Читать книгу Nur der Killer kennt den Trick: 3 Strand Krimis - Pete Hackett - Страница 12

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Zuerst knöpften wir uns Adriano Giotti vor. Das Vernehmungszimmer im City Prison war ziemlich kahl. Es gab einen Tisch und einige Stühle sowie einen Computer, um die Vernehmungsniederschrift zu fertigen.

Giotti saß lässig auf einem der Stühle, hatte die Beine weit von sich gestreckt und die Arme vor der Brust verschränkt. Er hatte sogar auf einen Anwalt verzichtet. Ich saß ihm gegenüber, zwischen uns war der Tisch. Milo stand an dessen Stirnende und hatte beide Arme drauf gestemmt. Eine Schreibkraft saß am PC. Sie sollte tippen, was wir ihr diktierten.

Aber noch hatten wir nichts, was wir ihr diktieren konnten. Denn Adriano schwieg wie ein Grab. Er wusste nichts von Carl Snyder, nichts von den drei Girls aus Mexiko, nichts von dem abgewogenen Rauschgift, dass wir in seiner Wohnung fanden.

Er war cool, gab sich überheblich und selbstsicher, und ließ uns mit unseren Fragen ein um das andere mal abblitzen.

Dieser Knabe brachte unser Blut zum Sieden.

„Du hast doch nur Schiss vor der Rache der Familie, wenn du redest“, grollte Milos Organ wütend. „He, welche Rolle spielst du in deiner Beziehung mit Luigi DaLoca? Das Männlein oder das Weiblein? Von deinem ganzen Verhalten her rechne ich dir den größeren Anteil an Testosteron zu. Also, mein Freund, bist du ...“

„Diese Frage berührt meine Intimsphäre, G-man“, maulte Giotti, „und ich muss sie dir nicht beantworten.“

„Dann lass es. Wir werden Luigi danach fragen. Sicher zeigt Luigi sich zugänglicher als du, mein Freund. Er scheint mir intelligenter zu sein als du. Deinen IQ stufe ich nicht höher ein als die Zimmertemperatur. Und die ist im April noch nicht besonders hoch. Luigi wird auf unser Angebot abfahren wie eine zwölfhunderter Suzuki.“

„Welches Angebot?“, zeigte sich Adriano Giotti interessiert.

„Nun, wir können mit dem Bezirksankläger reden“, griff ich den Köder auf, den Milo geworfen hatte. „Es gibt da einige Möglichkeiten. Kronzeugenregelung, Zeugenschutzprogramm, Strafmilderung, Hafterleichterung und, und, und ...“

Er kämpfte mit sich. Das war deutlich von seiner Stirn abzulesen. Adriano Giotti hatte die Beine angezogen und die Arme aus der Verschränkung gelöst. Er wirkte angespannt und unschlüssig. Er kaute auf seiner Unterlippe herum. Schließlich überwand er sich und fragte lauernd: „Kann ich das für mich auch in Anspruch nehmen?“

„Natürlich“, erklärte ich im Brustton der Überzeugung. „Schließlich hilft du der Polizei, eine Mafia-Familie zu zerschlagen und einige Verbrecher hinter Schloss und Riegel zu bringen. Da lässt jeder Staatsanwalt mit sich reden.“

„Okay“, nickte er nach einigem Zögern, das deutlich werden ließ, dass er nach wie vor einen heftigen, innerlichen Kampf ausfocht. „Aber ich will in ein anderes Gefängnis verlegt werden. Unter einem anderen Namen. Ich will weder hier noch in Rikers Island mit einem Schraubenzieher erstochen oder erhängt in meiner Zelle aufgefunden werden.“

„Wir werden sehen, was sich machen lässt“, versprach Milo, und ich merkte ihm deutlich an, dass sich sein Blutdruck wieder normalisierte.

„Das reicht mir nicht“, brach es über Giottis Lippen. „Entweder ich kriege eine feste Zusage, oder ihr könnt mich mal.“

„Ich rufe einen Staatsanwalt her“, sagte Milo und der Grimm, der sich nach Giottis letzten Worten bei ihm wieder einstellte, belegte seine Stimmbänder und ließ seine Stimme etwas rau klingen. „Du weißt doch hoffentlich, dass du uns eine Menge Zeit stiehlst“, fuhr er Giotti an.

„Bei mir geht es um mehr als um eine halbe oder ganze Stunde“, schnappte Giotti.

