Читать книгу Nur der Killer kennt den Trick: 3 Strand Krimis - Pete Hackett - Страница 10
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ОглавлениеMilo und ich hatten am Nachmittag Pat Fletcher auf seiner Yacht festgenommen. Er hatte sich, nachdem er in der 119th Street für blutige Furore sorgte, und wir ihm bei Reginald Perkins zuvorgekommen waren, der ihn erpressen und den er umbringen wollte, auf der „Seastar“, die bei den Greenpoint Piers festgemacht war, verkrochen.
Den Tipp hatten wir von Duncan McLeon erhalten, dem Killer Fletchers, den ein Mexikaner niedergestochen hatte, der in die Staaten gekommen war, um seine verschleppte Tochter zu suchen. Das Girl war in der 119th Straße umgekommen.
McLeon war der Mörder von Jack Grass, dem Rechtsanwalt, der zusammen mit Reginald Perkins, seines Zeichens Detektiv, Fletcher erpresste.
Fletcher hatte sich uns mit einer Waffe in der Faust entgegengestellt. Ich wäre um ein Haar in seine Kugel hineingesprungen, als ich vom Pier aus auf das Boot übersetzte. Nun, jetzt lag Fletcher mit durchschossener Schulter und einem Kugelloch im Oberschenkel im Gefängnishospital.
Uns hatte der Chef, Special Agent in Charge Jonathan D. McKee, für den Rest des Tages vom Dienst befreit, damit wir uns ausschlafen konnten. Und das taten wir ausgiebigst. Am Morgen holte ich in alter Frische meinen Freund und Partner Milo ab, und wir fuhren gemeinsam zur Federal Plaza ins Field Office.
Duncan McLeon hatte zwischenzeitlich ein umfassendes Geständnis abgelegt. Unsere Vernehmungsspezialisten hatten ihn in der Nacht noch im Mount Sinai Hospital in die Mangel genommen. Er war zwar noch nicht so richtig auf dem Damm, aber es galt, keine Zeit zu verlieren. Denn hinter Fletcher, McLeon und Konsorten stand ein Mädchenhändlerring, der noch zu zerschlagen war.
Der Bericht lag in doppelter Ausfertigung auf unseren Schreibtischen – neben einem Berg anderer Arbeit, die wir nur allzu gerne vor uns herschoben.
„Da taucht noch ein Name auf“, knurrte Milo und fuhr sich mit den gespreizten Fingern durch die blonden Haare. „Carl Snyder. Er war so etwas wie der Kurierdienst für Fletcher. McLeon hat zu Protokoll gegeben, dass gestern wieder drei Girls auf dem La Guardia Airport eintreffen sollten. Empfangskomitee sollte Snyder sein.“
„Ja“, sagte ich grimmig, „den Burschen werden wir uns auch noch schnappen.“ Ich hatte meine Augen auf den Bericht geheftet. Über die Stelle, die Milo soeben kommentierte, war ich schon weg. „Die Girls kommen von Galveston herauf. Ein gewisser Allan Baldwin übernimmt sie, nachdem sie per Schiff von Mexiko heraufgebracht worden sind, zwingt sie in die Drogensucht, und wenn sie bereit sind, für einen Schuss Heroin ihre Seele dem Satan zu verkaufen, verschickt er sie an die Endabnehmer.“
„Da ist auch die Rede von einem Beamten aus dem Harlemer Polizeirevier, der Fletcher jedes Mal warnte, wenn im Club Sixty-Six eine Razzia durchgeführt werden sollte. Leider kennt McLeon den Namen dieses Nestbeschmutzers nicht.“
„Diese Ratte herauszufinden überlassen wir dem Police Departement“, murmelte ich.
„Wo mag Snyder mit den Girls gelandet sein, die gestern ankamen?“, sinnierte Milo. „Der Club Sixty-Six ist geschlossen, das Versteck in der Hundertneunzehnten ist nur noch ein Schutthaufen.“
„Zunächst sollten wir mal die Kollegen in Galveston auf Allan Baldwin ansetzen, Milo“, murmelte ich. „Der Bursche muss aus dem Verkehr gezogen werden, ehe er noch mehr Unheil anrichtet. Außerdem müssen wir die Polizei in Mexiko City einschalten, damit sie diese dubiose Vermittlungsagentur hochnimmt.“
Milo schaute skeptisch. „Ich hab schon ‘ne Menge von der Polizeiarbeit in Mexiko gehört, Partner. Ob sie mit der erforderlichen Härte und Konsequenz durchgreift, erscheint mir fraglich. Gegen ein gutes Trinkgeld soll der eine oder andere Kollege dort unten sehr schnell beide Augen zudrücken.“
Ich musste Milo zustimmen. Wenn ich es auch nicht zum Ausdruck brachte. Doch es war so. In den meisten Ländern Mittel- und Südamerikas war so mancher Ordnungshüter gegen die Verlockungen des Geldes nicht gefeit.
„Trotzdem müssen wir sie einschalten“, beharrte ich auf meinem Standpunkt. „Eine andere Chance haben wir nicht.“
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich nicht die geringste Ahnung, dass wir schon sehr bald im Flugzeug nach Süden sitzen würden. Milos Schwarzmalerei sollte sich schneller bewahrheiten, als uns lieb war.
Ich rief im Police Departement an und erkundigte mich, ob die Fahndung nach Carl Snyder schon angelaufen wäre.
„Ja“, erklärte der Kollege. „Wir wurden in der Nacht noch von eurer Dienststelle informiert. Wir haben sofort reagiert. Wenn sich Snyder noch in New York aufhält, haben wir ihn sicher bald. Jeder Streifenpolizist ist instruiert.“
Ich bedankte mich. Dann wandte ich mich wieder an Milo. „Fahren wir mal ins Polizeigefängnis. Vielleicht ist Fletcher zwischenzeitlich ansprechbar. Er kann uns vielleicht einige nützliche Hinweise in Bezug auf diesen Allan Baldwin in Galveston liefern.“
„Wollen wir nicht erst mit dem Chef sprechen?“, murrte Milo.
Ich begriff. „Aaah, du bist scharf auf eine Tasse von Mandys weltmeisterlichem Kaffee“, stellte ich fest. Ich stemmte mich am Schreibtisch in die Höhe. „Ich glaube, da sag ich auch nicht nein. Also, berichten wir dem Chef, was er selbst längst weiß und erschleichen wir uns einige Schlucke.“
„Das grenzt ja schon an kriminelle Energie“, grinste Milo. „Und das alles wegen des schwarzen Gebräus. Na schön, gönnen wir unserem Gaumen eine Freude und ergötzen wir unser Auge an der sexy Mandy. Und dann langweilen wir den Chef. – Deine Krawatte sitzt übrigens schief.“
Ich rückte sie zurecht.
„Solltest mehr Wert auf dein Äußeres legen“, flachste Milo und drückte sich hoch.
„Kann eine schiefe Krawatte einen schönen Mann entstellen?“, fragte ich spöttisch. „Bei dir muss sie natürlich gerade sitzen, damit ...“
Da dudelte mein Telefon. Ich schnappte mir den Hörer. Es war der Kollege vom Police Departement, mit dem ich eben schon gesprochen hatte. Er sagte: „Sie werden es nicht glauben, Trevellian. Wir haben Snyder. Aber er befindet sich in einem recht jämmerlichen Zustand. Der Mister lag übel zusammengeschlagen auf dem Rücksitz seines Chevy, und der war auf einem Fußgängerweg im Tompkins Square Park abgestellt.“
„Hat Snyder was erzählt?“, entfuhr es mir. „Was ist mit den Girls, die er am Flughafen in Empfang nehmen sollte? Wer hat ihn so übel zugerichtet?“
„Er ist nicht ansprechbar.“
„Wo ist er?“
„Die Kollegen haben ihn ins Veteranen Hospital gebracht. Wer immer es auch war, der es ihm gegeben hat: Der oder die haben ganze Arbeit geleistet.“
„Well“, stieß ich hervor. „Wir fahren sofort hin. Thanks.“
Milo verzog säuerlich das Gesicht. „Ich hör die Nachricht wohl ...“, murmelte er ergeben.
„... allein mir fehlt die Lust ohne Mandys Kaffee im Magen“, vollendete ich den Spruch in stark abgewandelter Form. „Nun denn, Milo, wir werden nicht fürs Kaffeetrinken bezahlt. Fahren wir also zum Veteranen Hospital und machen wir unseren Job. Tun wir was für unser Geld.“
Ich sagte Mandy telefonisch Bescheid und sie versprach, den SAC zu informieren. Wenig später trug uns der Wagen aus der Tiefgarage des Federal Building.
*
Auf dem Flur vor dem Zimmer Carl Snyders waren zwei Cops postiert. Wir wiesen uns aus und konnten das Zimmer betreten.
Carl Snyder lag im Bett wie eine Mumie. Unter den Bandagen sah er sicher aus wie ein Mann, über den eine Herde Bisons hinweggedonnert war. Nur die unterlaufenen Augen und der Mund mit den aufgeplatzten Lippen waren von seinem Gesicht zu sehen. Man hatte ihm ein Beruhigungsmittel gegeben. Völlig apathisch lag er da.
Wir stellten uns am Fußende auf. „Hallo, Snyder“, grüßte ich. „Wie geht‘s?“
Er starrte mich nur mit erloschenem Blick an. In seinen Augen war kein Leben.
„Heh, sind Sie ansprechbar?“, kam es von Milo in seiner direkten Art.
Snyder bejahte mit einem Senken seiner Lider. Seine Lippen formten tonlose Worte. Er verzog das Gesicht.
„Wer hat Sie so hergerichtet?“, fragte ich.
„Morettis Schläger“, nuschelte er, und ich musste mich anstrengen, um die Worte zu verstehen. Ich nahm an, dass hinter seinen zerschlagenen Lippen so gut wie keine Zähne mehr saßen.
Milo und ich wechselten einen vielsagenden Blick. „Moretti – Sergio Moretti!“, brach es dann aus mir heraus. „Reden Sie von dem italienischen Paten aus Little Italy?“
Wider senkte er zum Zeichen dafür, dass ich richtig lag mit meiner Vermutung, die Lider.
„Wie sind Sie denn an Moretti geraten?“, kam es von Milo.
Sergio Moretti war uns alles andere als ein Unbekannter. Wir wussten, dass er ein skrupelloser Gangster war, der sich mit seinem Spezialitätenladen tarnte. Nicht nur skrupellos, sondern auch höllisch clever. Es war uns noch nicht gelungen, ihm die Maske vom Gesicht zu reißen. Moretti war ein Wolf im Schafspelz, ein Hecht im Karpfenteich.
„Lower Eastside“, kam es kaum verständlich von Snyder. „Zweihunderteinunddreißig Clinton Street. Erste Etage links. Zwei Kerle – Italoamerikaner ...“
„Haben sie die Girls übernommen?“, stieg es aus Milos Kehle.
Carl Snyder klappte wieder die Augendeckel nach unten.
Sergio Moretti! Der Name hallte in mir nach. Rauschgifthandel, Schutzgelderpressung, Hehlerei. Wir wussten es, aber es war uns nicht gelungen, Moretti auffliegen zu lassen. Mit illegaler Prostitution hatte er nach unserer Erkenntnis bisher nichts am Hut. Er zockte lieber die Besitzer der zwielichtigen Bordelle ab, und sie zahlten, nachdem einige von ihnen schlechte Erfahrung machten, weil sie eben nicht löhnen wollten.
