Читать книгу Nur der Killer kennt den Trick: 3 Strand Krimis - Pete Hackett - Страница 18
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Sergio Moretti war auf Nummer Sicher. In New York hatten wir, was den Mädchenhandel aus Mexiko City anbetraf, für klare Verhältnisse gesorgt.
Wir hatten Patrick Fletcher, den Endabnehmer, aus dem Verkehr gezogen. Sein Betrieb war geschlossen.
In diesem Fahrwasser hatten wir – und das war im Endeffekt nur der Habgier Carl Snyders zu verdanken –, zwei Syndikate in Little Italy und Chinatown zerschlagen.
Die Mädchen, die unter Drogeneinfluss zur Prostitution gezwungen worden waren, befanden sich in ärztlicher Behandlung. Sie waren auf dem Altar von Habgier und Skrupellosigkeit geopfert worden und mussten mit keiner Bestrafung rechnen.
Aber es gab noch ein paar Gangster, und die würden nicht ruhen. Sie würden neue Girls mit überzogenen Versprechungen anwerben und andere Abnehmer finden. Das Verbrechen ruhte nicht, das Böse war allgegenwärtig und brodelte unter der Oberfläche.
Wir flogen nach Houston und wurden von einem zivilen Angestellten des Police Departements nach Galveston chauffiert. Die Stadt liegt auf einer Insel im Golf von Mexiko, die durch einen Damm mit dem Festland verbunden ist. Zimmer waren im Hotel „Beachcomber Inn“ für uns reserviert. Von unseren Zimmerfenstern aus hatten wir freien Ausblick auf den Golf.
Bei der City Police waren wir angekündigt. Ein Lieutenant namens Ben Holbright war der Mann, der die Ermittlungen in Sachen Juan Montamerre betrieb.
Wir waren am Abend in Galveston angekommen. Die Nacht hatten wir im Hotel verbracht. Und jetzt war es 9 Uhr und wir saßen dem Lieutenant in seinem Büro gegenüber.
Er erzählte uns, dass in den vergangenen sechs Monaten zwei junge Mexikanerinnen tot aus dem Golf geborgen worden waren. Bevor sie ins Meer geworfen wurden, hatte man sie erwürgt. Ihre Mörder konnten nicht gestellt werden. Man wusste nicht mal, wie die Mädchen hießen und woher sie kamen.
Der Gedanke an die armen Geschöpfe, die wohl die Absicht ihrer „Betreuer“ durchschauten und sich widersetzten, versetzte mir tief in der Brust einen Stich.
Wir blätterten die Ermittlungsakte durch. Abgesehen von dem Bild, das Juan Montamerres Gesicht aus verschiedenen Perspektiven zeigte, ergab sich für uns nichts besonders Wertvolles aus dem Material.
Ich machte Ben Holbright gegenüber kein Geheimnis draus. Aber das wusste er selbst.
Bei dem Lieutenant handelte es sich um einen Mann, der mir auf Anhieb sympathisch war. Er hatte einen offenen, ehrlichen Blick und sprach, wie ihm der Schnabel gewachsen war. Ein echter Texaner. Sein Slang war breit und gedehnt.
