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Zweitens dürfe der Grundaufbau der Verfassung keiner Reichsmonarchie entsprechen, sondern müsse sich an einen Fürstenbund anlehnen. Statt dem König von Preußen „eine Stellung als Oberhaupt des Reichs“ zu geben, sei es klüger, ihn gegenüber „den anderen Mitgliedern des Bundes“, also den Fürsten, zu einem „primus inter pares“, einem Ersten unter Gleichen zu machen. Denn die „Herstellung eines monarchischen Bundesstaates oder Deutschen Kaiserreichs“ werde „formell mehr Schwierigkeiten“ bereiten als die Einrichtung eines Fürstenbundes, der „sich den hergebrachten Bundesbegriffen“ anschließe und so bei den einzelstaatlichen Regierungen „leichter […] Eingang“ finde, gleichzeitig aber „Preußen dieselbe dominierende Stellung sichere“.48

Drittens müsse die Verfassung genau aus diesem Grund so weit wie möglich die alten Strukturen und Gepflogenheiten des Deutschen Bundes übernehmen: „Je mehr man an die früheren Formen anknüpft, um so leichter wird sich die Sache machen, während das Bestreben, eine vollendete Minerva aus dem Kopfe des Präsidiums entspringen zu lassen, die Sache in den Sand der Professorenstreitigkeiten führen würde.“ Die neue Verfassung musste aus Bismarcks Sicht also als natürliche Weiterentwicklung des historisch Gewachsenen erscheinen und nicht als eine mit der Vergangenheit brechende Neuschöpfung. Um sie sowohl dem Preußischen Staatsministerium als auch den Regierungen der anderen Einzelstaaten verkaufen zu können, sollte sie als Werkstück der Clio und nicht als Minervasche Kopfgeburt daherkommen. Und das hieß: Sie musste den Anschein eines Fürstenbundes wahren.49

Aus der Kombination dieser drei Leitlinien ergab sich eine Reihe struktureller Konsequenzen, die sich schon in Hepkes Ausarbeitungen angedeutet hatten und die Bismarck jetzt in seinen Diktaten zu Grundbausteinen der künftigen Verfassung erklärte. „Als Zentralbehörde“ solle gemäß der Idee vom Fürstenbund „nicht ein Ministerium, sondern der Bundestag“, die „Vertretung der [einzelstaatlichen] Souveräne“, fungieren. Anders als bisher geplant, solle allerdings die „Verteilung der Stimmen nicht an den engeren Rat, sondern an das Plenum der Bundesversammlung“ des Deutschen Bundes anknüpfen. Preußen solle die Stimmen der Staaten, die es im Sommer annektiert hatte, übernehmen und so von den insgesamt 43 Stimmen 17 führen. Mit der Unterstützung von nur fünf Kleinstaaten hätte Preußen also eine Mehrheit. Dadurch sei „die Gefahr, daß die preußische Regierung in erheblichen Fragen […] in die Minorität geriete“, gering. Weitere Maßnahmen könnten diesem Szenario endgültig einen „Riegel vorschieben“ und die preußische Hegemonie so zusätzlich absichern. Alle militärischen Fragen könne man zum Beispiel von der „Zustimmung des Bundesfeldherren“ abhängig machen und für Verfassungsänderungen eine Zweidrittelmehrheit der Stimmen im Bundestag verlangen.50

Die Funktion von Bundesministerien solle – wie schon in Hepkes Bundesakte vorgesehen – von den Fachkommissionen des Bundestages wahrgenommen werden. Einzige Ausnahme sei das Kriegswesen. Hier müssten alle Einzelstaaten ihre Kompetenzen sofort dem preußischen Kriegsministerium abtreten, das diese dann dauerhaft für den Bund verwalten solle. In allen anderen Bereichen könne man dagegen die notwendigen Fachkommissionen „à fur et à mesure“, also je nach Bedarf, bilden. Damit die Landesregierungen die dazu nötigen Kapazitäten“ beziehungsweise Verwaltungsfachleute „neben den eigentlichen diplomatischen Vertretern“ in den Bundestag entsenden könnten, solle die dortige Stimmabgabe von der Anzahl der anwesenden Bevollmächtigten unabhängig sein. Indem man die Träger der ministeriellen Aufgaben des Bundes auf solche Weise in den Bundestag hineinziehe, mache man diesen, wie Bismarck in Anspielung auf die Gesamtzahl der dortigen Sitze der Einzelstaaten formulierte, zu „einer 43 Plätze fassenden Ministerbank“. Dadurch würden sich „die Schwierigkeiten“ vermeiden lassen, die damit verbunden wären, „dem Reichstag ein [echtes] Ministerium gegenüberzustellen“. Was er damit meinte, war ob seiner Bedenken gegen die Einrichtung einer Reichsmonarchie klar. Der Verzicht auf eine unabhängige Bundesregierung war eine antiparlamentarische Schutzmaßnahme. Denn der Bundestag würde die Fachkommissionen als Ersatzministerien des Bundes vom Einfluss des Reichstages abschirmen und so dauerhaft verhindern, dass die entscheidenden Regierungsstellen unter parlamentarische Kontrolle geraten könnten.51

