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(a) Verbraucherschaden als Tatbestandsmerkmal

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Nach einer klaren programmatischen Aussage, die den Empfehlungen der EAGCP oder dem oben wiedergegebenen Statement von Neelie Kroes entsprechen würde, sucht man in den Kommissionsleitlinien vergeblich. Immerhin finden sich in den Fusionsleitlinien 2004 Ausführungen zu möglichen Effizienzgewinnen bzw. -nachteilen, die bei der Beurteilung von horizontalen Unternehmenszusammenschlüssen berücksichtigt werden sollen. Die Grundlage dafür ist die Neuformulierung des in Art. 2 Abs. 2 und 3 der FKVO 139/2004[123] verwendeten Kontrollmaßstabs („erhebliche Behinderung des Wettbewerbs, insbesondere durch Begründung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung“) sowie der darauf bezogene Erwägungsgrund 29 der Verordnung („Berücksichtigung begründeter und wahrscheinlicher Effizienzvorteile“). In den Fusionsleitlinien 2004 heißt es dementsprechend unter anderem, dass die Kommission bei ihrer Gesamtbewertung eines Zusammenschlusses alle nachgewiesenen Effizienzvorteile berücksichtige.[124] Die Effizienzvorteile müssten allerdings den Verbrauchern zugutekommen[125] bzw. sie würden daran gemessen, dass die Verbraucher durch den Zusammenschluss nicht benachteiligt werden.[126] Hier wird also in der Tat der prognostizierte Verbrauchernachteil zum Tatbestandsmerkmal des Art. 2 Abs. 2 und 2 FKVO erhoben, wenn auch nur im Gewand einer „Effizienzeinrede“. Von einer verallgemeinerungsfähigen programmatischen Aussage im Sinne eines für das gesamte Wettbewerbsrecht der EU maßgeblichen Kriteriums des Verbraucherschadens sind die Fusionsleitlinien 2004 aber weit entfernt. Eine allgemein verständliche Darlegung, dass die Kommission unter dem „stärker wirtschaftlichen Ansatz“ die generelle Ausrichtung des Wettbewerbsrechts an der Konsumentenwohlfahrt versteht, sähe anders aus.

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Entsprechendes gilt auch für die Missbrauchsleitlinien 2009,[127] in denen die Kommission zwar betont, sie werde sich bei der Anwendung von Artikel 82 EG [jetzt: Art. 102 AEUV] auf Behinderungsmissbräuche von Unternehmen in marktbeherrschender Stellung auf diejenigen missbräuchlichen Verhaltensweisen konzentrieren, die den Verbrauchern am meisten schaden. Die Kommission weist jedoch sogleich darauf hin, sie werde bei der Durchsetzung des Wettbewerbsrechts darauf achten, dass die Märkte reibungslos funktionieren und die Verbraucher von der Effizienz und Produktivität profitieren, die ein wirksamer Wettbewerb zwischen Unternehmen hervorbringt.[128] Der zunächst hervorgerufene Eindruck, ein Behinderungsmissbrauch hinge vom Nachweis eines Verbraucherschadens ab, wird also dadurch wieder korrigiert, dass die Verbrauchervorteile letztlich dann doch zutreffend dem „wirksamen Wettbewerb“ zugeschrieben werden, dessen Funktionsfähigkeit die Kommission zu gewährleisten beabsichtigt.

Europäisches Marktöffnungs- und Wettbewerbsrecht

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