Milo verschwand nach draußen.

Giotti fing an, mit den Fingerkuppen auf der Tischplatte zu trommeln. Die Schreibkraft saß regungslos vor ihrer Tastatur und beobachtete durch dicke Brillengläser abwechselnd mich und den Gangster.

Fünf Minuten später kehrte Milo zurück, eine halbe Stunde danach kreuzte ein Staatsanwalt auf. Er hörte sich an, was Giotti forderte, hörte sich an, was wir dazu an Stellungnahmen abgaben, und nickte schließlich. „Sie kriegen Straffreiheit und eine neue Identität, Giotti“, sagte er. „Vorausgesetzt, Sie legen ein umfangreiches Geständnis ab und haben sich keines Kapitalverbrechens wie des Mordes schuldig gemacht.“

„Mord ist nicht mein Ding, Mister“, erklärte Giotti. „Dafür beschäftigt Moretti seine Hitmänner.“

„Dann legen Sie mal los, Giotti“, forderte der Staatsanwalt.

Nun bekam das alternde Girl vor dem PC Arbeit.

Als Giotti fertig, seine Aussage in vierfacher Ausfertigung ausgedruckt und unterschrieben war, wussten wir, dass die drei Mexikanerinnen nach Chinatown zu Chu han Singh verschoben worden waren und der Chinese für jedes der Girls 10000 Dollar auf den Tisch geblättert hatte.

Von dem Kanton-Chinesen hatten wir schon gehört. Es wurde gemunkelt, dass er Boss einer Triade war, die in Chinatown das Geschäft mit dem Rauschgift in Händen hielt.

Chu han Singh betrieb ein Speiselokal in der Mott Street. Von Giotti hatten wir erfahren, dass er auch einige Nachtclubs sein Eigen nannte, die allerdings von Strohmännern geführt wurden. Und in diesen Nachtclubs wurde nicht nur Rauschgift umgesetzt, in ihnen wurde auch der Prostitution nachgegangen – der legalen und der illegalen.

Uns hatte sich ein Abgrund des Verbrechens aufgetan, ein Sumpf von Niedertracht, Verworfenheit und Skrupellosigkeit.

Adriano Giotti wurde abgeführt. Er hatte das Versprechen des Staatsanwalts, noch heute in ein anderes Gefängnis verlegt zu werden.

Ehe er den Vernehmungsraum verließ, wandte er sich noch einmal um und rief: „Heh, Tucker, ich bin im Übrigen die Tunte. Zufrieden?“

„Kaum zu glauben“, versetzte Milo trocken. „Scheinbar fehlt mit dafür der richtige Blick.“

Milo und ich verließen das Gefängnis mit drei Ausfertigungen des Protokolls über die Aussagen Giottis. Grenzenloser Triumph erfüllte mich, eine Genugtuung, die mich bis in die letzte Faser meines Körpers erfasste. Ich glaube, mein Gesicht glänzte vor Zufriedenheit.

Milo erging es nicht anders. „An welcher Aktion beteiligen wir uns?“, fragte er mich euphorisch. „In Little Italy oder in Chinatown? Am liebsten wäre ich bei beiden dabei – aber ich kann mich leider nicht zweiteilen.“

„Geh du mit nach Little Italy, Partner“, erwiderte ich, „ich gehe mit den Kollegen nach Chinatown. Und hinterher tauschen wir uns aus. Bei ‘nem Bier und ‘ner Pizza. Was meinst du?“

Natürlich war uns klar, dass wir die beiden Gangs nur mit Hilfe der Kollegen vom FBI und dem Police Departement hochnehmen konnten. Es als Duo Tucker & Trevellian durchzuziehen wäre selbstmörderisch gewesen. Vermessen waren Milo und ich jedoch nicht. Wir kannten unsere Grenzen.

Milo wiegte den Kopf. „Lassen wir es den Chef entscheiden, Partner“, meinte er dann. „Ich schätze mal, er wird uns mit dem, was wir ihm heute kredenzen, für einen Verdienstorden vorschlagen.“

Milo grinste mich an.

„Wärst du tatsächlich scharf auf so ein Ding?“, fragte ich ungläubig.

„Nein“, sagte Milo, und es klang überzeugend.

Hätte mich auch gewundert!

Nur der Killer kennt den Trick: 3 Strand Krimis

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