Читать книгу Sechsmal Mord für den Strand: Sechs Kriminalromane - Pete Hackett - Страница 27
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Nach kurzer Zeit wimmelte es in der Villa nur so von unseren Spezialisten und Erkennungsdienstlern. Ich hoffte nur, dass die gründliche Haussuchung auch genügend Beweismaterial an den Tag bringen würde, um damit später vor Gericht bestehen zu können.
Ein Team um unseren Erkennungsdienstler Sam Folder nahm sich die Limousine vor, von der wir annahmen, dass aus ihr heraus das MRX-230-Geschoss abgefeuert worden war, das die Bar Ling Su zerstört hatte.
In einem der Schlafzimmer fand Orry die bewusstlose Isabelita Menendez.
Ein Mann namens Ordonez war bei ihr. Seinen Papieren nach war er Arzt. Unseren Kollegen gegenüber verweigerte er zunächst jede Aussage.
Milo und ich befanden uns mit Menendez in einem der zahlreichen Gästezimmer, die das Menendez-Anwesen aufwies.
Mit der Vernehmung mussten wir warten bis Rick Tejero, der Anwalt des Menendez-Clans eintraf.
"Ich werde aussagen", versprach Ernesto Menendez. Er saß in sich zusammengesunken in einem Sessel.
Als Tejero eintraf, bedachte er uns mit misstrauischen Blicken.
"Was wird meinem Mandanten vorgeworfen?", erkundigte sich Tejero.
Milo gab ihm Auskunft. "Mord oder zumindest Verabredung zum Mord... Begangen an Dr. Eric Daly, Harry Sung und ein paar Unglücklichen, die das Pech hatten sich in der Nähe dieser Männer aufzuhalten. Und die Reste des Blutbades, das die Killer Ihres Mandanten angerichtet haben, um den Weg zum Bootsanleger freizuschießen, dürften Sie ja wohl gesehen haben!"
Tejero wollte etwas sagen, aber Ernesto Menendez brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen. "Ich will nur, dass Sie dabei sind, Rick. Ansonsten halten Sie sich zurück..."
"Ich weiß nicht, ob Sie sich das wirklich gut überlegt haben, Sir!"
Ernesto Menendez bleckte die makellosen Zähne.
"Da kann jeder Gift drauf nehmen!", zischte er.
Ich hob die Augenbrauen. "Wir hören, Mr. Menendez!"
Er nickte.
"Ich habe erwartet, dass Sie kommen."
"Das haben wir gemerkt", vermerkte ich bitter.
Schließlich waren einige Kollegen bei diesem Einsatz ums Leben gekommen.
Menendez hob die mit Handschellen zusammengeketteten Hände. "Nein, nein, für die Explosionen bin ich nicht verantwortlich!", rief er. "Weder für den Abschuss des Helikopters noch für den brennenden Panzerwagen..."
Ich musste mich in diesem Moment sehr beherrschen.
"Dann haben Ihre Leute auf eigene Faust gehandelt?", fragte ich etwas gallig zurück. "Das wollen Sie mir nicht im Ernst weismachen!"
Und Milo ergänzte: "Unsere Leute durchsuchen gerade Ihr Haus. Früher oder später werden sie auf 'intelligente' Geschosse der Firma Lonbury Electronics stoßen, sofern sie Ihren Vorrat nicht gänzlich verschossen haben! Und genau mit diesen Geschossen sind der Heli und der Panzer zur Detonation gebracht worden! Das werden die Untersuchungen unserer Spezialisten zweifellos ergeben."
"Eric Daly machte krumme Geschäfte mit überzähligen Prototypen", erläuterte ich. "Wahrscheinlich erst mit Ihnen, dann mit Harry Sung. Sie wollten wohl verhindern, dass er von jetzt an die Konkurrenz beliefert... Darum musste Daly sterben. Und Harry Sung stand doch ohnehin auf Ihrer Liste. Sie haben ihn für das Attentat in der 5th Avenue verantwortlich gemacht. Ihre eigene Position wäre höchst instabil gewesen, wenn Sie auf Dauer nicht die Familienehre wieder hergestellt hätten."
