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IV. Ersatzerbschaftsteuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG
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§ 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG regelt eine Erbersatzsteuer. Anders als § 1 Abs. 1 Nr. 1–3 ErbStG knüpft der Steuertatbestand nicht an einen Vorgang des Rechtsverkehrs an. Besteuert wird schlicht das Vorhandensein von Vermögen einer Familienstiftung bzw. eines Familienvereins. Diese Ersatzerbschaftsteuer fällt alle 30 Jahre an und fingiert somit einen Vermögensübergang auf eine neue Generation.
Hinweis
Zweck der Regelung ist es, zu verhindern, dass Vermögen in einer Stiftung bzw. in einem Verein gehalten wird und dadurch vor der Erbschaftsteuer geschützt wird, dass das Vermögen nie vererbt wird.
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Eine Familienstiftung ist stets gegeben, wenn nach ihrer Satzung der Stifter, seine Angehörigen und deren Abkömmlinge zu mehr als der Hälfte bezugs- oder anfallsberechtigt (Destinatäre) sind, vgl. die Legaldefinition in § 15 Abs. 2 AStG. Eine Familienstiftung ist aber auch dann anzunehmen, wenn die genannten Destinatäre zu mehr als einem Viertel bezugs- oder anfallsberechtigt sind und zusätzliche Merkmale ein wesentliches Familieninteresse belegen. Dies kann insbesondere dann anzunehmen sein, wenn die Familie wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung der Stiftung hat.[11]
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Der in § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG genannte Begriff des „wesentlichen Familieninteresses“ ist im weitesten Sinne zu verstehen und umfasst jedes Vermögensinteresse.[12] Die Stiftung dient diesen Vermögensinteressen, wenn nach der Satzung oder dem Stiftungsgeschäft deren Wesen darin besteht, es den Familien zu ermöglichen, das Stiftungsvermögen, soweit es einer Nutzung zu privaten Zwecken zugänglich ist, zu nutzen oder die Stiftungserträge an sich zu ziehen.[13]
Beispiel
E überträgt sein Grundstück, das sein gesamtes Vermögen darstellt, an eine von ihm errichtete Stiftung. Nach dem Stiftungsgeschäft (§ 81 BGB) sollen sämtliche Erträge aus dem Grundstück den Abkömmlingen des E zu Gute kommen. Die Übertragung des Grundstücks durch E auf die Stiftung stellt eine schenkungsteuerpflichtige Schenkung unter Lebenden gemäß §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG dar. 30 Jahre nach dem Übergang des Grundstücks auf die Stiftung (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG) fällt erstmals die Ersatzerbschaftsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG auf das Vermögen der Stiftung an. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Stiftung dann noch besteht. Wird sie vorher aufgelöst und erhalten die Abkömmlinge des E das Vermögen der Stiftung, so ist dieser Vorgang wiederum eine schenkungsteuerpflichtige Schenkung unter Lebenden gemäß §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG.