Читать книгу Nur der Killer kennt den Trick: 3 Strand Krimis - Pete Hackett - Страница 26
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Milo hatte die Warterei längst satt gehabt. Er war einfach in die Vermittlungsagentur gegangen und hatte sich bei der Sekretärin nach meinem Verbleib erkundigt.
Sie kannte ihn nicht. Sie war sich auch nicht sicher, ob sie ihm verraten durfte, dass Santez mit diesem Hanson zu Mendoza gefahren war, und so erklärte sie nur lapidar, dass Santez mit Hanson das Büro verlassen habe, ohne sie darüber zu informieren, wohin sie sich begaben.
Aus der Lady war sonst nichts herauszukriegen.
„Haben Sie gesagt, wann sie wieder zurückkehren?“, fragte Milo.
„Nein. Señor Santez hat gar nichts gesagt, außer, dass ich mich um die Kundschaft kümmern soll, falls welche auftaucht.“
Milo verließ die Agentur. Er war voll Sorge. Hinter seiner Stirn jagten sich düstere, unheilvolle Ahnungen.
Kaum war er draußen, telefonierte Maria. Sie hatte Carlos Mendoza an der Strippe und erzählte ihm von dem Mann, der sich soeben nach Hanson erkundigt hatte.
„Sollte er noch einmal auftauchen, sag ihm auf keinen Fall meine Adresse. Du weißt von nichts, Maria. Klar?“
Die Frau versicherte es. Sie fühlte sich zur Loyalität verpflichtet. Sie war froh, eine Beschäftigung zu haben und damit das Familieneinkommen aufzubessern.
Milo stand unschlüssig auf der Straße. Ratlosigkeit beschlich ihn. Er fuhr zum Hotel und begab sich auf sein Zimmer. Er lag etwa eine halbe Stunde auf dem Bett und starrte gedankenvoll zur Decke hinauf, als sein Handy klingelte. Der Anrufer war laut Anzeige auf dem Display Jesse Trevellian. Hastig drückte Milo auf die OK-Taste.
Die Stimme, die aus dem Lautsprecher kam, gehörte allerdings nicht Jesse. Der Mister verlautbarte: „Pass auf, Tucker. Wir haben deinen Partner. Du findest dich um Mitternacht bei der Corpus Christi Kirche ein. Dort nimmt dich einer meiner Freunde in Empfang. Bist du nicht bei der Kirche, genügt ein Anruf meines Freundes, und ich blase Trevellian das Hirn aus dem Schädel.“
Milo hatte es regelrecht hochgerissen. Er stand vor dem Bett. „Wer spricht da?“, fragte Milo mit vibrierender, fremder Stimme. Seine Stimmbänder wollten ihm nicht gehorchen. Er war wie vor den Kopf gestoßen. Die Eröffnung hatte ihn, obwohl er schon die schlimmsten Vermutungen gewälzt hatte, bis ins Mark getroffen.
„Allan Baldwin“, sagte der andere. „Ich rate dir zu kommen, Tucker. Kommst du nicht, dann wird Trevellian sterben.“
Die Leitung war tot.
Langsam senkte sich Milos Hand mit dem Handy.
Sie haben Jesse!, klirrte es hinter seiner Stirn. Und sie wollen mich auch. Gehe ich um Mitternacht nicht zu dieser Kirche, töten sie Jesse. – Hätte ich nur den Hauch einer Ahnung, wo sie ihn festhalten. Himmel, ich drehe gleich durch!
Er nahm eine unruhige Wanderung im Zimmer auf.
An die Polizei hier brauchst du dich nicht zu wenden, sinnierte er weiter. An den Capitan von der Policia Judicial Federal schon gleich gar nicht.
Milo entschied sich von einem Augenblick auf den anderen. Er griff zum Hörer des Apparates auf seinem Nachttisch, wählte die Vorwahl von Amerika, die Nummer von New York und die des FBI. Im nächsten Moment hatte er Mr. McKee an der Strippe. Er berichtete. Der Special Agent in Charge lauschte aufmerksam und ohne Milo zu unterbrechen.
Als Milo am Ende war, ließ er seine sonore Stimme erklingen: „Bewahren Sie jetzt nur kühlen Kopf, Milo. Leider schaffe ich es bis Mitternacht nicht mehr, von New York nach Mexiko City zu gelangen. Ich würde mich in die nächste Maschine setzen. Aber es macht keinen Sinn.“
„Was soll ich tun, Sir?“, fragte Milo, und hilflose Ohnmacht hielt ihn gnadenlos im Klammergriff.
„Auf keinen Fall gehen Sie um Mitternacht zu der Kirche. Haben Sie schon mit Capitan Santiago gesprochen?“
Milo erzählte von unserer ersten Begegnung mit dem Capitan.
„Ich werde mich sofort an das Ministerium für öffentliche Sicherheit wenden“, erregte sich Mr. McKee.
„Aber das bringt mich auch nicht weiter, Sir“, gab Milo bedrückt zu verstehen. Ein jäher Impuls ließ ihn die Schultern straffen. Sein Kinn wurde kantig. „Wissen Sie was, Sir, ich halte mich noch mal an die Lady, die in der Agentur als Sekretärin arbeitet. Wenn nötig, prügle ich aus ihr heraus, wohin Santez mit Jesse gefahren ist.“
Milo glaubte den rettenden Strohhalm gefunden zu haben.
„Das mit dem Herausprügeln ist doch nur bildlich gemeint, Milo“, kam es Mr. McKee.
„Natürlich, Sir“, knirschte Milo.
