Читать книгу Wildwest Großband September 2018: Sammelband 8 Western - Pete Hackett - Страница 40
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Das alte Fort am Lemhi River war nur noch eine Ruine. Der Wind fegte den Staub über den ehemaligen Exerzierplatz. Die Dächer der aus Bruchstein errichteten Gebäude waren größtenteils eingestürzt. Tumbleweds hatten sich in den Ecken verfangen. Dunkel gähnten die leeren Fenster- und Türhöhlungen. Die Mauern mit den Wehren waren eingestürzt.
Am Rand des Paradeplatzes hatten die Goldgräber Tische und Stühle aufgestellt. Ein alter, weißhaariger Mann saß alleine an einem dieser Tische. Er fungierte als Richter. Er war von den Diggern gewählt worden. Vor ihm lag eine große Bibel, daneben in Hammer.
Auf einer Bank saß Wade Benbow. Einige Männer mit Sternen bewachten ihn. Benbows Hände waren gefesselt.
In einem rechten Winkel zum Richtertisch waren hintereinander zwei Bänke aufgestellt, auf denen die Jurymitglieder Platz genommen hatten.
Dichtgedrängt rahmten die Neugierigen dieses Szenario ein.
Die Verhandlung war im Gange.
Sheriff Bob Griffith stand zwischen dem Richtertisch und der Bank mit dem Angeklagten und rief mit Stentorstimme: "Wade Benbow wurde auf frischer Tat ertappt, verehrte Jury-Mitglieder. Auf das Konto der Goldlandwölfe gehen Mord und Raub. Benbow gehört zu dieser Bande von skrupellosen, niederträchtigen Verbrechern. Er zeigt keine Reue. Er zeigt keine Bereitschaft, seine Kumpane und Auftraggeber zu verraten. Darum kann es nur einen Schuldspruch geben. Und Ihrem Schuldspruch, verehrte Jury, kann nur ein Todesurteil folgen. Sprechen Sie also Wade Benbow schuldig. Statuieren wir im Goldland ein Exempel, das der Abschreckung dient."
Aus der Menschenrotte ringsum, die dichtgedrängt stand, erhob sich zustimmendes Gemurmel. Ein Mann schrie: "Ja, hängt den Aasgeier auf! Dann werden es sich seine Kumpane vielleicht zukünftig zweimal überlegen, ehe sie einen Digger um den Lohn seiner Arbeit bringen."
"Ja, macht schon!", brüllte ein anderer. "Sprecht ihn schuldig, damit der Richter das Urteil fällen kann. Und dann knüpfen wir ihn auf."
James Franklin und seine Männer verhielten etwas abseits auf ihren Pferden. Jack Randall war bei ihnen. Doch er hatte nur Augen für Jim Hannagan und seine Verlobte auf der anderen Seite des Platzes. In seinen Augen wühlte eine kaum zu bezähmende Wut. Da war aber auch eine schmerzliche Unrast, die ihm den Magen zusammenkrampfte. Jack Randall spürte das Unheil tief in seiner Seele. Und er wusste, dass es mit Jims Auftauchen zusammenhing. Alleine Jims Anwesenheit beunruhigte ihn. Jim führte ihm, Jack Randall, vor Augen, wie tief er gesunken war. Aber es gab für ihn kein Zurück mehr. Zu tief hatte er sich in James Franklins Machenschaften verzettelt. Zu tief steckte er im Sumpf des Verbrechens. Er hasste Jim plötzlich.
James Franklin trieb sein Pferd in den Kreis der Zuschauer, ritt bis vor den Tisch, an dem der Richter saß und rief mit Donnerstimme: "Dieses Gericht ist eine Farce! Der Sheriff, der Richter und die Jury wurden von Leuten ins Amt berufen, die hierzu nicht ermächtigt sind. Ein Urteil dieses Gerichts kann niemals Rechtskraft erlangen. Wird es dennoch vollstreckt, ist das gesetzeswidrig. Wird dieser Benbow gehängt, weil diese Jury und der alte Mann dort es so bestimmen, dann ist das Mord."
