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ZEITEN DER RUHE, ZEITEN DES STURMS

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Alles bisher Geschilderte wäre vielleicht, so gesehen, nur ein Blick zurück, eine traumartige Schlaufe der Gedanken, wie sie Fritz Rotter 1932, zurückgelehnt, gleichsam bei angehaltenem Atem, durch den Kopf gegangen sein könnten, während sein kleingewachsener Friseur, das Faktotum Archibald, ihn am späteren Morgen in der Villa in Grunewald – etwa nach einer langen Probenacht mit Fritzi Massary für Eine Frau, die weiß, was sie will – mit scharfem Messer nass rasiert …

Wer Haare schneiden und mit der langen Klinge rasieren kann, versteht sich auf Psychologie, reagiert auf den feinsten Wink. Archibald, der diskret bleibt, weiß mit Sicherheit mehr als die Presse, kennt auch die Gespräche der beiden Brüder untereinander – das „Man würde ja gern, man könnte auch, wenn man nicht müsste, sondern dürfte“ –, je nachdem, in welcher Stimmung Menschen gern oder ungern einen ereignisreichen neuen Tag beginnen.

Wenn hingegen Uraufführungen bevorstehen, geht der Blick in den Rasierspiegel und nicht selten in die eigene Vergangenheit. Und möglicherweise wird der belesene Fritz Rotter bei Archibald dann und wann auch an die Bemerkung eines „Buckligen“ im Roman Modeste Mignon von Honoré de Balzac gedacht haben: „Ach, was Sie für meinen Buckel halten, ist das Futteral meiner Flügel.“80

In solchen stillen Momenten im Haus hält Gertrud Rotter, wie zu vermuten ist, in ihrem Tagebuch die laufende Chronik fest. Nur zwei Einträge sind überhaupt erhalten. Am Sonntag, 24. April 1932, schreibt sie über eine Nachmittagsprobe mit ihrem Mann: „[…] Alfred alles geändert. 5 Uhr zuhause. Tauber mitgegangen. […]. Tauber dabei bis 7 Uhr.“ Und zum Ablauf des Montags, 9. Mai 1932, notiert sie: „Zu Tisch allein. Zum Café Dénes, Barsony, Bernhardy und verschiedene Leute zum Vorsingen. Ab 6 Uhr [18 Uhr] Lessing-Theater Generalprobe, klappte noch gar nicht. Bis [0]3 Uhr geprobt. Zu Hause noch viel geredet bis [0]4 Uhr.“81

Fritz und Alfred Rotter

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