Читать книгу Bismarcks ewiger Bund - Oliver Haardt - Страница 20

I. Das germanische Rom

Оглавление

Die ersten Keime der Verfassungsordnung, die aus der Reichsgründung hervorging, lagen noch in der Zeit des Deutschen Bundes. In der Auseinandersetzung mit Österreich um die Vorherrschaft in Deutschland machte Bismarck während der 1860er-Jahre mehrere Anläufe zur Reform des Bundes. Ziel dieser Bemühungen war es, Preußen zumindest die formelle Gleichberechtigung zu sichern und eine „den realen Verhältnissen Rechnung tragende Reform des Bundes“ umzusetzen, wie er noch im März 1866 an die preußischen Gesandten an den deutschen Höfen schrieb. Vor dem Hintergrund der sich immer weiter zuspitzenden Schleswig-Holstein-Krise und der wiederholten Forderungen des französischen Kaisers nach einer Mitsprache bei der Neuordnung Deutschlands veränderten sich Bismarcks Vorschläge besonders innerhalb der ersten Hälfte des Krisenjahres 1866 mehrfach. Er stellte verschiedene Optionen in den Raum, wie die „militärisch-politische Seite“ des Bundes reformiert werden könnte, vor allem hinsichtlich der Bündelung der Heereskräfte, der Einrichtung einer gemeinsamen Kriegsmarine und der engeren handelspolitischen Kooperation. Dabei zeigte sich aber auch eine gewisse Kontinuität, wie Andreas Kaernbach herausgearbeitet hat. So wollten alle seine Vorstöße die Grundstrukturen des bestehenden Staatenbundes beibehalten, gleichzeitig aber auch eine starke Zentralgewalt mit einem gesamtdeutschen Parlament schaffen, um die partikularistischen Fliehkräfte auszugleichen.13

Bismarcks letzter Vorschlag vor der Auflösung des Bundes zeigt den Stand seiner Ideen am Vorabend des Krieges mit Österreich. Als die Habsburger Regierung Anfang Juni 1866 die schleswig-holsteinische Frage gegen den ausdrücklichen Willen Preußens der Bundesversammlung überwies und auch den Vorschlag Napoleons III. für einen europäischen Vermittlungskongress ablehnte, änderte er seine bisherige Konzeption entscheidend um. Österreich sollte nun aus Deutschland ausgeschlossen und das Bundesverhältnis komplett neu geregelt werden. Zu diesem Zweck legte er den anderen einzelstaatlichen Regierungen am 10. Juni eine zehn Artikel umfassende Denkschrift über die „Grundzüge einer neuen Bundesverfassung“ vor. Angesichts der Skepsis, die seine vorangegangenen Vorschläge vor allem unter den Mittelstaaten Bayern, Hessen, Sachsen und Württemberg ausgelöst hatte, betonte sein Begleitschreiben, dass es sich bei seinen Vorschlägen nur um „Modifikationen des alten Bundesvertrages“ handele. Er versprach also, dass der 1815 geschlossene Fürstenbund zwar angepasst, aber doch fortbestehen würde. Dementsprechend wandte er sich an die anderen Regierungen ausdrücklich als „Bundesgenossen“ und ersuchte sie, in Anbetracht der „drohenden Kriegsgefahr“ auszuloten, inwieweit sie einem solchen „neu zu errichtenden Bunde beizutreten bereit sein würden“.14

Auf der Basis dieser Versprechung von der Erneuerung des alten Fürstenbundes schlugen die „Grundzüge“ eine kleindeutsche Lösung zur Umgestaltung Deutschlands vor. Dabei konzentrierten sie sich auf drei große Fragen, mit deren Beantwortung Bismarck erstmals einige der Grundprinzipien zu erkennen gab, die er in den nächsten Monaten und Jahren bei der Einrichtung der neuen Verfassungsordnung verfolgen sollte. Erstens beschäftigte sich der Reformvorschlag mit der Neureglung des Verhältnisses zu Österreich. Gleich zu Beginn schloss er das Habsburgerreich unmissverständlich aus dem neuen Bundesgebiet aus. Der Schlussartikel bestimmte jedoch, dass „die Beziehungen des [neuen] Bundes zu den deutschen Landestheilen des österreichischen Kaiserstaates“ in Zukunft „durch besondere Verträge geregelt“ werden sollten. Ein Anschluss Österreichs blieb damit ausdrücklich möglich. In enger Anlehnung an die Idee von der Aufrechterhaltung des Fürstenbundes deutete diese Vorschrift an, dass der neue ebenso wie der alte Bund eine Vereinigung nach wie vor souveräner Staaten sein sollte, die man bei Bedarf erweitern konnte. Anders ausgedrückt: Als Fürstenbund dachte sich Bismarck die neue Verfassungsordnung nicht nur als staatsrechtliche, sondern auch als völkerrechtliche Ordnung, die ein flexibles Instrument monarchischer Politik sein sollte.15

