Читать книгу Nur der Killer kennt den Trick: 3 Strand Krimis - Pete Hackett - Страница 19
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Juan Montamerre telefonierte mit Pablo Santez in Mexiko City. „Baldwin ist also bei euch untergeschlüpft. Dieser dreckige Hurensohn hat sich einfach abgesetzt. Er hätte mich wenigstens warnen können. Ich saß einige Tage hinter Gittern und musste tagtäglich endlose Verhöre über mich ergehen lassen.“
„Wurden Belushi und Carlone auch verhaftet?“, fragte Santez.
„Nein. Ich habe die beiden schon angerufen. Sie haben den Schuppen nicht verlassen. Zwei der Girls schicken wir in den nächsten Tagen nach Dallas, die anderen beiden gehen nach San Francisco auf die Reise. In New York müssen wir uns, nachdem Fletcher ziemlich unsanft aus dem Verkehr gezogen wurde, erst wieder nach einem Abnehmer umsehen.“
„Wird man in Galveston ein Verfahren gegen dich eröffnen?“, fragte Pablo Santez. „Musstest du eine Kaution zahlen, um auf freien Fuß zu kommen?“
„Warum interessiert dich das?“
„Wenn es so ist, dann musst du höllisch aufpassen. Dann ist es nämlich ziemlich wahrscheinlich, dass du beschattet wirst, dass man dich als Köder benutzt.“
Montamerre lachte fast belustigt auf. „Dios nos libre – Gott behüte“, rief er in die Sprechmuschel, „ich bin ein freier Mann. Sie haben mich laufen lassen, weil nichts – aber auch gar nichts – gegen mich vorliegt, außer der Tatsache, dass ich an Baldwins Wohnungstür klingelte.“
„Okay, schickt die Señoritas auf den Weg. Wir werden euch für einige Zeit keinen Nachschub liefern. Ich traue der Sache nicht so recht. Möglicherweise beschattet man dich trotzdem, Amigo, und es wäre nicht gut für uns alle, wenn ihr auch noch auffliegt. Wir müssen sowieso verdammt vorsichtig sein. Das FBI in New York hat uns die Polizei auf den Hals gehetzt. Sie haben sich in der Agentur umgesehen. Jedoch nur halbherzig. Gefunden haben sie natürlich nichts. Dennoch ...“
„Den dreckigen Schnüfflern in New York habe auch ich meine vorübergehende Festnahme zu verdanken“, fauchte Montamerre. „Aber die Bullen hier in Galveston haben weder in Baldwins Wohnung verräterisches Material gefunden, noch habe ich den Mund aufgemacht. – Bueno, Pablo. Ich mache jetzt Schluss. Bestelle Baldwin von mir, dass ich ihm sämtliche Knochen breche, sollte er mir je in die Hände geraten. Ich bin müde. Der Knast strengt an. Ich schlafe jetzt ein paar Stunden, und dann fahre ich hinaus zum Hafen, um dort nach dem Rechten zu sehen.“
„Adios, Amigo. Wir hören wieder voneinander.“
Juan Montamerre legte sich aufs Ohr.
Als er die Augen wieder öffnete, war es finster. Er erhob sich, strich sich mit den Händen die Haare nach hinten und machte Licht.
*
Wir hatten die ganze Zeit über unten in dem Golf ausgeharrt. Uns schliefen schon die Gesichtszüge ein vor Langeweile. Als das Licht hinter einem der Fenster, das ich nach Milos Beschreibung der Wohnung Montamerres zuordnete, anging, stieß ich Milo an, der mit geschlossenen Augen auf dem Beifahrersitz lümmelte. Solange ich sie offen hatte, konnte er sich das mit ruhigem Gewissen leisten.
„Es tut sich möglicherweise was“, stieß ich hervor.
Milo schlug die Augen auf, blinzelte und zog die Beine an. Er zog den Kopf etwas ein und beugte seinen Oberkörper zur Seite, um besser durch die Windschutzscheibe schräg nach oben blicken zu können. „Meinst du das Licht, das jetzt in seiner Wohnung brennt?“, fragte Milo nicht gerade euphorisch. „Kann es nicht sein, dass ihn ein menschliches Bedürfnis veranlasst hat, es anzumachen, damit er im Finstern nicht gegen den Türstock rennt?“
„Das ist natürlich nicht auszuschließen“, gab ich mich geschlagen.
Die Warterei sägte an unseren Nerven. Vielleicht hätten wir doch die Kollegen von der Polizei in Galveston in die Observierung des Mexikaners einbeziehen sollen.
Eine Viertelstunde verging, die Minuten reihten sich in zäher Langsamkeit aneinander. Zwanzig Minuten waren verstrichen ...
Da fuhr vor dem Gebäude, in dem die Wohnung Montamerres lag, ein Taxi vor.
Schlagartig wurde ich aus meiner Versunkenheit gerissen. Wieder stieß ich Milo an. „Schon gesehen“, knurrte er. Auch er war hellwach. „Scheint sich wirklich was zu tun.“
Zwei Minuten später stieg Juan Montamerre in das Taxi. Es fuhr ein Stück weiter, bog in eine Seitenstraße ab, die Rücklichter verschwanden. Ich beeilte mich, hinterherzukommen. „Schreib dir die Zulassungsnummer auf“, sagte ich zu Milo. „Falls wir den Anschluss verlieren, können wir morgen feststellen, wohin das Taxi den Gangster gefahren hat.“
Dass Montamerre ein Gangster war, dass er mit dem Mädchenhandel zu tun hatte, davon war ich felsenfest überzeugt.
