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Frau!

Am Freitagmorgen hatte Dr. Tachecí kaum hinter seinem Tisch in der Abbreviaturenerfassungsstelle der Akademie der Wissenschaften Platz genommen, als er die Rufnummer 61460 wählte.

– Ja bitte? sagte der Angerufene.

– Hallo, sagte der Anrufer, könnte ich bitteschön Professor Wolf sprechen?

– Wer spricht? fragte der Angerufene.

– Hier Doktor Tachecí, sagte Doktor Tachecí.

– Kenne ich nicht, sagte der Angerufene.

Doktor Tachecí spürte, wie er rot wurde. Just solche herrischen Stimmen bewirkten, daß er sich beim Schlangestehen überholen und beim Wiegen übervorteilen ließ, daß er protestlos Gänseblut aß, das man ihm statt Gänseleber brachte, und widerspruchslos die Konfetti bezahlte, die man ihm statt Konfekt eingepackt hatte. Es fehlte nicht viel, und er hätte eine Entschuldigung gestammelt und aufgelegt. Doch die peinigende Vorstellung, dadurch ausgerechnet dieser Stimme seine vergötterte Frau auszuliefern, peitschte ihn zu unerhörtem Mut auf.

– Verzeihung, sagte er, ich rufe wegen meiner Tochter an.

– Welcher Tochter? fragte der Angerufene.

– Wegen meiner Tochter Lízinka, fuhr Doktor Tachecí fort und schloß die Augen wie beim Sprung in einen Abgrund, sie war gestern mit meiner Frau bei der Kommission, und man hat ihnen diese Nummer gegeben.

– Wie ist Ihre? fragte der Angerufene.

– 271425, sagte Doktor Tachecí gehorsam, Nebenstelle 15.

– Legen Sie auf, sagte der Angerufene, ich rufe zurück.

Ein Klicken verriet, daß er aufgelegt hatte. Doktor Tachecí tat ein gleiches und blieb sitzen, von der eigenen Courage gelähmt. Unmittelbar darauf öffnete er die Augen und sah ein, daß er nicht nur nichts erreicht hatte, sondern auch nicht wußte, wann man ihn anrufen würde, so daß er trotz seines Erfolgs zu Hause nichts würde mitzuteilen haben. Das Telefon schwieg. Blieb nur noch eines, nämlich erneut anzurufen, was über seine Kräfte ging. Aber sein wissenschaftlich funktionierendes Gehirn, gewöhnt, nur erwiesene Fakten zu verarbeiten, strahlte plötzlich ein lebendes Bild aus: Er sah seine Frau, nackt und begehrenswert, abermals ins Gras sinken, diesmal unter dem Gewicht eines fremden eroberungslüsternen Körpers. Er griff augenblicklich nach dem Hörer. Da klingelte der Apparat.

– Hier Professor Wolf, sagte die bekannte Stimme; sie klang jetzt freundlich, nahezu freundschaftlich. Verzeihung, ich mußte das erst überprüfen. Sie haben also eine Tochter. Würden Sie sagen, daß sie Vertrauen erweckt?

– Ich glaube, ja, sagte Doktor Tachecí. Sie hat jedes Jahr unter dem Weihnachtsbaum gesammelt.

– Ist sie für öffentliches Auftreten geeignet? fragte Professor Wolf.

– Ich denke schon, sagte Doktor Tachecí. Bei Schulfesten hat sie immer das Dornröschen gespielt.

– Darf ich daraus schließen, daß sie über ein angenehmes Äußeres verfügt? fragte Professor Wolf.

– Ich glaube, ja, sagte Doktor Tachecí.

– Und in etwa phlegmatischer Natur ist? fragte Professor Wolf.

– Ich glaube, ja, sagte Doktor Tachecí.

– Und ist sie, Herr Doktor, fragte Professor Wolf, ein Mädchen, dem man gern in einer unangenehmen Situation begegnen möchte, sagen wir beim Zahnarzt?

– Das weiß ich nicht, sagte Doktor Tachecí wahrheitsgemäß.

– Sie meinen nicht? fragte Professor Wolf beunruhigt.

– Ich weiß nicht, wiederholte Doktor Tachecí, ich war noch nie beim Zahnarzt.

– Da gratuliere ich Ihnen, sagte Professor Wolf erleichtert auflachend, Zahnärzte sind schlimmer als Mörder. Meiner ausgenommen. Sie schließen also nicht aus, daß Ihr Töchterchen beim Zahnarzt einen beruhigenden Eindruck machen würde?

– Das schließe ich gewiß nicht aus, sagte Doktor Tachecí.

– Das ist ja großartig, sagte Professor Wolf, großartig!

– Allerdings, sagte Doktor Tachecí, ist uns nicht ganz klar, um welchen Beruf es sich eigentlich handelt. Deshalb hat meine Frau mich gebeten, mich mit Ihnen zu treffen.

– Treffen müssen wir uns vor allem mit dem Fräulein Tochter, sagte Professor Wolf, um sie einer Prüfung zu unterziehen.

– Dürfte ich wissen, auf welchem Gebiet? fragte Doktor Tachecí, damit sie sich ein bißchen vorbereiten könnte ...

– Nicht nötig, sagte Professor Wolf, es handelt sich lediglich um einen psychotechnischen Test.

– Wohin sollen wir also mit ihr kommen? fragte Doktor Tachecí.

– Haben Sie ein Bad? fragte Professor Wolf.

– Ich glaube, ja, sagte Doktor Tachecí überrascht und korrigierte sich sofort, ja, bestimmt haben wir eins.

– Wir kommen lieber zu Ihnen, sagte Professor Wolf, im häuslichen Milieu wird sie sich wohler fühlen, und wir können alles in Ruhe besprechen. Paßt es Ihnen morgen um 14.30 Uhr?

– Morgen ist Samstag, sagte Doktor Tachecí.

– Wir arbeiten vornehmlich samstags, sagte Professor Wolf. Richten Sie der Frau Gemahlin eine freundliche Empfehlung aus, und das Töchterchen soll beruhigt schlafen. Wenn sie ein normales junges und gesundes Mädchen ist, dann schafft sie das mit einer

Die Henkerin

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