Zweitens legten die „Grundzüge“ besonderen Wert auf die Neugestaltung der militärischen Verhältnisse. Dazu planten sie die Einrichtung einer einheitlichen Kriegsmarine unter preußischem Oberbefehl. Da Preußen zum damaligen Zeitpunkt der einzige deutsche Staat mit einer nennenswerten Seestreitmacht war, spiegelte diese Bestimmung nur die ohnehin gegebenen Verhältnissen wider. Außerdem war vorgesehen, „die Landmacht des Bundes […] in zwei Bundesheere […], die Nordarmee und die Südarmee“, einzuteilen. Der Oberbefehl sollte jeweils bei den Königen von Preußen und Bayern liegen. Bismarck schlug also vor, im Militärwesen, dem sensibelsten aller Regierungsfelder, einen neuen Dualismus einzuführen. Bayern sollte die ehemalige Rolle Österreichs übernehmen und als prinzipielles Gegengewicht zu Preußen fungieren. Dieses Zugeständnis wirkte dem Eindruck entgegen, dass Preußen die Mittel- und Kleinstaaten in eine einseitige Hegemonialordnung zwinge. Der vorgeschlagene Bund erschien durch die Teilung der militärischen Obergewalt nicht als Großpreußen, sondern als eine Allianz grundsätzlich gleichberechtigter Partner, deren Machtverhältnisse sorgsam austariert sein würden.16

In diesem Fürstenbund war die Vorrangstellung Preußens trotzdem sichergestellt. Alle Kriegserklärungen, die nicht Folge einer direkten feindlichen Invasion waren, sollten der „Zustimmung der Souveraine von mindestens zwei Drittheilen der Bevölkerung des Bundesgebietes“ bedürfen. Da mehr als die Hälfte der Bevölkerung des vorgesehenen Bundes in Preußen lebte, hatte der Hohenzollernkönig demnach praktisch ein Vetorecht. Die preußische Hegemonie wurde also indirekt garantiert. Dieses Prinzip entwickelte sich in der Folgezeit zu einer der Leitlinien von Bismarcks Verfassungspolitik. Das Faktische war für die strukturelle Gestaltung des neuen Bundes daher genauso wichtig wie das Rechtliche.17

Drittens sahen die „Grundzüge“ die Einrichtung eines mächtigen Bundesparlamentes vor. Die „Nationalvertretung“ sollte aus allgemeinen und direkten Wahlen hervorgehen und gemeinsam mit dem Bundestag, dem fürstlichen Gesandtenkongress des alten Bundes, gleichberechtigt die Bundesgesetzgebung ausüben. Diese Regelung gewährte dem Parlament großen Einfluss, sollten dem Bund doch zahlreiche wichtige Kompetenzfelder unterstehen. Darunter waren die Zoll- und Handelsgesetzgebung, das Post- und Telegrafenwesen, das Eisenbahnwesen, die Binnenschifffahrt, das Auswanderungswesen, das Bankwesen, die Ausgabe von Papiergeld, das Maß-, Gewichts- und Münzsystem sowie das Gewerbe-, Patent-, Urheber-, Zivilprozess- und Konkursrecht. Die Stellung des Parlaments wurde aber noch zusätzlich verstärkt. Das Militärbudget für beide Teilarmeen des Bundesheeres musste mit der Nationalvertretung vereinbart werden. Ohne Zustimmung des Parlaments war die Verteidigung des Bundes somit nicht zu organisieren. Die Notwendigkeit, der Volksversammlung eine solch mächtige Position zu geben, hatte Bismarck bereits im September des Vorjahres gegenüber Keudell begründet. Das Bundesparlament, betonte er, müsse als „Korrektiv gegen die zentrifugalen dynastischen Bestrebungen“ wirken und die „Sonderinteressen der Mittel- und Kleinstaaten in gehörige Schranken weisen“ können.18

