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ОглавлениеVollstreckerin!
– Was ist das? fragte Dr. phil. Tachecí, nachdem seine Frau ihren Bericht abgeschlossen hatte.
Sie saßen im Wohnzimmer, über die Suppe gebeugt. Lízinka beobachtete die Oberfläche, in der sich ihr Gesicht spiegelte. Tauchte sie den Löffel ein, so runzelte sich das Gesicht wellenförmig, nahm sie den Löffel heraus, zerfloß es zum Rand des Tellers.
– Was soll es schon sein, sagte Frau Tachecí, ein humanitäres Fach mit Abitur.
– Was für eins denn ungefähr? fragte Doktor Tachecí ganz unmilitant, um nicht den Brand eines neuen Steites zu entfachen. Er stand auf, ging zum Bücherschrank und begann in einem Wörterbuch zu blättern.
– Vollstreckerin steht gar nicht da, sagte er nach einer Weile, nur vollstreckbar; Vollstreckbarkeit, w.; Vollstrecker; Vollstreckung; Vollstreckungsbeamter.
– Dann wird sie eben Gerichtsvollzieherin, sagte Frau Tachecí, um so besser!
– Die Charakteristik paßt allerdings eher auf ein Animiermädchen, sagte Doktor Tachecí.
– Lízinka, sagte Frau Tachecí, aufessen, Kindchen, und ins Bett, morgen mußt du zur Schule!
Kaum hatte die Tochter ihnen den Gutenachtkuß gegeben und hinter sich die Tür geschlossen, sprach die Mutter weiter, diesmal ohne Ausrufe und Tränen, was um so schwerer wog.
– Das einzige, was du für deine Tochter getan hast, sagte sie, war, daß du vor sechzehn Jahren meine Vertrauensseligkeit ausgenützt und mich in den Klee geworfen hast wie irgendein Dienstmädchen. Ich hatte keine Ahnung, daß ein Mensch mit einem akademischen Grad mir gleich beim erstenmal ein Kind machen würde, und vor allem habe ich geglaubt, er würde sich zumindest seiner annehmen. Aber du –
fuhr sie immer sachlicher fort, so daß Doktor Tachecí schnell begriff, wie kritisch die Situation war,
– genierst dich, aufzumucken, wenn dir der Straßenbahnschaffner auf einen Hunderter nicht herausgibt, geschweige denn, ein normales Schmiergeld zu geben, damit deine Tochter die Aufnahmeprüfung besteht. Das einzige, was du mir angeboten hast, als ihre Zukunft in Trümmern lag, war Tee. Und als ich ihr an deiner Stelle eine letzte Chance herausschlug, damit sie nicht Kühe weiden muß, da sagst du mir, ich mache sie zur Hure? Ich –
sie hob ein wenig die Stimme, wie um einem Einwand zuvorzukommen, den Doktor Tachecí sich erst gar nicht einfallen zu lassen getraute,
– weiß nicht, was eine Vollstreckerin ist, ich brauche es gar nicht zu wissen, mir genügt, daß sie das Abitur machen wird und anschließend gehen kann, wohin sie will. Und wenn du willst, daß sie dich weiterhin Vater nennt, dann rufst du morgen diesen Wolf an und machst einen Termin mit ihm aus. Und zu diesem Termin nimmst du wie jeder anständige Vater eine Flasche Kognak mit, und wenn er am Telefon Zicken macht, dann zwei, denn falls du das nicht schaffst –
fügte Frau Tachecí hinzu, und er erblickte verblüfft ein strahlendes Lächeln auf ihrem Gesicht,
gehe ich zu ihm und biete ihm alles, was ich zu bieten habe, als Mutter und als