Ich empfand es plötzlich wie eine Fügung des Schicksals, dass Snyder sich an Moretti wandte und der ihn uns sozusagen auf dem Tablett präsentierte.
„Erzählen Sie uns etwas über Baldwin“, forderte ich Snyder auf, nachdem sich seine Eröffnungen bei mir gesetzt hatten. „Allan Baldwin aus Galveston. Wer versorgt ihn mit den Girls, die er für Leute wie Fletcher sozusagen einbricht?“
„Keine Ahnung“, röchelte Snyder. „Ich war bei Fletcher derjenige, der die Girls lediglich transportierte, wenn sie in New York angekommen waren.“
Ich hatte es bereits geahnt, dass er nur als Statist in der tragischen – für die Mädchen tragischen – Inszenierung auftrat.
„Und gestern wollten Sie das Geschäft in eigener Regie abwickeln und haben dabei Federn gelassen, wie?“, verlieh Milo seiner Vermutung Ausdruck.
Die Lider Snyders zuckten nach unten.
Wir verließen den Gangster. Eigentlich konnte er einem leid tun.
„Lower Eastside, zweihunderteinunddreißig Clinton Street“, knurrte Milo. „Wollen doch mal seh‘n, was in dem Bau so kreucht und fleucht.“
„Im Geiste könnten wir Brüder sein“, sagte ich. „Du hast mir die Worte aus dem Mund genommen. Also, Partner, wetzen wir die Messer.“
Ich schaukelte uns durch den vormittäglichen Verkehr. Chaos pur, aber mit stählernen Nerven und einem hohen Maß an Gottvertrauen kamen wir in die Lower Eastside. Ich fand in einer schmalen Seitenstraße einen Parkplatz und manövrierte den Sportwagen hinein.
Entschlossen verließen Milo und ich das Fahrzeug. Wir marschierten in die Clinton Street und standen schon bald vor dem Gebäude mit der Nummer 231. Wir betraten es. Die Korridortür in der 1. Etage, links, wies kein Namensschild auf. Milo legte seinen Daumen auf den Klingelknopf. Im Wohnungsflur waren gedämpfte Schritte zu hören. Die Tür schwang eine Handbreit auf – ich sah ein Gesicht, über dessen Stirn die schwarzen Haare glatt zurückgekämmt waren – und stellte keine Fragen.
Mit meiner Schulter rammte ich die Tür auf. Ein Bersten war zu hören, als die Sicherungskette aus der Verankerung gefetzt wurde. Der Bursche bekam das Türblatt auf die Nase, stolperte und setzte sich auf den Hosenboden.
Als er zum Denken kam, standen wir im Flur und er blickte in das hohle Auge meiner SIG.
Milo sprang schon über ihn hinweg, ebenfalls die Waffe in der Faust und ließ sie über die Türen pendeln, die in verschiedene Räume führten.
„Wo ist dein Kumpel?“, knirschte ich.
Aus seiner Nase sickerte Blut. Verstört, verunsichert, ziemlich perplex und mit Tränen in den Augen starrte er in mein Gesicht. Plötzlich wischte er sich mit dem Handrücken über die Oberlippe, er sah sein Blut, und keuchte: „Seid ihr verrückt geworden? Ihr könnt doch hier nicht einfach wie Elefanten im Porzellanladen ...“
„Ach“, unterbrach ich ihn, „ich vergaß zu sagen, dass wir vom FBI sind. Special Agents Tucker und Trevellian. Jetzt wirst du auch begreifen, dass wir sehr wohl können.“
Ein Keuchen, das ihm der Schreck entrang, brach aus seiner Kehle.
Milo hatte eine der Türen erreicht, öffnete sie aus dem Schutz der Wand und stieß sie auf.
„Bist du alleine?“, fragte ich den Knaben am Boden.
Einer Antwort wurde der Bursche enthoben. Eine Tür am Ende des Flurs wurde aufgerissen. Ich kniete sofort ab und hob die Faust mit der SIG.