Gleichzeitig verhinderten die „Grundzüge“ aber, dass das Bundesparlament zu einer echten Gefahr für die monarchischen Grundlagen des Fürstenbundes werden konnte. Sie entzogen die Exekutive jedem direkten Zugriff des Parlaments. Zu diesem Zweck stellten sie der Nationalvertretung keine Regierung, sondern den Bundestag gegenüber. Einen oder gar mehrere Minister, die das Parlament hätte verantwortlich machen können, sahen die zehn Artikel nicht vor. Gesetzesvorlagen konnten folglich nur aus dem Kreis der einzelstaatlichen Regierungen im Bundestag kommen. Die Funktionen, die üblicherweise eine Regierung übernahm, wurden so in das Kollektivorgan der Fürsten hineingezogen und dadurch vor dem Parlament versteckt. Dieses Arrangement machte den institutionellen Ausdruck des Fürstenbundes, den Bundestag, zu einem Schutzwall, der die monarchische Exekutive vom Parlament abschirmte. Auf diese Weise kam Bismarck zwar der liberalen Forderung nach Einrichtung eines deutschen Parlamentes nach, sicherte die Macht der einzelstaatlichen Monarchien aber trotzdem ab.

Die „Grundzüge“ skizzierten also die Umrisse einer föderalen Regierungsordnung, die es so noch nie gegeben hatte. Dabei verschleierten sie ihre Kernanliegen. Weder war Preußen eindeutig eine hegemoniale Stellung garantiert, etwa durch Einrichtung eines preußischen Bundesoberhauptes, noch waren der Nationalvertretung klare Schranken gesetzt, zum Beispiel in Form eines unmissverständlichen Ausschlusses von exekutiven Entscheidungen. Bismarck blieb im Ungefähren. Die Umgebung, in der er seine Vorschläge unterbreitete, ließen aber deutliche Rückschlüsse darüber zu, was er wollte. In Preußen standen sich Regierung und Abgeordnetenhaus seit Jahren in einem erbitterten Verfassungsstreit über die Finanzierung der Heeresreform gegenüber. Außerdem herrschte allerorts Kritik an der durch den dauernden Streit zwischen Preußen und Österreich bedingten Handlungsunfähigkeit des Deutschen Bundes. Angesichts dieser politischen Lage war es relativ klar, dass der Reformplan auf die Schaffung einer stärker integrierten, bundesstaatlichen statt staatenbündischen Ordnung hinauslief, in der die Exekutivgewalt in der ein oder anderen Form bei der Krone Preußens liegen und die einzelstaatlichen Monarchen vor dem Herandrängen des Parlamentarismus geschützt sein würden. Sowohl innen- als auch außenpolitische Gründe hielten Bismarck aber davon ab, das offen zu erklären und einen detaillierteren Plan vorzulegen, wie er einen Tag vor der Veröffentlichung der „Grundzüge“ an den unitarisch gesinnten Herzog von Coburg schrieb: „Die in dem Entwurfe enthaltenen Vorschläge sind nach keiner Seite hin erschöpfend, sondern das Resultat der Rücksicht auf verschiedene Einflüße, mit denen compromittirt werden muß, intra muros et extra.“19