Der Reichstag, fuhr Bismarck fort, solle nur aus einer Kammer bestehen. Das „Zweikammersystem“ sei für „die Bundesverhältnisse nicht anwendbar“, da eine „Maschinerie“ aus zwei Parlamentskammern, dem Bundestag, dem Präsidium, dem Oberfeldherrntum und den Landtagen viel „zu schwerfällig“ sein würde. „Eine weitere Ausbildung des Bundestages im Sinne eines Oberhauses“ könne sich aber „vielleicht in Zukunft historisch entwickeln“. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass es gleichzeitig zu einer „schärferen Ausprägung des Kaisertums an Stelle der Präsidial- und Feldherrenattributionen“ komme, der König von Preußen also alle exekutiven und militärischen Befugnisse des Bundes in einer Funktion, nämlich als Kaiser, ausübe statt wie bisher vorgesehen in zwei verschiedenen, dem Präsidial- und dem Bundesfeldherrenamt.52

So flexibel, wie er die neue Ordnung gestalten wollte, hielt es Bismarck demnach durchaus für möglich, dass sich der Fürstenbund irgendwann zu einer Reichsmonarchie entwickeln könnte, in der der Bundestag nur eine zweite Kammer und an seiner statt der Kaiser das Zentrum des Regierungssystems sein würde. Ob beziehungsweise wie die Regierungsstellen des Bundes dann noch vor dem Parlament zu schützen seien, erwähnte er nicht. Das lag vermutlich daran, dass diese Frage einfach nicht anstand. Es galt aus seiner Sicht, zunächst einmal eine an der Idee vom Fürstenbund orientierte Verfassung zustande zu bringen, bevor man sich mit Spekulationen über etwaige Veränderungen beschäftigen konnte. Die Flexibilität, die er der Verfassung geben wollte, schien ihm wohl Gewähr genug, auf alle möglichen Szenarien reagieren und gegebenenfalls auch die Schutzmechanismen monarchischer Souveränität weiterentwickeln zu können.

Was das Wahlrecht und die Kompetenzen des Reichstages anging, blieb Bismarck eng an den „Grundzügen“ vom 10. Juni. Das Parlament könne „aus verschiedenen Wahlprozessen“ hervorgehen. Es sei zum Beispiel denkbar, die eine Hälfte der Abgeordneten nach einem weit gefassten Zensuswahlrecht von den hundert Höchstbesteuerten der Wahlkreise und die andere Hälfte in direkten Urwahlen wählen zu lassen. Die „Hauptsache“ sei: „keine Diäten, keine Wahlmänner, und kein [eng definierter] Census“. Mit diesen Einschränkungen unterstrich er seine starke Präferenz für die Übernahme des allgemeinen und direkten Wahlrechtes, das er ohnehin in dem ursprünglichen Bundesreformplan bereits angekündigt hatte. Auch bei der darin in Aussicht gestellten herausgehobenen Stellung des Reichstages blieb er. Das Parlament, betonte er, solle gleichberechtigter Partner in der Bundesgesetzgebung sein. Jedes Gesetz solle erst „durch Übereinstimmung der Majorität des Bundestages mit der der Volksvertretung entstehen“, das heißt, ohne Zustimmung des Reichstages nicht in Kraft treten können.53

Bismarck übersandte mit den Diktaten also relativ klare Vorgaben darüber, wie die Bundesorgane und das Verhältnis zwischen Preußen, den anderen Einzelstaaten und dem Bund in der neuen Verfassung zu organisieren seien. Savigny hielt sich aber nicht daran. Der Verfassungsentwurf, den er während der Abwesenheit seines Chefs ausarbeitete, verfolgte ganz eigene Ideen. Das wurde besonders deutlich in der Zusammensetzung und Stellung, die er dem Herzstück von Bismarcks Konzeption gab: dem Bundestag. Entgegen Bismarcks ausdrücklicher Instruktion behielt Savigny das Kuriensystem für die Verteilung der Stimmen bei. Außerdem wollte er nicht die Ausschüsse des Bundestages, sondern unabhängige Bundesbehörden, die dem Präsidium direkt unterstehen und ironischerweise auch Fachkommissionen heißen sollten, mit der Vorbereitung von Gesetzen und anderen ministeriellen Aufgaben betrauen. Dadurch wäre der antiparlamentarische Schutzwall um die Exekutive, zu dem Bismarck den Bundestag machen wollte, entfallen und praktisch eine kollegiale Bundesregierung geschaffen worden, die dem Reichstag direkt gegenübergestanden hätte.