Milo holte ein Notizbuch und einen Kugelschreiber aus der Jackentasche.
Die Rücklichter des Taxis waren etwa 50 Meter vor mir. Eine Ampel stand auf rot, ich schloss auf. Im Rückspiegel konnte uns nur der Cab-Driver sehen. Aber selbst wenn Montamerre sich umdrehte und durch das Heckfenster schaute – er kannte uns nicht. Dass wir Agenten waren, stand uns nicht in die Gesichter geschrieben. Und dass Montamerre an Verfolgungswahn litt, nahm ich nicht an.
Es ging weiter. Ich ließ den Golf wieder etwas zurückfallen. Ein Wagen mit vier jungen Leuten überholte mich und schob sich zwischen uns und das Taxi. Das konnte mir nur recht sein. Der Verkehr in Galveston war – verglichen mit dem in der Tretmühle New York –, harmlos. Nach einiger Zeit wusste ich, dass das Ziel Montamerres der Hafen war. Die Arme vieler Kräne, die über den Hausdächern vor der Kulisse des Nachthimmels zu sehen waren und die Scheinwerfer, die am höchsten Punkt der Kräne angebracht waren, verrieten es.
Das Taxi fuhr an den Straßenrand. Montamerre stieg aus. Das Taxi entfernte sich. Ich fuhr ein Stück weiter, um uns nicht verdächtig zu machen, bog in eine schmale Straße ein, stellte den Golf ab, machte die Scheinwerfer aus – und sah ihm Rückspiegel Montamerre, der an der Mündung der Seitenstraße vorbeimarschierte.
Ich griff nach Milos Arm und bannte meinen Partner auf seinen Platz. Mit dem Daumen meiner Linken wies ich über die Schulter.
Milo verstand.
Wir warteten, bis Montamerre vorüber und hinter der Hausecke verschwunden war. Dann stiegen wir aus. Wir drückten die Autotüren so leise wie möglich zu, dann liefen wir vor zur Hauptstraße.
Der Mexikaner war etwa 30 Meter weiter. Wir warteten. Ihm jetzt zu folgen wäre eine glatte Herausforderung gewesen.
Milo hatte eine Idee. Er murmelte zwischen den Zähnen: „Folge du ihm. Ich suche mir einen anderen Weg zum Hafen. Irgendwo wird er ja dort zum Vorschein kommen. Wir halten, wenn nötig, per Handy Kontakt miteinander.“
Ich nickte.
Milo zog sich in die schmale Straße zurück, in der ich den Golf abgestellt hatte, und begann zu traben. Als ich einmal über die Schulter schaute, sah ich ihn in einer etwa 50 Meter entfernten Querstraße verschwinden, die parallel zu der Straße verlief, in der sich Montamerre bewegte.
Montamerre stiefelte immer schnurstracks geradeaus. Er blickte sich kein einziges Mal um. Ich wagte mich hinter der Ecke hervor und folgte ihm eng an den Häuserwänden. Dort, wo die Straße endete und das Hafengelände begann, blieb der Mexikaner kurz im Lichtkreis einer Straßenlaterne stehen. Ich drückte meinen Body in eine Haustürnische und lugte in Montamerres Richtung.
Der Mexikaner drehte sich halb um und blickte in meine Richtung. Hatte er vielleicht doch etwas bemerkt? Hatte ihn der Cab-Driver auf uns aufmerksam gemacht? Oder war es nur ganz einfach das ständige Misstrauen, dass den meisten Gesetzesbrechern zur zweiten Natur geworden war? Schließlich wandte er sich nach links und beschleunigte seine Schritte.
Ich huschte auf dem Gehsteig entlang, überquerte, ehe ich die Straßenlaterne erreichte, die Straße und schaute um die Ecke in die Richtung, in die Montamerre stapfte. Er schritt zwischen Hafengelände und der Reihe von Wohn- und Geschäftshäusern dahin. Autos parkten am Straßenrand. Hin und wieder rollte ein Pkw vorüber. Etwa hundert Meter weiter sah ich die Leuchtschrift einer Bar. Es waren Lauflichter in allen Regenbogenfarben, die nacheinander aufblinkten. Der Laden hatte den Namen „La Juerga“, was von Vergnügen und Saufen und sich eine schöne Zeit machen abgeleitet war. Ein vielsagender Name. Ich vermutete dahinter eine üble Hafenkaschemme.
Von Milo war nichts zu sehen.
Juan Montamerre verschwand im „La Juerga“. Für kurze Zeit, als er die Tür geöffnet hatte, konnte ich den Lärm hören, der aus der Kneipe sickerte, dann fiel die Tür hinter dem Mexikaner zu und der Lärm versank wieder.
Ich hielt nach Milo Ausschau.
Da dudelte mein Handy. Ich ging auf Empfang und hörte Milos Stimme: „Er ist in den Schuppen gegangen. Schlimmstenfalls haben wir ihn auf dem Weg zu seiner Stammkneipe verfolgt. – Gehen wir hinein?“
„Warten wir erst ein wenig“, erwiderte ich.
„All right“, kam es von Milo.
Wenig später tauchte er auf. Seine Gestalt löste sich aus dem Schlagschatten zwischen zwei Lagerhallen auf der anderen Seite der Straße, die zum Hafengelände gehörten.
Als fünf Minuten verstrichen waren, entschlossen wir uns, die Bar zu betreten.