Aus Bismarcks Sicht war es taktisch unklug, die Dinge in einer Phase zu überstürzen, in der die schon lange gärenden deutschen und mit ihnen die europäischen Verhältnisse zu explodieren drohten. Ein Entwurf, in dem die Reform des Bundes wie ein bloßes Instrument preußischen Großmachtstrebens und monarchischer Selbsterhaltung erschienen wäre, hätte sowohl die süddeutschen Staaten als auch die Liberalen noch mehr gegen die preußische Regierung aufgebracht als ohnehin schon und womöglich den französischen Kaiser auf den Plan gerufen. Für Bismarck galt es aber, eine Situation herzustellen, die genau das vermied. Auf der einen Seite hieß das, wie er den bayerischen Gesandten in Berlin wissen ließ, durch die Veröffentlichung relativ allgemeiner, nicht zu weitgehender Reformvorschläge „der Gespensterfurcht vor [preußischen] Mediatisierungsgelüsten ein Ende zu machen“ und so unter den Regierungen natürliche Bundesgenossen zu finden. Auf der anderen Seite schien es ihm geboten, wie er sich rückblickend erinnerte, durch die mächtige „Waffe“ des allgemeinen Wahlrechtes die moderaten Volksvertreter mit der preußischen Regierung zu versöhnen und „das monarchische Ausland“, insbesondere Napoleon III., daran zu hindern, seine „Finger in unser nationales Omelette zu stecken“.20

Allerdings stießen seine „Grundzüge“ nicht gerade auf ein positives Echo. Angeführt von der bayerischen Regierung trauten viele Fürsten und ihre Minister dem Reformplan nicht über den Weg. Dabei hatten sie nicht nur Angst vor der preußischen Hegemonie. Mindestens genauso fürchteten sie die aus ihrer Sicht unkalkulierbaren Folgen der Einrichtung eines gesamtdeutschen Parlamentes mit solch weitreichenden Befugnissen, wie sie Bismarck vorschlug. Die antipreußische Satirezeitschrift Münchner Punsch illustrierte diese Bedenken in einer beißenden Karikatur bereits im April, als erste Details des preußischen Reformplanes öffentlich wurden (Abb. 2.1). Der anonyme Künstler zeichnete Bismarck als einen „unverschämten Oberkellner“, der die gekrönten Häupter bedient, die „im deutschen Bundeshotel“ zu Tisch sitzen. Die Aufschrift des Suppengeschirrs verrät, das er ihnen ein deutsches „Parlament“ servieren will. Er hat den Teller, den er trägt, aber so vollgeladen, das Parlament also mit so vielen Kompetenzen ausgestattet, dass er beim Balancieren durch die Tischreihen mehrere Monarchen von ihren Stühlen reißt und mit der heißen Brühe übergießt. Statt sich zu entschuldigen, kommentiert er nur lapidar: „Sauce, meine Herren!“.

Dieser hämische Vergleich warnt davor, dass sich Bismarck in seiner Arroganz bei der Reform des Bundes zu viel aufgeladen habe und blindlings Gefahr laufe, mit seinem Vorschlag einer starken Nationalvertretung die deutschen Monarchen vom Thron zu stoßen. Nicht nur die traditionell preußenkritischen Entscheidungsträger im Süden teilten diese Sicht. Auch viele ihrer Kollegen in Nord- und Mitteldeutschland hielten die von Bismarck vorgeschlagene Neustrukturierung des Fürstenbundes für unausgegoren, wenn nicht gar für anmaßend und gefährlich. Es blieb ihnen zwar keine Zeit, auf die „Grundzüge“ direkt zu antworten, weil sich die Ereignisse um die Schleswig-Holstein-Krise überschlugen. Ihre Taten sprachen aber für sich. Als Österreich wenige Tage nach Vorstellung der „Grundzüge“ beim Bundestag beantragte, gegen Preußen wegen seines Einmarsches in Holstein militärische Strafmaßnahmen zu verhängen, stimmte eine klare Mehrheit der Regierungen dieser Bundesexekution zu.

Unter dem Druck des anschließenden Krieges waren die meisten Regierungen aber gezwungen, ihre Haltung zu den „Grundzügen“ zu überdenken. Nur zwei Tage, nachdem Preußen den Deutschen Bund für aufgelöst erklärt hatte, ließ Bismarck den anderen norddeutschen Regierungen ein Bündnisangebot zukommen. Dieses versprach ihnen, die „Unabhängigkeit und Integrität“ ihrer Staaten zu bewahren, wenn sie aufseiten Preußens gegen Österreich kämpfen und der Schaffung eines neuen Bundes auf Grundlage der „mitgeteilten Grundzüge“ zustimmen würden. Die militärische Konstellation ließ den Regierungen der norddeutschen Kleinstaaten keine Wahl. Siebzehn von ihnen schlossen sich mit Preußen zusammen und machten dadurch aus den „Grundzügen“ einen konkreten politischen Gestaltungsauftrag. Nur Sachsen-Meiningen und Reuß älterer Linie verweigerten sich. Der Bündnisvertrag vom 18. August legte schließlich rechtlich fest, dass „die Zwecke des Bündnisses […] durch eine Bundesverfassung auf der Basis der Preußischen Grundzüge“, das heißt in Form des von Bismarck vorgeschlagenen Fürstenbundes, „unter Mitwirkung eines gemeinschaftlich zu berufenden Parlaments“ sichergestellt werden mussten.21

