. B soll als Gegenleistung dem A 100 000 € zahlen. Die Formvorschriften sind gewahrt, jedoch ist A vorübergehend unerkannt geschäftsunfähig, so dass der Vertrag nach § 105 Abs. 2 BGB unwirksam ist. Dennoch erbringen A und B einander die jeweils vereinbarten Leistungen, wobei A inzwischen wieder geschäftsfähig ist. Zwar wurde die Unwirksamkeit des Vertrages hier nicht geheilt, so dass an sich weder A dem B, noch B dem A eine Leistung schuldete. Dennoch handelt es sich hier nicht um einen beiderseits vollunentgeltlichen Vorgang. Denn nach § 41 Abs. 1 S. 1 AO ist die zivilrechtliche Unwirksamkeit des Vertrages für die Besteuerung unerheblich, da A und B das wirtschaftliche Ergebnis des Vertrages eintreten und bestehen lassen. Der Vertrag ist daher für Zwecke der Schenkungsteuer als wirksam zu behandeln. Demnach ist die Zuwendung von A an B i.H.v. 100 000 € als entgeltlich, im Übrigen als unentgeltlich anzusehen.
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Auch verdeckte Gewinnausschüttungen i.S.v. § 8 Abs. 3 S. 2 KStG erfolgen unentgeltlich.
Beispiel
A und B sind Gesellschafter der X-GmbH. A ist mit 70 % und B mit 30 % an der GmbH beteiligt. B gibt der GmbH aus seinen privaten Mitteln ein Darlehen. Anstatt marktüblichen 5000 € erhält B jedoch 10 000 € Zinsen. Ertragsteuerlich liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung i.H.v. 5000 € an B vor. Schenkungsteuerlich handelt es sich um eine freigebige Zuwendung i.S.v. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG entsprechend der Höhe der Beteiligung, die nicht dem B zusteht, also i.H.v. 70 %. Demnach liegt eine Schenkung unter Lebenden von der X-GmbH an B i.H.v. 3500 € (= 70 % von 5000 €) vor. Wäre A Alleingesellschafter und B eine ihm nahe stehende Person, so läge eine Schenkung der GmbH an B i.H.v. 5000 € (= 100 % von 5000 €) vor. Hinsichtlich der Steuerklasse wäre die Neuregelung in § 15 Abs. 4 ErbStG zu beachten.