Milo glitt in den Raum, dessen Tür er soeben aufgestoßen hatte.
Ein Schuss krachte. Die Detonation rüttelte an den Türen im Flur und hörte sich an wie Kanonendonner. Die Kugel strich über meinen Kopf hinweg und durchschlug die Korridortür auf der anderen Seite der 1. Etage.
Die Faust mit der Waffe, die der Schütze um den Türstock herumgeschoben hatte, verschwand wieder.
Ich schnellte hoch und war mit einem Satz bei der nächsten Türe rechter Hand, riss sie auf und verschwand in dem Zimmer. Ich hörte Milo brüllen: „Komm mit erhobenen Händen heraus, Mann. Wenn wir zu dir reinkommen, wird‘s brenzlig.“
Der Knabe mit der blutenden Nase am Boden des Korridors rührte sich nicht. Er wusste, dass er in der Schussbahn seines Kumpans hockte, und das verursachte bei ihm wahrscheinlich die unüberwindbare Lähmung.
„Was seid ihr für welche?“, fragte der Mister, der geschossen hatte. „Ihr kommt mit viel Getöse in unsere Wohnung und ...“
„FBI“, erklärte ich kurz und prägnant. „Deinem Kumpel haben wir uns vorgestellt. Solltest du es tatsächlich überhört haben, obwohl du an der Tür gelauscht hast?“
Einige Sekunden verstrichen, in denen er hart mit sich zu kämpfen schien. „Ich hab auf der Couch gelegen und vor mich hin gedöst“, rief er dann. „All right, ich komme jetzt in den Flur.“
„Lass nur deine Kanone zurück“, warnte Milo. „Wir könnten es falsch auffassen ...“
Er trat mit erhobenen Händen und unbewaffnet in den Flur.
„Steh auf!“, gebot ich dem Knaben am Boden.
Er rappelte sich auf die Beine. Wir trieben ihn und seinen Kumpan in den Raum, in dem sich Milo verschanzt hatte. Da stand eine Polstermöbelgruppe, und die ganze übrige Einrichtung ließ vermuten, dass es sich um den Livingroom der Kerle handelte. Auch ein Fernseher war da. Die beiden mussten sich setzen.
Milo und ich holsterten unsere Waffen. Ich ließ meine Stimme erklingen: „Wo sind die drei Girls?“ Ich sprach abgehackt, jedes Wort betonend.
„Welche Girls?“, kam es von einem der Burschen wie aus der Pistole geschossen. „Wir beide sind ...“
„... schwul“, fiel ihm Milo in die Rede. „Das habe ich schon herausgefunden. Die Rede ist von den drei drogenabhängigen Mexikanerinnen, die ihr Carl Snyder abgejagt habt, den ihr halb tot geschlagen in sein Auto gelegt und im Tompkins Square Park abgestellt habt.“
„Sie sprechen in Rätseln, G-man“, maulte der mit der blutenden Nase. Er hatte zwischenzeitlich ein Taschentuch hervorgeholt und presste es unter seine Nasenlöcher.
„Wie heißt du?“, fragte Milo.
„Luigi DaLoca.“
„Fein. Und du?“
„Adriano ...“
„Okay, Adriano, du hast ein gewaltiges Problem am Hals. Du hast auf zwei Special Agents des FBI geschossen. Hast du ‘ne Ahnung, wie viele Jahre dir das bringt?“
„Himmel, ich hatte doch keine Ahnung, dass ihr vom FBI seid“, rechtfertigte sich der Bursche hastig. „Ich hielt euch für ...“
„Na“, stieß ich hervor, als er fast erschrocken abbrach.
