Читать книгу Nur der Killer kennt den Trick: 3 Strand Krimis - Pete Hackett - Страница 24
Оглавление16
Unten in der Halle waren Hinweisschilder angebracht. Die Agentur befand sich in der 2. Etage. Einen Aufzug gab es nicht. Ich stieg die Treppe empor. Das Treppenhaus war hell und sauber. Dann stand ich vor der Tür zur Agentur. Ich läutete. Der Türsummer schlug an, die Tür ließ sich aufdrücken.
Links war eine Theke, hinter der eine Frau um die 30 an ihrem Schreibtisch saß. Sie war es sicher auch, die mir per Knopfdruck die Tür geöffnet hatte. Sie war Durchschnitt. Nicht besonders schön, aber auch nicht hässlich. Der Monitor auf ihrem Schreibtisch zeigte einen Bildschirmschoner.
Der Flur führte an der Theke vorbei in einen offenen Warteraum, von dem drei Türen abzweigten. Ich sah etwa ein Dutzend leerer Stühle. In der Mitte des quadratischen Raumes stand ein niedriger Tisch, auf dem einige Zeitschriften und Zeitungen lagen. Es war fast wie in einer Arztpraxis.
„Buenos dias, Señor“, flötete die Lady. „Was ist Ihr Wunsch.“
Sie sprach spanisch.
Ich fragte sie, ob sie die englische Sprache beherrsche.
Sie bejahte, fügte aber bescheiden hinzu: „Mehr schlecht als recht, Señor.“
Ich lächelte sie an. Dann sagte ich: „Ich komme wegen der Vermittlung einiger Arbeitskräfte in die Staaten. Dieses Büro ist mir empfohlen worden.“
„Ich melde Sie Señor Santez. Wie ist Ihr Name, Señor?“
„Hanson – Hank Hanson.“
Sie griff zum Telefon. Sie sprach wieder spanisch. Dann legte sie auf und wies auf eine Tür. „Bitte, Señor, gehen Sie da hinein.“
Ich zögerte nicht.
Schließlich stand ich vor Pablo Santez‘ Schreibtisch. Santez war ein dicklicher Bursche, dunkel, listig und schmierig grinsend. „Wo kommen Sie her, Señor Hanson?“, empfing er mich und wies auf einen gepolsterten Stuhl. „Setzen Sie sich. Von wem wurde Ihnen unsere Agentur empfohlen?“
„Ich komme aus Philadelphia, Señor“, erwiderte ich, indes ich mich niederließ.
Seine zweite Frage ließ ich außer Acht.
„Das ist weit – sehr weit.“ Seine aufgeworfenen Lippen zogen sich noch etwas mehr in die Breite. In seinen Augen glaubte ich jedoch ein verhaltenes Lauern erkennen zu können. Ich dachte an Milos Worte und spürte Unbehagen. Ja, es war ein lauernder, forschender Ausdruck in seinem Blick, ein Ausdruck, der sein Grinsen Lügen zu strafen schien. „Welche Arbeitskräfte suchen Sie? Was sollen die Leute können? Mit Fachkräften sieht es schlecht aus. Wir ...“
„Ich suche Haushälterinnen, Zimmermädchen, Kindermädchen“, sagte ich und ließ ihn nicht aus den Augen. „Nicht über zwanzig, hübsch, gut gewachsen. Wir zahlen gut.“
Das Grinsen gerann in seinem Gesicht. Er schob das fleischige Kinn nach vorn und kniff ein wenig die Lider zusammen. „Diese Chicas – sollen Sie einen bestimmten Zweck erfüllen? Warum sonst diese Anforderungen an Alter und Aussehen?“
„Sie müssen vielseitig einsetzbar sein“, gab ich ausweichend, mit einem hintergründigen Lächeln zu verstehen. „Ich bekam im Übrigen den Tipp, mich an Ihre Agentur zu wenden, von einem alten Freund. Leider haben ihn die Bullen in New York hochgenommen. Er wird wohl nie wieder die Freiheit sehen.“ Wie bedauernd hob ich die Hände, seufzte, ließ die Hände wieder sinken und fügte hinzu: „Er hat Fehler gemacht, schwerwiegende Fehler. Das hat ihm das Genick gebrochen.“
Santez nagte an seiner wulstigen Unterlippe. „Sagen Sie mir den Namen Ihres Freundes“, forderte er gedehnt. Sein Blick ließ mich nicht mehr los. Als wollte er in mich eindringen und meine geheimsten Gedanken ergründen.