Ernesto Menendez schüttelte den Kopf.
"Es war ganz anders", behauptete er. "Keiner meiner Leute hat auf Sie geschossen. Der Heli explodierte, dann der Panzerwagen... Mein Gott, ich habe mir natürlich gedacht, dass mir niemand glauben wird, dass das jemand anderes war. Darum bin ich in Panik geraten und habe versucht, zum Boot durchzukommen. Aber für den Tod Ihrer Leute bin ich nicht verantwortlich."
"Versuchen Sie uns doch nicht für dumm zu verkaufen!", fuhr Milo dazwischen.
Die Tür öffnete sich.
Clive Caravaggio trat ein.
"Wir haben insgesamt 36 MRX-Geschosse gefunden", erklärte er. "Nicht nur MRX-230 sondern auch die größeren Typen. Außerdem eine Luftpistole, die zum Abschuss von MRX-230-Geschossen für Kurz-Distanzen präpariert wurde." Clive wandte sich an Menendez. "Ihre Leute sind sehr gesprächig. Wenn Sie noch auf ein Entgegenkommen der Staatsanwaltschaft setzen wollen, dann sollten Sie es auch sein."
Menendez begann zu schwitzen.
"Versuchen Sie nicht, meinen Mandanten unter Druck zu setzen", mischte sich Tejero ein.
Menendez atmete tief durch. Schweiß perlte von seiner Stirn.
"Wo waren Sie heute Nacht?", fragte ich.
"Sie wollen ein Alibi? Jeder meiner Leute würde mir eins geben, G-man!"
"Darauf würde ich nicht wetten", sagte Clive kalt.
Menendez faltete die Hände. Sie verkrampften sich regelrecht ineinander. "Okay", sagte er. "Die Wahrheit. Ich erfuhr von Harry Sungs Tod durch den Anruf eines Informanten, den ich in Chinatown habe..."
"Wer ist das?", hakte ich nach.
"Der Mann ist tot, wenn seine Identität herauskommt. Ich werde sie Ihnen nicht verraten. Unter keinen Umständen."
"Reden Sie weiter", forderte ich.
"Es ist wahr, dass wir über Mitarbeiter der Firma Lonbury an Prototypen der MRX-Geschosse gekommen sind, die wir an interessierte Kunden weiterverkaufen wollten. Nach dem, was mir mein Informant mitgeteilt hatte, war mir sofort klar, dass das Attentat auf Harry Sung mit dieser Waffe begangen worden war. Was Ihre Vermutung in Bezug auf das Attentat in der 5th Avenue angeht, so haben Sie recht. Durch meinen Informanten wusste ich, dass Harry Sung, der sich ebenfalls MRX-230-Geschosse besorgt hatte, zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen hatte schlagen wollen, indem er Lee Jiang und meinen Bruder umbrachte. Isabelita, die Witwe meines Bruders, lebt seit Jorges Tod bei mir. Sie erlitt eine Art Art Schock, ist kaum noch zurechnungsfähig. Dr. Ordonez, ein Allgemeinmediziner und Neurologe, behandelt sie."
"Leider verweigert Ordonez bislang die Aussage", sagte Clive.
"Ich werde mit ihm reden. Er wird meine Aussagen bestätigen." Menendez lehnte sich zurück. "Meine Schwägerin war von dem Gedanken an Rache geradezu besessen."
"Sie nicht auch?", fragte ich.
"Natürlich. Aber ich bin ein Mann, der die Realität stets akzeptiert. Und die Realität hieß in diesem Fall, dass ich unmöglich einen Krieg gegen die Waffenhändler-Syndikate von Chinatown vom Zaun brechen konnte! Was hätte es mir gebracht, Harry Sung erschießen zu lassen? Ich hätte doch nur mich, meine Familie und das Geschäft in Gefahr gebracht."
"Sie wollen darauf hinaus, dass Isabelita mit dem Anschlag zu tun hat?"