„Juan Montamerre ist ein Stockfisch“, grollte sein Organ. „Dem könnte wohl nicht mal die Folter ein Wort entlocken. Er hat sich zwar anfangs in einige Widersprüche verwickelt, jetzt aber behauptet er nur noch steif und fest, dass er ein alter Bekannter Baldwins sei und ihn besuchen wollte. Sein Anwalt bläst natürlich in das gleiche Horn. Es ist nur eine Frage von Stunden, bis wir ihn laufen lassen müssen. Die Haftbeschwerde liegt beim Richter. Wir haben den ehrenwerten Mann bekniet, dass er die Entscheidung hinauszögert, und es ist uns auch für einige Tage gelungen, aber heute oder morgen wird er wohl entscheiden. Und Montamerre wird sich ins Fäustchen lachen.“
„Warum sollten wir seine Freilassung nicht ausnutzen“, meinte ich. „Zunächst hatten wir zwar vor, den Burschen unter unsere Fittiche zu nehmen. Aber nun denke ich, ist es wohl besser, wenn er uns nicht kennenlernt. Wir werden den Knaben nicht mehr aus den Augen lassen. Vielleicht führt er uns zu einer Adresse, die für uns von Wert ist. Sicherlich haben Baldwin und er die Sache mit den Girls nicht alleine durchgezogen. Sie müssen Helfershelfer hier in Galveston gehabt haben.“
Ben Holbright starrte mich sekundenlang verdutzt an, und plötzlich schien ihm ein Licht – nein, ein ganzer Kronleuchter aufzugehen. Ich erkannte es am Aufblitzen in seinen rauchgrauen Augen.
„Yeah“, murmelte er. „Montamerre ist als freier Mann für uns wertvoller als hinter Gittern. Wir benutzen ihn als Köder. Und wenn der Plan funktioniert, schaufelt er sich sein eigenes und das Grab seiner Komplizen.“
Milo mischte sich ein. „Und in diese Gräber betten wir sie, wenn der Plan zum Erfolg führt. Bildlich natürlich. Wir werden zur Stelle sein, wenn Montamerre das Untersuchungsgefängnis verlässt. Und dann heften wir uns auf seine Fährte wie Schweißhunde.“
Milo schaute mich an. „Wir sollten uns einen Mietwagen nehmen, Partner“, schlug er vor.
Ich nickte. „Sie informieren uns, wenn es soweit ist, Kollege“, wandte ich mich an Holbright. „Wir beschaffen uns ein Leihauto und orientieren uns etwas in der Stadt. Wo liegt das Gefängnis, in dem Montamerre einsitzt.“
Er nannte uns die Adresse und erklärte uns anhand eines Stadtplans, wie wir dorthin gelangten. Ich fragte ihn, ob er uns den Plan zur Verfügung stellen könnte. Er faltete ihn zusammen und reichte ihn mir. Ich schob die Karte ein.
Ich hinterließ dem Lieutenant meine und Milos Handynummer, er gab mir die Nummer seines Apparates, dann verabschiedeten wir uns. Er versicherte noch, dass er in seinem Office zu erreichen wäre. „Dieser Montamerre hat mich in den vergangenen Tagen viel zu viele Nerven gekostet, als dass ich mich zu Hause ins Bett legen und schlafen könnte, während ihr ihn vielleicht auf frischer Tat ertappt“, begründete er seinen Entschluss.
Eine Stunde später saß ich hinter dem Steuer eines unauffälligen Golfs. Ein Vierer-Golf der GTI-Klasse, dem man auch Stoff geben konnte. Milo hatte es sich auf dem Beifahrersitz bequem gemacht.
Wir aßen in einem gepflegten Restaurant zu Mittag, dann rief ich bei Holbright an.
Der Richter hatte noch nicht entschieden. Holbright sagte mir zu, sich zu erkundigen, wie weit Ehrwürden in seiner Entscheidungsfindung gekommen war.
Zwanzig Minuten später dudelte mein Mobiltelefon. Es war Holbright. „Okay, G-man“, knurrte er. „Ich habe den Richter ein wenig geimpft, und auch er denkt, dass die Idee, Montamerre freizulassen und ihn zu beschatten, gut ist. Er segnet noch in dieser Stunde die Freilassung Montamerres ab. Man wird den Anwalt des Mexikaners verständigen, und der holt ihn sicher vom U-Gefängnis ab.“
„Gut. Dann werden wir uns mal vor die Pforte des Gefängnisses begeben“, erklärte ich. „Wir halten Sie auf dem Laufenden, Holbright.“
„Darum will ich auch gebeten haben“, erwiderte er mit grimmigem Humor.
