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Wie sich Gefühle äußern und was sie uns sagen wollen

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Angenehme Gefühle sind gute Botschaften. Weil sie uns gefallen, stören sie uns nicht. Im Gegenteil, sie sagen uns: Wie es ist, ist es in Ordnung. Du bist in Ordnung, die Menschen in deiner Umgebung sind es ebenfalls, genauso wie deine derzeitigen Lebensumstände, deine Arbeit und alles andere. Wir müssen in diesem Moment keine Kraft aufwenden, um die Dinge zu ändern. Wir können uns frei entfalten und unsere Fähigkeiten ausbauen, können eigene Erfahrungen sammeln und dürfen dabei sogar Fehler machen und aus ihnen lernen – ohne Druck. Auf dieser emotionalen Basis können wir gleichsam ein Gespür dafür entwickeln, ob die Angebote anderer Menschen wirklich uneigennützig sind und uns guttun. Wir lernen wahrzunehmen, wie sich ein gesunder Lebensfluss und innere Harmonie anfühlen.

Widrige Lebensumstände hingegen erkennen wir daran, dass sie unangenehme Gefühle in uns auslösen. Ein Tag, an dem wir nur »schwierige« Gefühle haben, erscheint uns im Nachhinein als sinnlos, als verlorener Tag. Die Arbeit geht uns in solchen Stunden viel schwerer von der Hand. Wir empfinden keine Freude mehr an ihr und letztlich schaffen wir auch wenig – manchmal sogar, so scheint es uns dann jedenfalls, gar nichts.

Welche konkreten Ursachen dafür verantwortlich sind, wissen wir oft nicht. Mitunter fällt es uns sogar schwer, überhaupt einen Grund dafür dingfest zu machen, warum wir uns gerade so mies fühlen. Vielleicht waren wir unausgeschlafen und noch erschöpft vom Vortag? Irgendwie glauben wir dann zu »wissen«, dass die anstehenden Aufgaben zu groß für uns sind und uns deshalb überfordern werden. Möglicherweise aber ist auch unser Umfeld, sind die aktuellen Bedingungen dafür gerade alles andere als günstig. Oder es mangelt »nur« an der nötigen Unterstützung. Wir spüren das, und es macht uns mehr als nur »unlustig«.

Diese Ungenauigkeit zeigt: Wir verstehen ein unangenehmes Gefühl nicht sofort. Es dauert eine gewisse Zeit, bis seine Botschaft zu uns durchdringt. Deshalb ist dieses Gefühl »gezwungen«, immer wieder aufs Neue aufzutauchen, jedes Mal länger zu bleiben und mit wachsendem Nachdruck dafür zu sorgen, dass wir uns irgendwann so unbehaglich fühlen, dass wir »endlich« reagieren. Manche Menschen spüren diese unwillkommene Handlungsaufforderung zuerst im Magen, vielleicht als ein Brennen oder als allgemeinen Druck, andere spüren eine mehr oder weniger stark schmerzende Beklemmung in der Herzgegend –mitunter als plötzliches Stechen oder ungewohnt stark spürbares Klopfen. Auch wenn wir ihre Botschaft nicht gleich erkennen, sagen uns schwierige Gefühle damit: So, wie es ist, sollte es nicht bleiben. Etwas muss anders werden.

»Schwierige Gefühle verschwinden nicht einfach,

sondern bleiben, damit wir sie verstehen.«

Die Botschaft, die ein unangenehmes Gefühl an uns richtet, bleibt zunächst einmal in uns verschlossen, auch wenn wir sie vor unseren Mitmenschen meist nur schlecht verbergen können. Doch es geht allein um uns, wir sollen verstehen: Zuallererst bist du die- oder derjenige, die/der etwas ändern muss, und vielleicht musst du dich sogar selbst ändern.

Nicht selten bringt uns das in eine Art Zwickmühle: Wir wissen, dass wir unbedingt etwas unternehmen müssen, um die schwierigen Gefühle loszuwerden. Doch gleichzeitig sind es eben genau diese Gefühle, die uns die Energie rauben, die wir für ein entschiedenes Handeln so dringend brauchen. Das Ergebnis ist häufig eine Patt-Situation: Beide Beweggründe ziehen in unterschiedliche Richtungen, während wir mittendrin genau dort verharren, wo wir schon die ganze Zeit stehen.

Wenn solch eine Pattsituation längere Zeit anhält, laufen wir Gefahr, dass alles noch schlimmer wird. Letztendlich können wir an dieser misslichen Lage sogar richtig krank werden – seelisch, aber auch körperlich.

Diese unerfreuliche Tatsache könnte uns verständlicherweise dazu verleiten, anzunehmen, unangenehme Gefühle seien »von sich aus« schlecht und schädlich. Das Gegenteil aber ist der Fall: Sie sind immer nützlich. Mehr noch: Sie sind tatsächlich unersetzlich! Und je unangenehmer sie für uns sind, desto eher sind wir bereit zu reagieren. Genau darin liegt ihre »Absicht«, ihre Funktion im biologischen Sinne. Es ist an uns, diese Aufgabe und die Botschaft zu verstehen und – möglichst ohne Verzug – auf sie zu hören. Wir dürfen uns nur nicht darüber erschrecken und davon entmutigen lassen, dass schwierige Gefühle immer einen eigenen Kampf führen und versuchen, den Sachverhalt, der sie ausgelöst hat, festzuhalten, anstatt ihn gehen zu lassen.

Gesundheit ist auch Gefühlssache

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