"Sie hat ihn eigenhändig begangen", erklärte Ernesto Menendez. "Heute Nacht war sie nicht hier. Chris Moreno, ihr ergebener Chauffeur half ihr dabei, mit meiner Mercedes-Limousine nach Chinatwown zu fahren. An die MRX-230-Geschosse zu gelangen dürfte für sie und Chris nicht allzu schwer gewesen sein."
"Und in die Bedienung war Ihre Schwägerin eingeweiht?"
"Ja. Wir haben die Dinger hier von meiner Terrasse aus ausprobiert. Sie interessierte sich sehr für die Programmierung der Zielkoordinaten. Zum Spaß hat sie selbst einmal einen Punkt in Chinatown eingegeben. 'Wie wär's, wenn wir mal einen von Sungs Läden eintippen!', sagte sie. Mein Gott, ich hielt das für Spielerei."
"Warum hat sie das Geschoss nicht von hier aus abgefeuert und ist extra nach Chinatwon gefahren?", hakte ich nach. "Die Dinger finden ihr Ziel doch allein."
"Erstens ist die Reichweite der MRX-230 nicht groß genug, zumal, wenn man sie mit einer umgebauten Luftpistole abfeuert."
"Selbst dann hätte sie nicht bis auf Sichtweite der 'Ling Su'-Bar fahren brauchen!"
"Woher..." Er wirkte verstört, runzelte die Stirn. "Das hat sie getan?"
"Wir haben eine Videoaufzeichnung, die Ihre Limousine zeigt", erläuterte Clive.
Menendez zuckte die Achseln. "Keine Ahnung. Vielleicht liegt es daran, dass sie den Steuerrelais der MRX-230 nicht traute... Oder sie hat dort gewartet, um abzuwarten, bis Harry Sung das Lokal betrat." Er blickte in meine Richtung.
"Ich habe Isabelita einen Platz in einem Sanatorium in Albany besorgt. Dort hatte ich sie hinbringen wollen, bevor Sie auftauchten - denn dass das geschehen würde, war mir klar, seit ich den Anruf meines Informanten bekam."
"Isabelita ist bewusstlos", stellte Clive fest.
Ernesto Menendez nickte. "Dr. Ordonez musste sie betäuben. Sie begriff nicht den Ernst der Lage, tobte herum..."
"Wir brauchen den Namen des Informanten", beharrte ich.
Ernesto Menendez wechselte mit seinem Anwalt ein paar Worte auf Spanisch.
Dann meldete sich Rick Tejero zu Wort.
"Mein Mandant würde sich selbst belasten, wenn er diese Frage beantwortet."
"Weil Sie Ihren Informanten durch Erpressung gewonnen haben?", fragte ich.
"Das ist eine reine Unterstellung", erwiderte Tejero kühl.
"Ich fordere Sie auf, die verfassungsmäßigen Rechte meines Mandanten zu respektieren."
"Und wo steckt dieser Chris Moreno?", erkundigte ich mich.
Menendez grinste. "Er war heute Morgen verschwunden."
"Wie praktisch", versetzte ich.
Tejero mischte sich ein. "Wollen Sie damit unterstellen, dass mein Mandant irgendetwas..."
Ich unterbrach ihn. "Ich will nichts unterstellen. Ich habe nur noch eine Frage: "Sagt Ihnen der Name WHITE CRUSADERS etwas, Mr. Menendez."
"Was soll das?", ereiferte sich Tejero. "Ich kann keinen Zusammenhang mit diesem Fall erkennen. Natürlich kennt mein Mandant diese rassistische Organisation! Ich weiß nicht, wie groß die Zahl der Amerikaner nicht-angloeuropäischer Herkunft ist, die von diesen Fanatikern bereits mit Drohungen eingeschüchtert wurde. Ich selbst erhielt auch schon derartige E-Mails..."
"Ich ebenfalls", sagte Menendez jetzt. Er sah mich an. "Ich verstehe allerdings den Sinn Ihrer Frage nicht."
Ich zuckte die Achseln.
"Fragen Sie mich in diesem Fall besser nicht danach. Es war nur so ein Gedanke."