Ich steuerte den Golf zur Justizvollzugsanstalt und parkte an einer Stelle, von der aus wir das Tor beobachten und ich gegebenenfalls den Golf schnell wenden konnte, falls Montamerre in die Richtung weggefahren werden sollte, in die das Heck des Golfs schaute.
Nach einer Stunde etwa erschien ein Ford der absolut gehobenen Klasse. Er rollte auf den Parkplatz vor dem Gefängnis. Ein Mann kämpfte sich hinter dem Steuerrad hervor und aus dem Wagen. Er war nicht mal mittelgroß und fast so breit wie hoch, glatzköpfig und besaß das Gesicht einer ewig schlecht gelaunten Bulldogge. Er trug einen Aktenkoffer. Auf kurzen Beinen strebte er dem Gefängnistor zu. Er läutete, sagte etwas in die Gegensprechanlage. Die Tür, die in das Tor eingelassen war, wurde per Summer geöffnet, der kleine Dicke verschwand, die Tür ging wie von Geisterhand gesteuert wieder zu.
Milo konnte sich einen Kommentar nicht verkneifen. Er knurrte: „Für ein solches Gesicht braucht man gewiss ‘nen Waffenschein. Wenn der damit vor Gericht auftritt, schüchtert er Richter und Geschworene ein.“
Milo war wie auch ich davon überzeugt, dass der Anwalt Montamerres angekommen war, um seinen Mandanten zu übernehmen.
Es dauerte noch einmal fast eine halbe Stunde, dann kam der abgebrochene Riese zurück. An seinem Gesichtsausdruck hatte sich nichts geändert. Hätte ich von seinem Gesichtsausdruck auf sein Gemüt schließen müssen, würde ich sagen, er hatte das Gemüt eines Fleischerhundes. In seiner Begleitung befand sich Juan Montamerre. Die beiden gingen zu dem Ford, stiegen ein und fuhren weg.
Ich brauchte nicht zu wenden. Sie fuhren in die Richtung, in die auch die Nase des Golf zeigte. In sicherem Abstand folgte ich.
Es ging kreuz und quer durch die Stadt. Irgendwann sah ich ein Straßenschild. Wir befanden uns in der Avenue B.
In der 19th Straße fuhr der Ford rechts ran und hielt. Die beiden Insassen unterhielten sich noch kurz miteinander, dann stieg Montamerre aus. Er schlug die Tür zu. Der Ford fuhr wieder an und fädelte sich in den Verkehrsfluss ein. Der Anwalt interessierte uns jedoch nicht.
Montamerre verschwand in einem zweistöckigen Haus.
Ich suchte eine Parkmöglichkeit und fand sie. Milo stieg aus. Er marschierte ein Stück den Gehsteig entlang, bis er sich dem Wohngebäude genau gegenüber befand, dann vollführte er einen Slalom über die Fahrbahn zwischen den langsam rollenden Fahrzeugen und erreichte die andere Seite.
Er betrat das Gebäude.
Schon fünf Minuten später kehrte mein Partner zurück. Er warf sich auf den Beifahrersitz. „Der Name des Hombre ist in der ersten Etage an einer Tür zu lesen“, erklärte Milo. „Erste kriminalistische Erkenntnisse lassen den Schluss zu, dass es sich um seine Wohnung handelt.“
Der Humor Milos war also nicht auf der Strecke geblieben.
„Für einen scharfsinnigen Kriminalisten ein absolut unumgänglicher Schluss“, ging ich auf seinen Ton ein.
Wir grinsten uns an. Milo fuhr fort: „Ich hörte ihn sprechen. Und da ich immer nur ein und dasselbe Gemurmel vernahm, schließe ich auf einen Monolog des Guten, oder ...“
„ ... einen telefonischen Dialog“, vollendete ich.
„Yeah. Und zweiteres erscheint mir sehr viel wahrscheinlicher als die Vermutung, dass sich der Knabe in einem Selbstgespräch erging.“
„Also hüllen wir uns in Geduld.“
Sie sollte auf eine harte Probe gestellt werden.