Читать книгу Deep Dream - Rüdiger Marmulla - Страница 11

Er spricht

Оглавление

Nachdem die beiden Mitarbeiterinnen des Sicherheitsdienstes den Mann wieder vom OP-Tisch in sein Krankenbett gelegt hatten, schoben sie das Bett über den Flur zurück in das Krankenzimmer. Der Verband über dem Halskatheter war nach der Desinfektion im Operationssaal braun verfärbt.

„Ich mache den Verband eben frisch“, sagte Jane, die ältere der beiden Frauen des Sicherheitsdienstes. Die kräftige Afroamerikanerin hatte einmal Medizin studiert. An der University of California. Sie kam damals bis ans Ende der preclinical studies. Dann wurde sie schwanger und brach das Studium ab. Später machte sie eine Ausbildung zur Krankenschwester. Das Gehalt war unterdurchschnittlich. Da vermittelte ihr ehemaliger Anatomieprofessor ein Angebot von Biohysical Implants, das sie nicht ausschlagen konnte. Ihre ursprüngliche Idee war, in der Anatomie ihre Doktorarbeit zu schreiben. Den Kontakt zu ihrem Professor hatte sie über all die Jahre hinweg aufrechterhalten. Mit der Stelle bei Biophysical Implants verbesserte sich ihre finanzielle Situation schlagartig. Vor dem Antritt ihrer eigentlichen Tätigkeit bekam sie noch eine Ausbildung, um den Anforderungen an eine Mitarbeiterin des Sicherheitsdienstes gewachsen zu sein. Sie lernte sowohl Praktiken der Selbstverteidigung als auch des Angriffs. Schießübungen mit einer Waffe musste sie auch absolvieren. Ungern. Aber es gehörte nun einmal dazu. Während der Ausbildung erhielt sie bereits das volle Gehalt. Wegen ihrer Doppelqualifikation als Krankenschwester und Sicherheitsmitarbeiterin war sie im Betrieb sehr geschätzt. Auch ihre anatomischen Kenntnisse waren seit dem Studium exzellent.

Während sie den Verband am Hals wechselte, bemerkte sie kurz: „Als sich der OP-Springer vor uns aufbaute, dachte ich schon, dass es jetzt gleich losgeht. Er hat zwar eine Statur wie ein Schrank. Aber bei einem Kampf hätte er alt ausgesehen. Ohne Kampftechnik ist er chancenlos gegen mich.“ – Julia, ihre Kollegin, nickte ihr zustimmend zu. – „So, jetzt sieht er wieder gut aus“, sagte Jane und räumte das unverbrauchte Verbandsmaterial zurück in den Rollwagen.

„Hängen wir die Elektroden für das EEG wieder an?“, fragte Julia.

„Die Ärzte haben dazu nichts gesagt. Wir hängen sie an. Ein Fehler ist es nicht.“

Rasch zogen die beiden Frauen die Haube des EEG mit den Elektroden wieder über den Kopf des Mannes. Jane schaltete den Monitor ein. – „Theta-Wellen“, bemerkte sie lakonisch.

„Diese Wellen sind nur bei Kleinkindern normal“, ergänzte Julia. Sie hatte sich das genau eingeprägt.

„Richtig“, gab Jane zurück.

„Deep Dream?“, ergänzte Julia.

„Deep Dream“, bestätigte Jane, „er träumt, dass er wach ist.“

Die beiden Frauen waren schon dabei, das Licht zu löschen und das Krankenzimmer zu verlassen, da hörten sie plötzlich und unerwartet jemanden sprechen: „Vorbei?“– Erschrocken drehten sich Jane und Julia um.

„Ist das der Mann?“, fragte Julia.

Jane legte ihren Zeigefinger auf ihren Mund, um Julia anzuzeigen, dass sie still sein sollte. Sie sahen, wie sich die Lippen des Mannes bewegten. Er murmelte unverständliche Silben. Dann der Satz: „Ist es vorbei?“

– Jane hatte einmal auf dem Land gesehen, wie ein Hahn geköpft wurde. Ohne Kopf flog er noch davon. Dieser Mann hier erinnerte Jane an jenen Hahn. – „Wir müssen Michael benachrichtigen.“ – Jane griff zum Haustelefon: „Er spricht.“

Deep Dream

Подняться наверх