„Pat Fletcher“, sagte ich.
Er zog den Kopf etwas zwischen die massigen Schultern. Das war aber auch die einzige Reaktion, die er zeigte. Seine Lippen sprangen auseinander. „Hat Ihnen Fletcher noch mehr erzählt, außer dass wir eine Agentur für die Vermittlung von Arbeitskräften in die Staaten betreiben?“
„Nur, dass es sich um eine Agentur besonderer Art handelt. Ich habe einige der Girls selbst gesehen. Juanita Carcia zum Beispiel. Girls von der Sorte Juanitas habe ich mir vorgestellt.“
Er traute mir nicht über den Weg. Ich spürte das ganz deutlich. Er verriet mit keiner Miene, dass ihm die Namen Pat Fletcher und Juanita Carcia etwas sagten. Er starrte mich nur an.
„Kommen Sie direkt aus Philadelphia?“, fragte er plötzlich.
Ich nickte.
„Dann haben Sie sicher auch ein Rückflugticket“, stieß er hervor.
Ich schüttelte den Kopf. „Ich habe ja keine Ahnung, wie lange ich in Mexiko City bleibe. Jedenfalls bleibe ich solange, bis ich gefunden habe, was ich suche.“
„Sie brauchen die Chicas, damit Sie Ihnen viel Geld bringen, nicht wahr?“
Ich grinste ihn nur an.
„Wo sollen Sie eingesetzt werden?“, hakte er nach.
„Darüber will ich nicht sprechen, Señor Santez“, erklärte ich. „Es ist besser, wenn sich die Spur der Girls jenseits der Grenze verliert. Nehmen Sie das Beispiel dieser Juanita Carcia. Ihr Vater schaltete einen amerikanischen Anwalt ein, und dieser spürte sie mit Hilfe eines Privatdetektivs auf. Das war es am Ende auch, was meinem alten Freund Fletcher den Todesstoß versetzte.“
Santez legte seine Hände übereinander auf den Schreibtisch. „Kann ich Sie telefonisch erreichen, Hanson?“
„Ja“, antwortete ich. „Aber es wäre mir lieber, ich könnte Sie zurückrufen.“
„Sie sind sehr argwöhnisch, Señor“, murmelte er.
„Das ist oft lebenswichtig in meiner Branche“, erwiderte ich zweideutig und erhob mich. „Bis wann kann ich mich wieder bei Ihnen melden, Santez? Ich will Sie aber nicht um Unklaren darüber lassen, dass meine Zeit begrenzt ist.“
Seine Backenknochen mahlten, seine Wangen vibrierten. Er starrte mich von unten herauf an. Plötzlich schien er sich zu überwinden. Er sagte: „Nehmen Sie wieder Platz, Hanson. Ich muss mal telefonieren.“
Er griff nach dem Telefonhörer.
Ich setzte mich wieder auf meine fünf Buchstaben und fragte mich, ob er angebissen hatte. Was ich trieb, war ein Spiel mit dem Feuer. Ich konnte mich nicht als Hank Hanson ausweisen. Die Bande hatte empfindliche Schläge einstecken müssen. Wir hatten ihren Endabnehmer in New York aus dem Verkehr gezogen. Wir haben die Zwischenhändler in Galveston auffliegen lassen. Und jetzt hatte ich sozusagen Körperkontakt mit der Basis des Syndikats hier in Mexiko City. Dass er auf mein Ansinnen nicht gleich reagierte, war verständlich. Das Misstrauen saß tief.
Santez sprach spanisch. Einige Brocken schnappte ich auf. Es reichte aber nicht, um vollinhaltlich dem Gespräch zu folgen. Und zusammenreimen wollte ich mir nichts.
