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Depression und Trauer – zwei verschiedene Gefühlszustände

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Den Unterschied zwischen Depression und Trauer klar zu definieren, fällt selbst Fachleuten nicht leicht, kann doch beides ähnlich schmerzhaft sein. Gleichwohl handelt es sich um durchaus unterschiedliche Gefühlszustände.

Der Trauernde betrauert etwas, das er verloren hat und das ihm wichtig war. Etwas, das ihm viel bedeutet hat und von dem er sich trennen musste. Das kann etwas sein, das ihm in Bezug auf seine innere Bilanz ein emotionales Plus verschafft hat. Man trauert über eine wichtige Beziehung, die liebevoll und erfüllend war, trauert über das Ende einer erfolgreichen Sportkarriere, die einem viele glorreiche Erfahrungen beschert hat, trauert über den Verlust der Heimat, mit der man schöne Erinnerungen verbindet. Trauern kann man auch über eine Liebesbeziehung, in der die Liebe verflogen ist und aus der man sich lösen will. Im Gegensatz zum depressiven Menschen empfindet der Trauernde in diesen Fällen kein Minus in seiner emotionalen Bilanz.

Mein Herz schlägt schneller als deins,

sie schlagen nicht mehr wie eins

Wir leuchten heller allein,

vielleicht muss es so sein

Ich geb’ dich frei

Ich werd dich lieben

Bist ein Teil von mir geblieben

(aus: »Auf anderen Wegen«, Andreas Bourani)

Trauern kann man auch über verlorene Jahre, die man in einer Beziehung verbracht hat, die einem im Rückblick nur Stress und Ärger eingebracht hat und aus der man sich viel zu spät befreit hat. Manche Menschen trauern den Gelegenheiten und Chancen nach, die sie im Leben nicht genutzt oder liegen gelassen haben. Gleichzeitig kann die Hoffnung oder Erwartung bestehen, in Zukunft etwas ändern und zukünftige Verlustgeschäfte vermeiden zu können. Der Trauernde hat meist durchaus eine Kontrollerwartung für die Zukunft. Er fühlt sich in der Lage, seine Zukunft aktiv zu gestalten. Dem Trauernden fehlt die für die Depression typische Hoffnungslosigkeit und das Gefühl der Inkompetenz, das eigene Leben so zu formen, dass es einem gut geht.

Der in gesunder Weise Trauernde realisiert über die Trauer seinen Verlust, das heißt, er lässt ihn real und wirklich werden. Er befindet sich in einem Prozess, in dem er sich schließlich von dem Wertvollen löst, das er verloren hat. Im Gegensatz dazu sitzen die depressiven Menschen oft auf ihren Verlusten und warten auf den Ausgleich des Minus, das sie angesammelt haben.

Trauerprozesse können aus vielen Gründen kompliziert werden. Manchmal kann etwas nicht angemessen betrauert werden, wenn der Verlust als ungerecht und unverdient empfunden wird oder durch das Fehlverhalten eines anderen zustande gekommen ist. Dann besteht nicht die Bereitschaft, den Verlust zu verbuchen, denn es wird ein Ausgleich gefordert oder man sinnt auf Rache. Wird weder das Revanche- und Rachebedürfnis erfüllt noch die Schuld gestrichen, kann sich die Trauer mit der Depression und der Verbitterung vermischen. Ein komplizierter, nicht enden wollender Trauerprozess ist die Folge.

Manchmal erkennen Patienten, die an einer Depression leiden, dass sie den Ereignissen in ihrem Leben nicht so hilflos gegenüberstehen und -standen, wie sie es geglaubt haben. Dabei reift die Erkenntnis, dass man in der Vergangenheit viele Möglichkeiten und Chancen gehabt hat, die man vorbeiziehen ließ, und sich beispielsweise auf Beziehungen eingelassen hat, die einem nicht gutgetan haben, faule Kompromisse eingegangen ist, die einem geschadet haben. Dies kann einen Trauerprozess über die verlorenen Jahre in Gang bringen. Dieser Prozess ist oft notwendig und eine Möglichkeit, über den Trauerprozess aus der Depression herauszufinden.

Hypnosystemische Therapie bei Depression und Burnout

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