Um zu verhindern, dass das Parlament dadurch zu viel Einfluss gewinnen würde, plante Savigny, die Zuständigkeiten der Kommissionen stark zu beschränken. Der ganze Bund sollte nach seinem Entwurf viel dezentraler organisiert sein, als von Bismarck angedacht. Zwar wollte Savigny der Gesetzgebung und Oberaufsicht des Bundes die gleichen Felder unterstellen, die schon die „Grundzüge“ aufgeführt hatten. Mit Ausnahme des Heerwesens, das zur äußeren Sicherheit des Bundes vereinheitlicht werden sollte, sah Savigny aber vor, die Souveränität der Einzelstaaten auf allen anderen Gebieten ausdrücklich zu bewahren und ihr Verhältnis weiterhin durch Beziehungen „völkerrechtlicher Art“ zu regeln. So sollten etwa die Bundesausgaben nicht nur aus den gemeinsamen Zolleinnahmen, sondern auch aus Geldmitteln finanziert werden, die man durch völkerrechtliche Verträge festlegen würde. Kurz gesagt: Savigny wollte nicht wie Bismarck eine Mischverfassung, die sich nur hinter der Fassade eines Bundes der einzelstaatlichen Monarchen versteckte, sondern einen echten Fürstenbund.54

In den Erläuterungen, die er seinem Entwurf beifügte, machte er deutlich, dass dieser Vorschlag das gleiche Ziel verfolge wie Bismarcks Konzeption. Eine rein völkerrechtliche Organisation der Staatenunion stelle sicher, dass man „einerseits die Grundlagen des Bundes und andererseits die Thätigkeit der einzelnen Regierungen […] wirksamen Angriffen destructiver Parteien, jedenfalls den Fluctuationen der Tagesmeinung entziehen“ könne. Bismarck schrieb an den Rand dieser Erklärung eine kurze, aber vielsagende Bemerkung: „sehr vertraulich zu behandeln“. Er wollte also unbedingt vermeiden, dass solche Überlegungen öffentlich wurden. Denn das hätte eine Zusammenarbeit mit den gemäßigten Liberalen, ohne deren Zustimmung aller Voraussicht nach kein wie auch immer gearteter Verfassungsentwurf durch den konstituierenden Reichstag zu bringen war, schwer bis unmöglich gemacht. Um deren Unterstützung zu gewinnen, hielt er Savignys Weg zur Einheit für nicht gangbar. Dafür brauchte es seiner Meinung nach keinen reinen Fürstenbund, wie er in seinen Anweisungen aus Putbus deutlich gemacht hatte, sondern eine Ordnung, die zwar den Anschein eines Bundes souveräner Monarchen wahrte und entsprechende Sicherheitsvorkehrungen umfasste, sich aber doch auch von ihren staatenbündischen Wurzeln löste und klare unitarische Züge trug.55

In eben dieser Grundüberlegung sah Savigny einen Fehler. Er war davon überzeugt, dass Bismarcks Lösung in eine „heillose Verwirrung“ führen würde und, wie er wenige Monate nach Inkrafttreten der Verfassung erneut betonte, „mit Überstürzung gerade auf [eine] enge Zentralisation“ zusteuerte. Hinter Savignys Alternativvorschlag steckten aber sicher auch persönliche Motive. Der ehrgeizige Experte für Bundesangelegenheiten wollte sich beim König für Höheres empfehlen. Von Bismarck wiederholt ermutigt machte er sich berechtigte Hoffnungen auf das Amt des preußischen Präsidialgesandten im neuen Bundestag. Sein Entwurf war diesen Ambitionen jedoch eher abträglich, weil er Bismarcks Misstrauen nährte. Einen Vorschlag, der seine Anweisungen zur Gestaltung der neuen Verfassung so deutlich ignorierte und so große Schwierigkeiten mit entscheidenden Verhandlungspartnern zu machen drohte, konnte und wollte Bismarck nicht akzeptieren. Als er Anfang Dezember aus Putbus nach Berlin zurückkehrte, ließ er den Entwurf denn auch leise in der Schublade verschwinden. Nicht einmal in die Akten des Außenministeriums nahm er den Vorschlag des damals wichtigsten preußischen Diplomaten auf.56

Die Zeit fing nun an zu drängen. Die Konferenz, auf der sich die Regierungen der Einzelstaaten auf eine Verfassungsvorlage für den im Februar zu wählenden Reichstag einigen sollten, war für den 15. Dezember angesetzt. Es blieben Bismarck also nur knapp zwei Wochen, um einen adäquaten Verfassungsentwurf aufzustellen und den König sowie die anderen preußischen Minister davon zu überzeugen. Bei der technischen Ausarbeitung half ihm vor allem sein enger Mitarbeiter Lothar Bucher. Der ehemalige Gerichtsassessor hatte 1848 in der preußischen Nationalversammlung noch aufseiten der Linken gestanden. Nach der Niederschlagung der Revolution war er zu fünfzehn Monaten Festungshaft verurteilt worden, hatte aber nach London ins Exil fliehen können. Dort war er zu einem der meist gelesenen Korrespondenten der liberalen Berliner National-Zeitung aufgestiegen. In seinem 1855 veröffentlichten Buch Der Parlamentarismus, wie er ist hatte er die Gepflogenheiten der britischen, indirekt aber auch der deutschen Volksvertreter scharf kritisiert. Infolge einer Amnestie war er 1861 nach Deutschland zurückgekehrt. Drei Jahre später hatte ihn Bismarck wegen seiner publizistischen Gewandtheit ins preußische Außenministerium geholt und seitdem bis auf den Posten eines Vortragenden Rates protegiert.57