Tumultartiger Lärm griff um sich.
James Franklin und seine Männer hatten Mühe, ihre nervösen Pferde zu bändigen. Die Menschenrotte schob sich drohend zusammen und der Kreis um Franklin wurde enger.
Franklins Begleiter griffen nach den Waffen. Aber sie ließen sie noch stecken.
Die Situation spitzte sich zu. Die Atmosphäre war explosiv. Es gärte und brodelte wie in einem Vulkan. Der alte Digger, der von der überwiegenden Mehrheit der Goldgräberversammlung zum Richter ernannt worden war, hatte den Hammer in der Hand und ließ ihn einige Male krachend auf den Tisch herniedersausen. "Ruhe!", donnerte sein Organ. "Verdammt noch mal, gebt Ruhe!"
Nach und nach versickerte der Lärm. Der Oldtimer hatte sich erhoben. Er rief: "Die Versammlung der Digger hat mich zum Richter ernannt, weil man mir die meiste Lebenserfahrung zusprach und weil ich immer ein Mann offener Worte war. Na schön, dann will ich euch jetzt an dieser Lebenserfahrung teilhaben lassen und ein offenes Wort sprechen."
Alle starrten ihn an. Er atmete tief durch, schaute verunsichert zu Franklin in die Höhe und schluckte. Sein Kehlkopf rutschte unter der faltigen Haut hinauf und hinunter.
"Wir hören!", rief James Franklin ungeduldig.
"Okay, okay. Also hört: Selbst wenn ich ein studierter Richter wäre – ich könnte Wade Benbow nicht verurteilen. Wofür auch? Dass er zusammen mit drei Kumpanen in eine leerstehende Hütte eingedrungen ist, die nicht einmal verschlossen war?"
"Zum Teufel mit dir, Jube! Du sollst ihn richten, nicht verteidigen!", erklang es grimmig.
"Dann nennt mir das todeswürdige Verbrechen, für das er baumeln soll!", brüllte der Richter.
"Sie haben die Hütte nach Gold durchsucht ..."
"Reicht das, um ihn aufzuknüpfen?"
"Verdammt, sie haben auf Griffith und seine Männer geschossen! Es hat Tote gegeben ..."
"Wir haben uns gewehrt!", brüllte Benbow. "Als wir aus der Dunkelheit angerufen wurden ..."
Wieder sah es so aus, als würde es jeden Moment hier drunter und drüber gehen. Der Lärm verdichtete sich. Eine Stimme grölte: "Wer für diesen Mörder Partei ergreift, sollte gleich neben ihn an den Baum gehängt werden."
"Jagt den alten Idioten zum Teufel!", erklang es wild. "Wir wählen einen anderen Richter!"
Jim griff nach dem Arm Jessys. "Gehen wir!", stieß er hervor. "Gleich werden hier möglicherweise die Kugeln fliegen."
Er zog die Frau mit sich fort.
Sie erreichten ihre Pferde. Jim half Jessy in den Sattel. "Reiten Sie in die Stadt, Jessy. Schnell. Ich will nicht, dass Sie von einer verirrten Kugel getroffen werden, falls hier die Gewalt eskalieren sollte."
"Was ist mit Ihnen, Jim? Kommen Sie nicht mit?"
"Nein. Ich will herausfinden, ob dieser Wade der Mann ist, der mit McKenzie in Red Lodge war. Und ich will sehen, wie sich die Sache entwickelt. Der Unmut scheint sich bei den Diggern hochzuschaukeln ..."
Ein Schuss peitschte, ein zweiter. Franklins Männer trieben ihre Pferde hin und her. Zwei von ihnen hatten über die Köpfe der aufgebrachten Menge hinweggeschossen.
Erschrecken und Ernüchterung griffen um sich. Nach und nach wurde es ruhig.