„Ich habe mit meinem Partner gesprochen. Er ist heute nicht im Betrieb. Haben Sie Interesse, mit ihm und mir in seinem Haus darüber zu reden?“
In mir schlugen die Alarmglocken an. „Wo ist das Haus?“
„Im Norden der Stadt. Ich bringe Sie hin.“
„Wer macht dann die Arbeit hier?“, fragte ich. „Geben Sie mir einfach die Adresse Ihres Partners und ich fahre mit dem Taxi hin.“
„Es geht um ein Geschäft besonderer Art, Señor“, meinte er. „Und das können mein Partner und ich nur gemeinsam machen. – Sagt Ihnen der Name Allan Baldwin etwas?“
Ich setzte meinen nichtssagendsten Gesichtsausdruck auf. „Wer soll das sein?“
„Ein Geschäftsfreund von uns und Pat Fletcher.“ Santez stemmte sich am Schreibtisch hoch. Seine Körperfülle ließ ihn ächzen.
„Pat hat mir nur von den Girls erzählt und sie mir einmal bei der Arbeit gezeigt, als ich ihn im Club Sixty-Six besuchte. Mehr weiß ich nicht. Hatte dieser Baldwin auch mit der Sache zu tun, wegen der Fletcher in New York auf die Schnauze flog?“
Darauf erhielt ich keine Antwort. Santez knurrte stattdessen: „Das Geschäft führt während meiner und Mendozas Abwesenheit Maria, unsere Sekretärin. Sie haben Maria gesehen, als sie hereinkamen. Also, Hanson, fahren wir zu Mendoza.“
Ich konnte jetzt kaum noch zurück. Ich musste die Rolle, in die ich geschlüpft war, weiterspielen. Dabei war mir gar nicht wohl zumute. Milo würde vielleicht gar nicht bemerken, wenn ich mit Santez das Haus verließ. Außerdem konnte er uns nicht folgen. Bis er ein Taxi bekam, waren Santez und ich in dessen Wagen längst im Verkehrsgewühl verschwunden wie eine Träne im Ozean.
Außerdem war ich waffenlos. Außer meinen zwei Fäusten hatte ich nichts, womit ich mich gegebenenfalls verteidigen konnte. Das war verdammt wenig, wenn man bedenkt, dass Gangster von der Sorte eines Pablo Santez ganz sicher irgendwo eine Kanone am Leib trugen.
Ich beruhigte mich mit dem Gedanken, dass er wirklich nur im Haus seines Partners mit diesem und mit mir über die „Vermittlung“ von Girls reden wollte. Also drückte ich mich von dem Polsterstuhl hoch.
Er gab an der Rezeption der Sekretärin namens Maria einige Instruktionen, erklärte ihr, dass er für wichtige Kunden in Carlos Mendozas Haus erreichbar wäre, dann verließen wir die Agentur. Wir stiegen die Treppe hinunter. Ich ging vor ihm. Irgendwie konnte ich mich des Gefühls nicht erwehren, dass mir sein stechender Blick gleich ein Loch in den Rücken brannte.
Als ich zum Ausgang wollte, holte mich seine Stimme ein. Er sagte: „Das Auto steht im Hof, Hanson.“
Verdammt! Ich hatte es unterbewusst befürchtet. Ich konnte Milo nicht mal ein Zeichen geben. Wieder beschlich mich ein seltsames Gefühl. Ich wusste es nicht so recht zu deuten. Es war jedenfalls da. Vielleicht war es mein Sinn für die Gefahr, der mich warnte.
Zwei Minuten später saßen wir in einem Chrysler. Santez lenkte ihn durch die Einfahrt auf die Straße hinaus und gab Gas, als er die Chance bekam, sich in den fließenden Verkehr einzuordnen.
Ich sah Milo zwar ein ganzes Stück entfernt auf der anderen Straßenseite, aber er stand mit dem Rücken zur Straße und begutachtete das Angebot im großen Schaufenster eines Sportartikelgeschäfts.