Bucher erstellte gemäß Bismarcks Vorstellungen aus den diversen Vorarbeiten einen einheitlichen Verfassungsentwurf. Dabei konnte er nicht nur auf die „Grundzüge“, Hepkes Bundesakte und Bundesgeschäftsordnung, Bismarcks Putbuser Diktate, und die brauchbaren Teile der schon existierenden Entwürfe zurückgreifen, sondern auch auf umfangreiche Eingaben aus dem preußischen Handelsministerium. Der zuständige Minister Heinrich von Itzenblitz hatte Bismarck schon im August und September detaillierte Vorschläge zu mehreren Themenbereichen zukommen lassen, die von verschiedenen Fachleuten aus seinem Hause verfasst worden waren. Die Bestimmungen zu Zoll- und Handelsangelegenheiten hatte Rudolph von Delbrück erstellt. Der Ministerialdirektor war ein überzeugter Freihändler, der sich seit seinem Eintritt ins Handelsministerium 1844 vor allem um die Ausweitung des Zollvereins verdient gemacht hatte. Nach der Gründung des Norddeutschen Bundes machte ihn Bismarck zum Leiter des Kanzleramts, von wo aus er die wirtschaftliche und rechtliche Integration des jungen Bundesstaates dirigierte. Den Entwurf zum Eisenbahnwesen, einem wirtschaftlich wie militärisch gleichermaßen bedeutenden Feld, hatte der Ministerialdirektor von der Recke in enger Anlehnung an die entsprechenden Passagen der Frankfurter Reichsverfassung zusammengestellt. Die Abschnitte zum Post- und Telegrafenwesen stammten aus der Feder des preußischen Generalpostmeisters Karl von Philipsborn.58

Was diese Verwaltungsspezialisten vorschlugen, lief auf die Schaffung eines einheitlichen deutschen Wirtschaftsraumes hinaus. Alle Staaten des Bundes sollten einen gemeinsamen Binnenmarkt formen. In diesem sollte der freie Verkehr von Gütern, Waren und Dienstleistungen garantiert sein, eine einheitliche Maß-, Gewichts- und Eisenbahnordnung gelten und die Schifffahrt auf allen deutschen Flüssen gleich reguliert sein. Außerdem sollten die Angehörigen jedes Einzelstaates in allen Teilen des Bundes als Inländer gelten und die gleichen Rechte genießen wie die Einheimischen. Darüber hinaus schlug Delbrück vor, den Zollverein institutionell zu stärken und eng mit dem neuen Bund zu verknüpfen. Ein Zollparlament, bestehend aus den Mitgliedern des neuen Reichstages und zusätzlichen Abgeordneten aus den süddeutschen Staaten, und ein Zollbundesrat aus den Regierungen der Mitgliedsstaaten sollten Süddeutschland nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch an den Norden anbinden.59

Bismarcks Entwurf übernahm diese teilweise sehr detaillierten Regelungen der Experten aus dem Handelsministerium fast vollständig. Deswegen machte die spätere Verfassung im Vergleich zu den meisten anderen Staatsgrundgesetzen ungewöhnlich viele Vorgaben zu verwaltungstechnischen Spezialfragen. Die Aufnahme der entsprechenden Bestimmungen war ein taktischer Schachzug Bismarcks. Er musste damit rechnen, dass sein Konzept einer an einen Fürstenbund angelehnten Mischverfassung die Liberalen enttäuschen würde. Zahlreiche prominente Vertreter der Nationalliberalen hatten sich öffentlich für einen monarchischen deutschen Einheitsstaat ausgesprochen, so zum Beispiel Heinrich von Treitschke, der wohl genau deshalb Bismarcks Bitte abgelehnt hatte, auf Grundlage der „Grundzüge“ einen Verfassungsentwurf zu erstellen. Das Mindeste, was diese Kreise erwarteten, war die Einrichtung eines unitarischen Bundesstaates, also die Ausmerzung der verhassten staatenbündischen Strukturen des alten Bundes. Bismarck nahm die umfangreiche Garantie der wirtschaftlichen Einheit also nicht zuletzt deshalb in seinen Entwurf auf, um den zu erwartenden Widerstand der Liberalen gegen seine Bundeslösung abzuschwächen. Anders gesagt: Das in Paragrafen gefasste Versprechen der Wirtschaftseinheit war ein Köder, mit dem er die Liberalen in ihrem Streben nach Freihandel dazu bewegen wollte, Kompromisse einzugehen und der Verfassungsvorlage im konstituierenden Reichstag zuzustimmen.60

