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Aufkommen der Schiedsgerichtsbarkeit

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Das letzte Drittel des 19. Jahrhunderts war auch die Zeit des Aufstiegs der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit.44 Eine eigentliche internationale Justiz mit festen Gerichten gab es damals noch nicht, die Unterwerfung unter «fremde» Institutionen erschien im Licht eines radikalisierten Souveränitätsverständnisses generell als Problem. Dennoch kam es zwischen 1872 und dem Ersten Weltkrieg zu mehreren Hundert Schiedsurteilen, bei denen die Abgrenzung zwischen politischer Vermittlung und Schiedsgerichtsbarkeit im juristisch-technischen Sinne noch nicht immer klar war. Teilweise amteten Staatspräsidenten oder ganze Regierungen als Schiedsrichter. Der Anteil der Juristen in den Schiedsgerichten stieg erst mit der Zeit allmählich an. Auffallend viele Schiedsfälle betrafen Grenzstreitigkeiten. So wurde etwa die Grenze Brasiliens vollständig von Schiedsgerichten festgelegt, was ihren zuweilen geometrischen Verlauf miterklärt. Auch politisch brisante Streitigkeiten wurden teilweise von Schiedsgerichten entschieden, was als grösster Fortschritt galt.

Hervorhebung verdient der Alabama-Schiedsfall von 1872. Er markiert im Wesentlichen den Beginn der modernen Schiedsgerichtsbarkeit. Es standen sich mit den Vereinigten Staaten und Grossbritannien zwei der damals mächtigsten Staaten gegenüber.45 Es ging um Neutralitätsfragen. Grossbritannien hatte sich im amerikanischen Bürgerkrieg von 1861 bis 1865 zunächst neutral erklärt und es dann aber doch zugelassen, dass auf seinem Territorium unter anderem ein Kreuzer der konföderierten Südstaaten gebaut wurde, die CSS Alabama. Das Schiff kam im Bürgerkrieg zum Einsatz und fügte den Unionstruppen starke Verluste zu. Das in Genf tagende Schiedsgericht kam zum Schluss, Grossbritannien habe seine Sorgfaltspflichten als Neutraler verletzt. Es verlieh mit seinem Entscheid dem nur dem Grundsatz nach feststehenden Neutralitätsrecht klarere Konturen. In der Sache hatte dies Elemente von Rechtsetzung durch Spruchtätigkeit. Der relative Erfolg der Schiedsgerichtsbarkeit in der Folge beflügelte den Glauben an die rechtsförmige Streitbeilegung. An den Haager Friedenskonferenzen war ihre Stärkung deshalb ein zentrales Thema. 1900 wurde auf Grundlage des 1899 angenommenen ersten Haager Abkommens zur friedlichen Beilegung internationaler Streitfälle der «Ständige Schiedshof» mit Sitz in Den Haag eingerichtet. Der Name verspricht mehr, als er hält, dennoch war der Schritt von einiger symbolischer Bedeutung. Er bestand und besteht bis heute im Wesentlichen aus einer Verwaltungsstelle, die bei der Einsetzung von Schiedsgerichten Hilfestellung leistet. Er hat in den letzten Jahren nach langem Schattendasein gar wieder an Bedeutung gewonnen.

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