Читать книгу Gesünder länger leben - Prof. Dr. Jürgen Ennker - Страница 17
Individuelle Vorstellungen von Lebensqualität
ОглавлениеDie Meinung darüber, was Lebensqualität und damit Gesundheit bedeutet, kann jedoch von Mensch zu Mensch stark von dem abweichen, was Forscher nach jahrzehntelanger Wissenschaft für besonders gesund halten. Jeder kennt einen Stubenhocker, der glücklich und zufrieden ist, wenn er daheim auf dem Sofa sitzt, statt – wie es für seine Gesundheit besser wäre – regelmäßig vor die Tür zu gehen. Und unser Kette rauchender Altkanzler Helmut Schmidt würde in den Talkshows wohl nur halb so zufrieden wirken, wenn man ihm seine Zigaretten verwehren würde. Sicher lässt uns ein nach medizinischen Gesichtspunkten idealer Lebensstil länger leben als Zufriedenheit. Fest steht aber auch, dass Menschen, die zufrieden sind, automatisch gesünder leben als unzufriedene. Der Grund: Sie müssen ihre Unzufriedenheit nicht durch ungesundes Verhalten wie übermäßiges Essen, mediale Ablenkung, Trägheit oder Tabletten kompensieren.
Anhand von Untersuchungen wissen wir nur, wie Menschen selbst ihre Lebensqualität in Bezug auf die Gesundheit bewerten.
Das einzige Vergleichsinstrument für eine Gesamtbewertung des Gesundheitszustandes und zwar auf der Grundlage individueller Wertungen im Zusammenhang mit den sozio-ökonomischen Verhältnissen ist der EuroQol 5D (EQ-5D). Die aktuellsten Zahlen zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität (Health Related Quality of Life, kurz HRQL) in Deutschland kommen aus der Studie „Gesundheitszustand bei Erwachsenen in Deutschland aus dem Jahre 2010. Dafür hatten Wissenschaftler insgesamt Daten von 1966 Erwachsenen ab 20 Jahren ausgewertet.
Gefragt wurde nach Gesundheitszuständen wie Beweglichkeit und Mobilität, Selbstversorgung, allgemeine Tätigkeiten, Schmerzen und Beschwerden, Angst und Niedergeschlagenheit. Bei der sozialen Dimension wurden die Variablen Geschlecht, Alter, Schulbildung, Einkommen und Erwerbstätigkeit abgefragt und bei der Auswertung berücksichtigt.
Das Ergebnis: Bei Männern und höheren Bildungsgruppen hat der Gesundheitszustand mehr Einfluss auf die Lebensqualität als bei Frauen und niedrigeren Bildungsschichten. Die schlechteste Lebensqualität in Bezug auf die Gesundheit beklagten die Erwerbslosen, zu denen auch Studenten, Hausfrauen und Rentner zählen. Die Höhe des Einkommens von 600 Euro bis mehr als 1350 Euro pro Monat hatte dagegen nach Ansicht der Befragten kaum Einfluss auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität. Nur bei den beiden unteren Einkommensgruppen (bis 600 Euro und 600 bis 799 Euro) nahm das Problemrisiko leicht zu, statistisch bedeutsam vor allem beim Thema Schmerzen.
In Bezug auf das Bildungsniveau klagten die unteren Gruppen (Hauptschulabschluss mit oder ohne Lehre) deutlich öfter als die oberen (mittlere Reife oder Abitur) über Probleme mit der Beweglichkeit bzw. Mobilität, der allgemeinen Tätigkeit und über Schmerzen.
Wesentlich entscheidender wirkte sich jedoch das Alter auf die Einschätzung aus. So nahmen die gesundheitlichen Probleme pro Lebensjahr um sechs Prozent zu. Frauen litten zudem deutlich häufiger unter Problemen der Beweglichkeit und Mobilität, bei der Selbstversorgung und Niedergeschlagenheit als Männer.
Fazit: Der soziale Status, das Bildungsniveau und das Alter haben durchaus Einfluss auf die eigene Wahrnehmung von Gesundheit oder Krankheit.