Am 9. Dezember legte Bucher Bismarck erstmals einen einheitlichen Gesamtentwurf der Verfassung vor. Dieser umfasste 64 Artikel. Davon waren 47 teils wörtlich aus den erwähnten Vorarbeiten übernommen. 17 unterschieden sich dagegen inhaltlich von allen früheren Überlegungen. Diese Neuerungen betrafen vor allem die Abschnitte zum Bundespräsidium und zum Bundestag. Die Sphären dieser beiden Organe wollte Bismarck nun viel stärker trennen, als ursprünglich vorgesehen. Vermutlich hatte ihm Savignys Entwurf vor Augen geführt, dass eine zu enge Verbindung dieser beiden Machtzentren die Exekutive für das Parlament angreifbar machen konnte. Der Bundestag war zwar immer noch als das Zentrum der Verfassung gedacht. Seine Ausschüsse sollten aber nicht länger mit dem Präsidium verbunden sein, geschweige denn ihm als Regierungsstellen direkt unterstehen. Das drückte sich darin aus, dass der Entwurf dem Präsidium kein Recht einräumte, die Ausschüsse ohne den Willen des Bundestages zu berufen. Die Trennung des Bundestages von der exekutiven Spitze des Bundes machte aus den Fachkommissionen also wieder ganz normale Ausschüsse, die zwar nach wie vor einige wenige Verwaltungsaufgaben in ihren jeweiligen Kompetenzfeldern wahrnehmen sollten, aber ihre ministerielle Stellung verloren hatten. Einen Ersatz für die Fachkommissionen sah der Entwurf nicht vor. Echte Bundesministerien fehlten sowieso. Es waren also keinerlei Regierungsstellen definiert. Der Sinn dieser Lücke war offensichtlich. Noch besser als ein in den Ausschüssen des Bundesrates versteckter Ministerialapparat konnte nur das komplette Fehlen einer Regierung die Exekutive vor dem Parlament schützen. „Wenn gar keine Regierung da war“, heißt es dazu treffend in einer 1934 veröffentlichten Studie Fritz Demmlers zu Bismarcks Gedanken über Reichsführung, „konnte auch das Parlament keinen Einfluß auf solche gewinnen.“61

Die wichtigste Neuerung des Entwurfs stieß genau in diese Lücke und veränderte dadurch das föderale Verfassungsgefüge beträchtlich: die Einführung der Position des Bundeskanzlers. Artikel 13 bestimmte: „Das Präsidium ernennt den Bundeskanzler, welcher im Bundestag den Vorsitz führt und die Geschäfte leitet.“ Diese unscheinbare Bestimmung wandelte den Präsidialgesandten des Bundestages in einen unmittelbaren Beamten des Bundespräsidiums um. Hatten die Vorarbeiten den Präsidialgesandten nur als einen Bevollmächtigten der preußischen Regierung gesehen, der als Vertreter des Hohenzollernkönigs den Vorsitz im Kreis des Fürstenkollegs übernehmen sollte, machte der Entwurf ihn jetzt zu einem von Preußen unabhängigen Bundesorgan. Allerdings war der Artikel doppeldeutig formuliert. Er ließ offen, ob der Bundeskanzler nur der Vorsitzende des Bundestages oder ein Geschäftsleiter des Bundes sein sollte. Das war eine ganz entscheidende Frage. Denn davon hing ab, ob er sich nur um die Beziehungen zum Bundestag oder um alle exekutiven Angelegenheiten des Bundespräsidiums zu kümmern hätte. In letzterem Fall würden ihm umfangreiche Aufgaben in fast allen wichtigen Regierungsfeldern zufallen. Das würde ihn notwendigerweise zum Chef einer in dem Entwurf nicht weiter definierten Bundesverwaltung machen. In dieser Funktion würde er einem regierungsleitenden Minister zumindest stark ähneln und damit dem Reichstag auch trotz des Fehlens einer offiziellen Bundesregierung eine Angriffsfläche bieten.62

Man kann nur darüber spekulieren, warum Bismarck praktisch in letzter Minute eine Änderung vornahm, die das antiparlamentarische Gefüge seiner Fürstenbundskonstruktion so sehr durcheinanderbrachte. Wahrscheinlich steckten dahinter sowohl strukturelle als auch persönliche Gründe. Das wird deutlich, wenn wir die Folgen betrachten, die die Umwandlung des Präsidialgesandten in einen Bundeskanzler für das Verhältnis zwischen den Verfassungsorganen des Bundes und denen der Hegemonialmacht Preußen hatte. Nach Bismarcks ursprünglichen Plänen sollte der preußische Außenminister der starke Mann des Bundes sein. In dessen Ressort fielen sämtliche auswärtigen Beziehungen Preußens, also auch diejenigen zu einem vom Hohenzollernkönigreich eingegangenen Bund und dessen anderen Mitgliedsstaaten. Deswegen lag das Recht, die preußischen Mitglieder eines Bundestages zu instruieren, bei ihm. Gemäß der bisherigen Vorstellungen Bismarcks unterlag auch der Präsidialgesandte dieser Instruktion. Dadurch hätte der preußische Außenminister entscheidenden Einfluss auf die Arbeit des zentralen Entscheidungsgremiums des Bundes und seiner ministeriumsartigen Fachkommissionen nehmen können. Nach den neuen Regelungen war der Bundeskanzler dagegen vom preußischen Außenminister sowie allen anderen Einrichtungen des Hegemonialstaates unabhängig und hatte unter Umständen sogar noch einen viel weiteren Aufgabenbereich als der ehemalige Präsidialgesandte.