"Platz!" Es war Jack Randalls Organ; es klirrte wie zerspringender Stahl. "Wir dulden nicht, dass Wade Benbow gelyncht wird. Nehmt Vernunft an, Leute. Es steht keinem hier zu, jemandem einen Strick um den Hals zu legen. Selbst der von euch ernannte Richter sieht keinen Grund, der ausreichen würde, Benbow zu hängen. Also kehrt in die Stadt oder auf eure Claims zurück und bewahrt Frieden. Nur so bleibt die Ordnung am Fluss und in der Stadt aufrechterhalten."
Noch einmal kam Geraune auf.
"Was heute Abend im Silvermoon Saloon und im Nugget Inn getrunken wird, geht auf meine Kosten", schrie James Franklin. "Ihr könnt trinken, was ihr wollt und soviel ihr wollt, Leute. Ist das ein Friedensangebot?"
"Da sagen wir sicher nicht nein!", grölte einer. "Also sehen wir zu, dass wir in die Stadt kommen. Mir scheint, einige Narren haben mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Und nun zeigt es sich, dass es so nicht geht!"
Gedränge und Geschiebe entstand. Mit lautstarken Kommentaren löste sich die Menschenrotte auf. Der Richter und die Jurymitglieder waren längst schon in der Menschenmasse untergetaucht. Nur noch Sheriff Bob Griffith und seine Gehilfen standen herum.
Sam Bronson schwang sich vom Pferd, ging zu Wade Benbow hin und befreite ihn von seinen Fesseln. Zu den Männern mit den Sternen, die sie sich aus dem Blech von Konservendosen geschnitten hatten, sagte er hohnvoll: "Kommt heut Abend nach Salmon, ihr Esel. Dort dürft ihr euch auf Franklins Rechnung besaufen. Lasst aber diese lächerlichen Abzeichen zu Hause. Nicht dass euch jemand ein Loch hinein schießt."
Wade Benbow nickte Bronson zu und mischte sich unter die Menge. Fuhrwerke rollten an, Pferde verließen das alte Fort. Schnell leerte sich der ehemalige Paradeplatz.
Jack Randall trieb sein Pferd an und parierte es vor Jessy und Jim. Er grinste triumphierend. "Hast du es gesehen, Jim?", kam es fast ironisch über seine Lippen. "Man muss diese Dummköpfe nur zu nehmen wissen. Dann fressen sie dir aus der Hand. Willst du es dir nicht doch noch einmal überlegen?"
Jim schüttelte den Kopf. "Ich denke, dass es sich bei Wade Benbow um meinen Mann handelt. Wenn es so ist, dann hat sich auch John McKenzie hier verkrochen, Jack. Falls die beiden hier sind, dann werden sie nach dem traurigen Schauspiel von eben auch bleiben. Sie haben ja mächtige Beschützer. Sag mal, Jack, war der Oldtimer, der in dieser Inszenierung den Richter spielte, von euch gekauft?"
Jim grinste hart und kantig nach dieser Frage.
"Verdammt, Jim, sei vorsichtig mit deinen Anspielungen. Es täte mir leid, wenn ..." Er brach ab, wandte sich Jessy zu und knurrte: "Du reitest mit mir zurück, Darling. Heute Morgen musste ich dich mit Jim reiten lassen, denn jede Minute war kostbar." Er schaute Jim an, zeigte die Zähne und fügte mit kaltem Zynismus hinzu: "Es galt nämlich, einen Lynchmord zu verhindern. – Du hast doch nichts dagegen, Partner, dass meine Verlobte mit mir zurück reitet?"
"Wie sollte ich?" Jim lächelte freudlos. Seine Augen nahmen an diesem Lächeln nicht teil. Er ging zu seinem Pferd, schwang sich in den Sattel und ritt fort, ohne sich noch einmal umzusehen."
"Man muss ihn auf seine richtige Größe zurechtstutzen", sagte Sam Bronson zwischen den Zähnen, der sein Pferd neben James Franklin verhielt. "Man muss ihn aus dem Goldland prügeln, Boss. Kerle wie er sind die geborenen Unruhestifter."
James Franklin blickte starr hinter Jim her. Und er wälzte düstere Gedanken.