„Wenden Sie sich trotzdem an Capitan Santiago. Er wurde mir zwar als Schnösel und selbstherrlicher Mann, aber auch als integrer Polizist beschrieben. Soll er sich die Lady vorknöpfen. – Ich kenne Sie, Milo. Wenn es um Jesse kennt, springen Sie ohne mit der Wimper zu zucken über Ihren Schatten. Ich will nicht, dass Sie Probleme mit der Polizei kriegen, weil Sie vielleicht Amok laufen. Überlassen Sie es also Santiago, der Lady die Würmer aus der Nase zu ziehen.“
„Ich weiß nicht ...“, murmelte Milo.
„Überlassen Sie es Capitan Santiago, Milo“, mahnte der Chef eindringlich. „Ich werde mich nicht aus dem Field Office hinausbewegen, bis ich wieder von Ihnen höre. Sollte es nicht gelingen, Jesse vor Mitternacht herauszupauken, gehen Sie unter keinen Umständen zu der Kirche.“
Milos Miene verschloss sich. „Das heißt, ich soll Jesse seinem Schicksal überlassen!“, stieß er zornig hervor. „Das – das kann ich nicht, Sir. Verzeihen Sie, aber wenn es mir nicht gelingt, Jesse zu befreien, werde ich zu der Kirche gehen. Und der Mister, der mich dort abholt, wird mir sagen, wo sie Jesse festhalten. Und dann ...“
Milo ließ den Rest offen.
Der SAC aber konnte sich an fünf Finger abzählen, dass Milo dann nicht zu bremsen sein würde.
Milo hörte den Chef hart atmen. Schließlich sagte Mr. McKee: „Milo, ich kann Sie verstehen. Ja, tun Sie alles, um Jesse zu retten. Und sollte es irgendein Problem geben, werde ich es klären. Sie haben von mir grünes Licht, Milo. Sie sind über das Ministerium mit so ziemlich allen Kompetenzen ausgestattet. Hau‘n Sie Jesse raus. Ich bedauere nur, dass ich nicht vor Ort sein und helfen kann.“
Milo atmete auf. „Danke, Sir. So Gott will kehren wir beide nach New York zurück – oder keiner von uns.“
Mr. McKee schluckte am anderen Ende so hart, dass Milo es hören konnte.
Milo begab sich in die Rezeption und ließ sich ein Taxi kommen. Er hatte die SIG umgeschnallt. Meine Waffe trug er in der Innentasche seiner Jacke.
Das Taxi brachte ihn in die Calle Lord Byron. Es war früher Nachmittag. Milo ging wie in Mann, den nichts auf der Welt beirren konnte, in die Vermittlungsagentur. Die Lady namens Maria verzog das Gesicht, als sie ihn sah. Sie verhandelte soeben mit einem Kunden und beachtete Milo nicht weiter. Ein weiterer Kunde saß im Warteraum und blätterte in einem der Magazine.
Milo hatte nicht die geringste Lust zu warten. „Entschuldigen Sie“, sagte er zu dem Burschen, mit dem Maria sprach. Dann beachtete er den Mann nicht weiter, sondern wandte sich an die Frau: „Sie werden mir jetzt sagen, wohin Santez meinen Partner gebracht hat. Tun Sie es nicht, rufe ich von hier aus Capitan Santiago von der Policia Judicial Federal an. Ich bin vom FBI New York. Capitan Santiago ist der Verbindungsoffizier, mit dem mein Partner und ich hier zusammenarbeiten. Es geht um Entführung und geplanten Mord. Also, Lady, Mund auf, oder Sie haben die Bundeskriminalpolizei auf dem Hals.“
Die Frau wurde bleich bis in die Lippen. Ein Abgrund des Erschreckens öffnete sich Milo, als er in ihre Augen schaute.
„Caramba“, entrang es sich dem Mann neben Milo. Allein der Hinweis auf die Bundespolizei schien Angst und Schrecken auszulösen. „Mit den Hombres von der Policia Judicial Federal ist nicht gut Kirschen essen.“
Niemand achtete auf ihn.
Zwingend starrte Milo die Frau an. Sein Blick schien sie zu durchbohren.
„Ich – ich kann nicht“, stammelte Maria. „Por dios, ich verliere meine Arbeit ...“
„Die verlieren Sie sowieso“, knirschte Milo. „Denn die nächsten zwanzig Jahre dürften Ihre beiden Chefs gesiebte Luft atmen. Wenn nicht sogar den Rest ihres verkorksten Lebens.“
Der Mann neben Milo stieß sich von der Theke ab. „Wenn es stimmt, was er behauptet, würde ich es ihm sagen, Maria. Andernfalls machen Sie sich mitschuldig.“ Mit dem letzten Wort setzte er sich in Richtung Ausgang in Bewegung.
Auch der Mann im Warteraum ging. Er ahnte, dass heute niemand mehr hier Zeit für ihn hatte.
„Reden Sie!“, herrschte Milo die Frau unerbittlich an.
Ihre Lippen bebten. Ihre Hände flatterten. Ihre Brust hob und senkte sich unter keuchenden Atemzügen, die Schlagader an ihrem Hals pochte erregt.
Schließlich aber gelang es ihr, die Adresse herauszuwürgen.
„Gut“, knurrte Milo. „Haben Sie ein Auto?“
Maria nickte.
„Dann sperren Sie jetzt den Laden hier zu. Wir fahren zu Carlos Mendoza.“
Seine Entschlossenheit, die zwingende Strömung die von ihm ausging, und seine Unduldsamkeit veranlassten die Lady zu schweigen. Sie fügte sich.