„... für Einbrecher“, vollendete er. „Si, für Einbrecher. Ihr habt die Tür eingedrückt und mein Freund lag am Boden.“
„Und ich dachte schon, du hieltest uns für Killer der Konkurrenz“, grinste ich ironisch. „Aber jetzt Spaß beiseite, Luigi und Adriano. Wo sind die drei Mexikanerinnen?“
„Wie ich schon sagte, wir ...“
„Ihr steht nicht auf Girls, klar“, schnitt ihm Milo das Wort ab. „Na schön, ihr seid beide verhaftet. Wir nehmen euch mit ins Field Office und halten euch dort so lange fest, bis euch einfällt, an welche Adresse ihr die Ladys weitergeschleust habt.“
Bei Adriano schien es sich um einen Choleriker zu handeln. Er schoss kerzengerade aus seinem Sessel in die Höhe, sein Gesicht hatte sich verzerrt, mit einem Aufschrei warf er sich auf Milo. Der war natürlich auf diese Aktion nicht vorbereitet. Adriano prallte gegen ihn, er wurde regelrecht zur Seite katapultiert. Der Italiener stürzte zur Tür.
Auch Luigi sprang auf. Er ging mich an. Allerdings hatte ich mich nach Adrianos Attacke drauf einstellen können. Ich drehte mich in den Burschen hinein, griff hinter mich und erwischte ihn am Hemdkragen. Ein Ruck, und er flog über meine Schulter. Wie ein Brett krachte er der Länge nach auf den Fußboden. Krachend schlugen seine Füße auf. Er kämpfte mit einem Erstickungsanfall.
Milo setzte hinter Adriano her. Er holte ihn an der Korridortür ein. Der Italoamerikaner warf sich herum und schlug nach Milo. Es war ein Schwinger, der ihm wahrscheinlich das Genick gebrochen hätte – würde er am Ziel angekommen sein.
Um derartigen Wechselfällen im Alltag eines Special Agents gegenübertreten zu können, waren wir jedoch hinreichend geschult worden. Also, Milo wich dem Schlag aus, dann bekam Adriano seine Faust knochenhart in den Magen und beugte sich nach vorn. Mit einem Ton, der sich anhörte wie das Röhren eines sterbenden Elchs, quittierte er den Treffer. Ein Uppercut Milos stellte den Knaben wieder gerade, und dann packte Milo ihn mit beiden Fäusten am Hemd und riss ihn dicht an sich heran.
Milo knirschte: „Und jetzt schön artig, mein Junge, sonst spuckst du Backenzähne.“ Mit dem letzten Wort versetzte Milo ihm einen Stoß, der ihn gegen die Tür warf. Der Krach ging wahrscheinlich durch das gesamte Treppenhaus.
Adriano war friedlich. Seine Schultern sanken nach vorn, seine Arme hingen schlaff nach unten. Der Widerstandswille, der bis vor wenigen Sekunden noch aus jedem Zug seines Gesichtes gesprochen hatte, war erloschen.
Handschellen knackten. Adriano war kaltgestellt.
Ich hatte Luigi am Kragen gepackt und aufgesetzt. Erstickend schnappte er nach Luft. Ich versetzte ihm einen harten Schlag mit der flachen Hand auf den Rücken, und der befreiende Atemzug kam. Nach und nach nahm sein Gesicht wieder die normale Färbung an; und es wurde fast einen Ton zu bleich, als sich auch um seine Handgelenke die plastikummantelten Stahlachten schlossen.
Milo rief die Kollegen von der City Police.
Als die beiden Burschen abgeführt wurden, rief ich hinter ihnen her: „Wir kommen bald vorbei im City Prison und unterhalten uns mit euch. Ihr solltet euch als kooperativ erweisen. Das erspart oftmals viele Jahre hinter Gittern.“
Sie schauten verbissen vor sich hin.
Wir schauten uns in der Wohnung um. Und wir fanden einige winzige Portionen eines weißen Pulvers – genannt Heroin. Einen Hinweis auf die Girls fanden wir jedoch nicht.
Ich zitierte die Kollegen der SRD herbei. Sie sollten die Wohnung auf den Kopf stellen.