Читать книгу Hypnosystemische Therapie bei Depression und Burnout - Ortwin Meiss - Страница 22
Kognitiver Ansatz
ОглавлениеDie kognitive Verhaltenstherapie (KVT) betont, dass depressive Personen zu einer negativen Betrachtung ihrer selbst, ihrer Umgebung und der Zukunft neigen (Beck 2004). Diese fehlangepassten Kognitionen haben ihren Hintergrund in Kindheitserfahrungen, sind weitgehend unbewusst und entwickeln sich vor allem in Stresssituationen. Sie beeinflussen die Wahrnehmung in der Weise, dass Depressionen verstärkt werden. Der erweiterte kognitive Ansatz unterscheidet zwischen automatischen Gedanken, darunterliegenden Überzeugungen und Schemata oder sogenannten core beliefs.
Beck (2004) beschreibt eine kognitive Triade, bestehend aus der Neigung, sich selbst in einer defizitären Weise zu sehen, die Welt als feindlich und destruktiv wahrzunehmen und die Zukunft als unveränderbar und negativ zu betrachten. Für die meisten der bei Depressiven auftretenden Probleme werden diese Kognitionen als grundlegend wahrgenommen.
Kommentar: Dass Kindheitserfahrungen für die Entstehung von Depressionen relevant sind, lässt sich in vielen Fällen verifizieren. Dass diese Erfahrungen die Wahrnehmung, die Interpretationen und Kognitionen beeinflussen, ist ebenso unumstritten. Die aus diesem Zusammenhang abgeleitete Schlussfolgerung der kognitiven Verhaltenstherapie, dass man die Depression über ein Modifizieren der Kognitionen verändern könne, ist in der Praxis wenig verifizierbar. Innerhalb der Hirnforschung wird inzwischen infrage gestellt, ob sich Emotionen überhaupt über Kognitionen verändern lassen. Der bekannte und renommierte Hirnforscher Prof. Gerhard Roth behauptet in seinem Buch Wie das Gehirn die Seele macht, dass Kognitionen Gefühle nicht beeinflussen können. »Die Grundannahme der Kognitiven Verhaltenstherapie ist falsch« (Roth 2015).
Nun weiß man aus der Praxis, dass es manchmal möglich ist, über eine Veränderung der Kognitionen einen Einfluss auf die Emotionen auszuüben. Allerdings meist nur dann, wenn sich über eine Veränderung der Kognition auch eine neue Vorstellung entwickelt. Der gut gemeinte Versuch, einen unter Flugangst leidenden Patienten zu beruhigen: »Bei Turbulenzen brauchen Sie doch keine Angst zu haben«, funktioniert meist wenig. Die Information eines Zahnarztes an einen zahnbehandlungsphobischen Patienten: »Das kann jetzt gar nicht so weh tun«, bewirkt in der Regel keine positive Veränderung. Vielmehr fördern die Worte »Angst« und »Schmerz« die negativen Vorstellungen, die den Ängsten und der erhöhten Schmerzempfindlichkeit zugrunde liegen.