Читать книгу Sternstunde der Mörder - Pavel Kohout - Страница 18
ОглавлениеMorava wurde von dem Lichtzauber bei Jitka überrascht.
«Nehmen Sie sich ein Motorrad, schaffen Sie sie und sich selber heim und morgen früh wieder her!» entschied Beran; die Straßenbahnlinien nach Pankrác waren immer noch unterbrochen, und der Hauptkommissar hatte ein schlechtes Gewissen, weil er die beiden bis tief in die Nacht dabehalten hatte.
Allein der dienstliche Auftrag, mit dem der Chef ihn so unerwartet auszeichnete, brachte Morava aus der Fassung, und die zusätzliche Mission verwandelte den blutigen Tag in einen persönlichen Festtag. Zwei Freuden verquickten sich zu einer, doch selbst deren vereinte Kraft reichte nicht aus, ihm die Scham zu nehmen, die sogar die sprichwörtliche Scheu des Mädchens übertraf.
Bestimmt hätte er sie nur bis vor die Tür des Vorstadthäuschens, fast romantisch in einer der Sackgassen mitten im bewaldeten Felsenhang gelegen, begleitet und sich mit bravem Händedruck von ihr verabschiedet, wären da nicht die Flieger gewesen, die aus rätselhaften Gründen in diesem Moment statt neuer Bombenlasten eine langsam herabsinkende Lichtflut über Prag abwarfen. Offenbar wollten sie sich nur vor einem neuen folgenschweren Irrtum bewahren, Jitka aber sah es als Vorspiel einer Katastrophe an.
«Rasch!» befahl sie ihm mit einer Entschiedenheit, die er nie zuvor an ihr bemerkt hatte, «lassen Sie das Motorrad stehen, und rein in den Keller!»
Natürlich protestierte er nicht, aufgeregt fügte er sich. In einem ganz gewöhnlichen Hauskeller, dessen eilig geräumte Hälfte mit Gartenmöbeln aufgebessert war, warteten sie zusammen mit den vorjährigen Kartoffeln; die Hausbesitzer, ein Kellner und eine Köchin, mit Jitka verwandt, arbeiteten in einem nordmährischen Sanatorium, zur Zeit deutsches Lazarett. Als schließlich die Entwarnung kam, lud Jitka ihn, weil die Küche im Erdgeschoß nicht geheizt war, zum Aufwärmen auf einen Tee mit väterlichem Sliwowitz in ihre Dachstube ein.
Er wärmte sich so sehr auf, daß er endlich den Mut faßte.
«Entschuldigen Sie ...», schon wieder mußte er sich räuspern, um weitersprechen zu können, «entschuldigen Sie die Art, wie ich Sie frage, aber ich habe darin keine Übung ... meinen Sie ... glauben Sie, daß ich Sie ... daß Sie mich ... daß wir uns, daß wir uns vielleicht gut vertragen könnten ...?»