Der Entwurf verlagerte also den Schwerpunkt der Exekutive in den Bund und stärkte dessen einzigen von der Verfassung ausdrücklich vorgesehenen obersten Beamten gegenüber der preußischen Regierung. Dabei unterstrich die Einführung eines von Preußen formal unabhängigen Leiters des Kollektivorgans der einzelstaatlichen Monarchen den Charakter der Verfassung als Fürstenbund, ohne die Hegemonie Preußens zu untergraben. Denn der Bundeskanzler würde als Vorsitzender des Bundestages notwendigerweise auch der Stimmführer der dortigen preußischen Delegation sein müssen. Ohne diese „Hausmacht“ würde er nämlich kaum eine Chance haben, Gesetzesvorhaben durch den Bundestag zu bringen. Als Teil der preußischen Gesandtschaft in diesem Organ würde er aber wieder unter der Instruktion des preußischen Außenministers stehen, der dadurch einen großen Teil seines Einflusses im Bund behielt. Diese Zirkelkonstruktion konnte nur funktionieren, wenn die Ämter des Bundeskanzlers und des preußischen Außenministers von ein und derselben Person bekleidet werden würden.

Mit der verdeckten Einführung dieser Personalunion schlug Bismarck zwei Fliegen mit einer Klappe. Zum einen war damit eine Vorentscheidung darüber gefallen, wer den Bundestagsvorsitz antreten würde. Da das Außenministerium Bismarcks wichtigstes Standbein im Preußischen Staatsministerium war, stand außer Frage, dass er dieses nicht aufgeben würde, egal, wie der künftige Bund aussehen würde. Man kann deshalb davon ausgehen, dass er bei der Erhöhung des Präsidialgesandten zum Bundeskanzler bereits im Auge hatte, dieses Amt zusätzlich zu seinen Aufgaben als preußischer Ministerpräsident und Außenminister selbst zu übernehmen. Dazu passt, dass er Savigny spätestens seit dessen Ignorierung der Putbuser Instruktionen für immer weniger geeignet hielt, einen solch wichtigen Posten im neuen Bund zu bekleiden. Rückblickend schrieb er im Juli 1867, ihm sei „die Wahl von Savigny von Hause aus bedenklich gewesen“. Dieser sei „als Erbe der Bundestradition […] der gegebene Faden“ gewesen, „an dem sich die Sache fortspann“. Deswegen habe er bei der Geburt der neuen Verfassung eine Rolle spielen müssen. Durch „seine steifstellige Empfindlichkeit und seine Ungewohnheit im Verkehr mit weniger privilegierten Menschenklassen“ sei der Diplomat allerdings „für parlamentarische und administrative Verhältnisse“ nicht zu gebrauchen.63

Zum anderen würde die Übernahme des Bundeskanzlerpostens dem preußischen Außenminister eine zusätzliche Machtbasis außerhalb des Staatsministeriums geben. In diesem Kabinett wurden alle Entschlüsse per Mehrheitsentscheid unter den einzelnen Ressortministern getroffen. Dem Ministerpräsidenten stand nach diesem Kollegialitätsprinzip weder eine Richtlinienkompetenz noch ein besonderes Stimmgewicht zu. Er musste also immer um Mehrheiten in dem oft zerstrittenen Kollegium kämpfen. Bismarck hasste dieses System, weil es seinen Handlungsspielraum als Ministerpräsident stark eingrenzte. „Wenn ich eine Prise Tabak nehmen will“, so eine seiner vielen verbitterten Beschwerden, „muss ich erst sieben preußische Minister fragen“. Von der Machtstellung eines englischen Premierministers, der gegenüber seinen Ministern die volle Weisungsgewalt hatte, konnte er nur träumen. Zwar würde ihm auch das Bundeskanzleramt keine solche Position geben, aber es würde seine Autorität gegenüber den anderen preußischen Ministern doch merklich steigern. In der Ämterverbindung lag deshalb die Chance, Entscheidungen im Staatsministerium durchzusetzen, die von den anderen Ministern dort andernfalls vielleicht nicht akzeptiert werden würden. Das galt besonders, wenn der Außenminister in seiner Rolle als Bundeskanzler das Gewicht einer Übereinkunft mit den anderen einzelstaatlichen Regierungen und / oder dem Reichstag in die Waagschale werfen würde. Angesichts dieses Potenzials erscheint die Einführung des Bundeskanzlers auch als eine Maßnahme, die Bismarck vornahm, um sicherzustellen, dass aus der preußischen Hegemonie kein preußischer Partikularismus werden könne, der seine komplexe Bundesmaschine ins Stocken bringen und so eventuell deren Schutzfunktion für die Monarchie unbedacht untergraben würde.64