Abb. 2.1: „Der unverschämte Oberkellner im deutschen Bundeshotel“, Münchener Punsch (29. April 1866), anonymer Künstler

Der Krieg nahm dem Reformplan allerdings viel von seiner ohnehin geringen Glaubwürdigkeit. Die erdrückende Überlegenheit Preußens, die sich relativ rasch und unerwartet auf dem Schlachtfeld herausstellte, zwang Bismarck, seine Karten offen auf den Tisch zu legen. Die Annexion von Hannover, Hessen-Kassel, Nassau und Frankfurt mit der gewaltsamen Absetzung der dort seit Generationen regierenden Dynastien sowie der ständischen Senatsvertretung der Freien Stadt machte allen an der Neugestaltung Deutschlands Beteiligten deutlich, dass er nur so weit an einem Fürstenbund festzuhalten bereit war, bis dieses Konzept harten preußischen Machtinteressen widersprach. Bismarck sah darin aber nicht unbedingt einen Widerspruch. Im Gegenteil: Er hielt die Annexionen durchaus mit der Idee eines neuen Fürstenbundes vereinbar, ja sah sie sogar als eine unerlässliche Voraussetzung, um diese zu verwirklichen. Bereits eine Woche vor Ausbruch des Krieges hatte er an Herzog Ernst von Coburg geschrieben, dass auch „Rom nicht an einem Tage gebaut“ worden sei und „schon in den ersten Anfängen durch Raub der Sabinerinnen erhebliches Odium auf sich“ geladen habe. Er glaube, „daß auch dem germanischen Rom der Zukunft […] einige Gewalttat an den Sabinern nicht erspart bleiben“ werde, sei aber entschlossen, diese „auf ein Minimum [zu] reduzieren, der Zeit das weitere überlassend“. Als preußische „Gewalttat an den Sabinern“ waren die Annexionen seiner Meinung nach also eine bittere, aber notwendige Verletzung einzelstaatlicher Souveränität, um den Bund der Fürsten unter preußischer Führung zu erneuern und so monarchische Herrschaft dauerhaft zu sichern.22

Dieser realpolitische Pragmatismus zeigte sich auch darin, dass Bismarck die „Grundzüge“ im Krieg ob der gegebenen Umstände noch einmal in einigen wichtigen Punkten anpasste. Um Frankreich dazu zu bewegen, in dem militärischen Konflikt neutral zu bleiben, versicherte er Napoleon III., den Reformplan im Falle eines Sieges nur nördlich der Mainlinie zu verwirklichen. Dieses Zugeständnis schränkte die geplante Absicherung der preußischen Hegemonie zwar auf Norddeutschland ein, erlaubte ihm dafür aber, das Kriegswesen zu vereinheitlichen. Die überarbeitete Version der „Grundzüge“ sah dementsprechend eine ungeteilte Armee vor, die einem Bundesoberfeldherrn unterstehen sollte: dem preußischen König. Darüber hinaus nutzte Bismarck das vorläufige Ausscheiden der mächtigen süddeutschen Mittelstaaten dazu, die Exekutivgewalt des Bundes weiter auszubauen und der Krone Preußens als einem „Bundespräsidium“ zu übertragen. Ob es sich dabei um ein preußisches Organ zur Übernahme von Bundesaufgaben oder um ein mit Preußen in Personalunion verbundenes Bundesorgan handeln sollte, ließ er für den Moment im Unklaren. Sein Plan blieb eine rohe Skizze, die nur die äußersten Umrisse einer föderalen Ordnung festlegte und dieser den Anschein eines Fürstenbundes geben wollte. Dadurch hielt er sich alle Optionen offen.23

Bismarcks ewiger Bund

Подняться наверх