Bismarck konnte allerdings nicht damit rechnen, dass die anderen preußischen Minister das auch so sehen und den Entwurf bei der Abstimmung im Staatministerium einfach so durchwinken würden. Wahrscheinlicher war es, dass die geplante Machtkonzentration außerhalb des preußischen Kabinetts ihren Widerstand auf den Plan rufen würde. Sollte der Entwurf die erste Hürde auf dem langen Weg zur Annahme passieren, war es deshalb entscheidend, das Potenzial, das in dem Amt des Bundeskanzlers steckte, nicht zu deutlich herauszustellen. Das war wohl der Grund, warum Bismarck auf die Ausarbeitung von Motiven verzichtete und der Entwurf offen ließ, ob der Bundeskanzler nur Vorsitzender des Bundestages oder Geschäftsleiter des Bundes, also Chef einer Bundesverwaltung, sein sollte. Die lapidare Formulierung von Artikel 13 und das Fehlen jeder Form von bundeseigenen Ministerialbehörden suggerierten stark, dass der Bundeskanzler nur den Bundestag leiten und ansonsten eine eher schwache Rolle spielen sollte. Würde diese Täuschung das Staatsministerium überzeugen, so Bismarcks Spekulation, könne man darauf hoffen, dass der konstituierende Reichstag die Stellung des Kanzlers schärfer ausprägen würde. „Wir müssen es dem Parlament überlassen“, hatte er schon gegenüber Savigny in einer später für die Veröffentlichung gestrichenen Passage der Putbuser Diktate betont, „den Entwurf nach der bundesstaatlichen Richtung hin, mit preußischer Spitze, zu amendieren“. Um seinen Entwurf durchzubringen, verschleierte Bismarck also nicht nur gegenüber der Regierung, der er selbst vorstand, die wahre Bedeutung einer der wichtigsten geplanten Einrichtungen, sondern spielte auch über Bande mit einer Kraft, die er mit der Konstruktion des Bundes in Schach halten wollte: den Parlamentarismus.65

Obwohl riskant, ging diese Strategie auf. Das preußische Staatsministerium nahm den Entwurf am 12. Dezember an, ohne den Posten des Bundeskanzlers anzutasten. Bismarck gab in der Sitzung nicht mehr als eine kurze Erklärung zu dem Entwurf ab. Die zentralen Motive streifte er nicht einmal. Er wollte offenbar möglichst wenig Licht ins Dunkel bringen, damit sich die Minister im Dickicht der Einzelbestimmungen verlaufen konnten. Statt auf das Amt des Bundeskanzlers, des föderalen Gehilfen ihres Königs, schossen sich die Regierungsmitglieder so erwartungsgemäß auf die Institution ein, die sie als den augenscheinlichen Hauptgegner ausmachten: den Reichstag. In der Runde ging die Sorge um, dass dessen starke Stellung womöglich eine Gefährdung der preußischen Monarchie sein könne. Diese Bedenken konnte Bismarck aber einfach mit Hinweis auf die Maßnahmen zerstreuen, die der Entwurf zur Einhegung des Parlamentes traf.66

Der Bundestag war als strukturelles Bollwerk gegen eine Parlamentarisierung der Exekutive gestaltet. In dieser Funktion schützte er auch seinen Vorsitzenden, den Bundeskanzler, vor Übergriffen des Reichstages. Letzterem war außerdem das schärfste Schwert genommen, das aufmüpfige Parlamentarier im Kampf um mehr Mitbestimmung hätten führen können: die Kontrolle über das Militärbudget. Der Entwurf setzte die Heeresstärke im Verhältnis zur Bevölkerungszahl sowie die Kosten pro Mann auf eine bestimmte Größe beziehungsweise Höhe fest und verhinderte eine Herabsetzung durch das Veto, das er der preußischen Regierung in militärischen Fragen gab. Dadurch, dass der Militärhaushalt Bundessache werden sollte, würde er überdies ein für alle Mal dem Einfluss des preußischen Abgeordnetenhauses entzogen sein. Eine Neuauflage des preußischen Heereskonfliktes, der die Monarchie in den vorangegangenen Jahren ins Wanken gebracht hatte, würde demnach in Zukunft unmöglich sein. Bismarck konnte also glaubhaft versichern, dass die geplanten Strukturen auch trotz der Errichtung eines relativ starken Bundesparlamentes die preußische Krongewalt insgesamt stärken würden.

Einige Änderungen nahm das Staatsministerium an dem Entwurf dennoch vor. Zum einen stärkte es den Bundestag als Festung des Monarchismus. Um ein Eindringen von Parlamentariern zu verhindern, wurden Doppelrollen verboten. Niemand sollte zugleich Mitglied des Reichstages und des Bundestages sein können. Zum anderen bestand der Kriegsminister Albrecht von Roon auf einigen Anpassungen im Militärwesen. Im Gegenzug half er Bismarck, den Widerstand des Königs gegen die Organisation der Armee in einzelstaatliche Kontingente zu brechen. Wilhelm hatte nach dem preußischen Triumph über Österreich damit gerechnet, dass die Truppen aller Mitgliedsstaaten des künftigen Bundes zu einer norddeutschen Armee unter seiner Führung vereinigt werden würden. Roon hatte ihn jedoch schon im September in einem Brief darüber, wie mit der besiegten sächsischen Armee umzugehen sei, darauf hingewiesen, dass diese Lösung vielleicht nicht die beste Option sei. Man müsse auch die „Schonung des Ehrgefühls“ des sächsischen Offizierskorps und Königs bedenken. Nach einiger Überzeugungsarbeit sah Wilhelm ein, dass ihm das im Entwurf vorgesehene Oberfeldherrentum, über das er die Kontingente der Einzelstaaten kontrollieren sollte, genauso viel Verfügungsgewalt über das Militär geben würde wie ein einheitliches Bundesheer zusätzlich aber noch einen großen Vorteil hatte. Es ließ seinen monarchischen Brüdern eine Reihe praktisch nicht weiter relevanter Ehrenrechte, bewahrte auf diese Weise den Anschein ihrer Souveränität und erleichterte ihnen so den Eintritt in den Bund. Anders gesagt: Das Kontingentssystem brachte Preußens Anspruch auf militärische Hegemonie und die Idee eines Fürstenbundes in Einklang.67

Als Wilhelm am 14. Dezember gemeinsam mit seinem Sohn dem Staatsministerium im sogenannten Kronrat vorsaß, bestand er dennoch auf einigen weiteren Abänderungen der Militärorganisation und einzelner mit ihr zusammenhängender Bestimmungen. Vor allem wollte er seine Kommandogewalt nicht durch irgendwelche verfassungsrechtliche Bindungen an andere Bundesorgane eingeschränkt wissen. Deshalb wurden die Bestimmungen zu Strafmaßnahmen gegen verfassungsbrüchige Einzelstaaten neu gefasst. Bismarck hatte die Durchführung einer militärischen Intervention beziehungsweise „Bundesexekution“ in den Zuständigkeitsbereich des Präsidiums gelegt. Nun wurden sie dem Bundesfeldherren übertragen und damit den Regelungen zum Verhältnis der zivilen Verfassungsorgane entzogen.68

Der liberale Kronprinz hätte gerne viel weitgehendere Änderungen, wenn nicht gar die Ausarbeitung eines völlig neuen Entwurfs gesehen. Wie Frank Lorenz Müller in seiner beeindruckenden Biografie Our Fritz geschildert hat, wünschte sich Friedrich Wilhelm eine konstitutionelle Reichsmonarchie mit einem starken Kaiser, der seine Macht aus einer einheitlichen Armee, einer hochentwickelten Verwaltung und einer loyalen Nation zog. Er fand daher die ganze Konstruktion von Bismarcks Entwurf völlig ungeeignet. Nach den militärischen Siegen Preußens an den gerade aufgelösten Fürstenbund anzuknüpfen statt ein Kaisertum in der Tradition des alten Reiches zu errichten, hatte in seinen Augen überhaupt keinen Sinn. Gerade die Trennung von Präsidium und Feldherrentum hielt er für verfehlt. Mit seiner Haltung war er im Kronrat jedoch weitgehend isoliert. Alles, was er durchsetzen konnte, waren begriffliche Änderungen. Um eine zu enge sprachliche Anlehnung an den weithin verhassten Deutschen Bund zu vermeiden, akzeptierte man seinen Vorschlag, den Bundestag und die dortigen Gesandten der Einzelstaaten in Bundesrat und Bevollmächtigte umzutaufen. Das klang unitarischer, änderte aber nichts an der staatenbündischen Substanz dieser Einrichtungen.69

Mit dieser Umbenennung erhielt der preußische Verfassungsentwurf seine endgültige Form. Das Staatsministerium stellte sich also letztlich ohne viel Aufhebens hinter Bismarcks Konzept einer hegemonialen Mischverfassung, die im Gewand eines Fürstenbundes daherkam. Inwieweit diese Konstruktion diejenigen, deren Souveränität sie vermeintlich zu erhalten versprach, überzeugen konnte, musste sich bei der am nächsten Tag beginnenden Konferenz der norddeutschen Regierungen herausstellen.

Bismarcks ewiger Bund

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