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Gespräch unter Männern

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Tim steht bereits vor unserer Haustür, als ich vom Supermarkt heimkehre. Ich steige schon einmal aus dem Chrysler aus und lasse den Wagen einparken. Passt mir ja gar nicht! Alles lief heute so gut. Und jetzt hat Laura wieder irgendwas ausgeplaudert. Ich hatte ihr doch ausdrücklich gesagt, dass sie die Sache vertraulich behandeln muss. Ich ärgere mich. Mein Magen meldet sich wieder. Ich werde ein Stück Brot essen müssen. Michael darf nicht erfahren, dass ich Laura etwas gesagt habe. Jetzt muss ich doppelt dicht halten.

„Hallo John.“ – Tim nickt mir zu.

„Ja. Hallo“, grüße ich verhalten zurück.

Wir betreten unser Haus und gehen an den Esstisch in der Küche.

Tim kommt sofort aufs Thema: „John, hast du schon einmal darüber nachgedacht, ob das nicht vielleicht doch etwas riskant ist, was dein Arbeitgeber mit dir da plant?“

„Ich sehe die Chancen.“

„Niemand kann dir sagen, was bei der Sache rauskommen wird. Ein Eingriff in den Körper ist immer auch ein Eingriff in die Psyche, besonders wenn ein neuronales Implantat eingepflanzt wird. Vom Tor zum Bewusstsein hast du Laura gegenüber gesprochen? Welche Wirkung wird die künstliche Intelligenz des Implantats auf deinen Körper haben?“

„Neuronale Prothesen wie das Cochlea- und Opticus-Implantat sind ein großer Segen für die Menschen. Wie kannst du nur so rückständig sein? Ich bin dabei, einen großen Schritt voran zu tun.“ – Das Gespräch verärgert mich. Ich gehe zum Schrank und schneide mir eine Scheibe trockenes Brot ab und beiße hinein.

Tim gibt immer noch keine Ruhe, er setzt neu an: „Ja, aber wie ich das verstehe, geht es bei diesem Implantat nicht mehr um einen Ersatz einer körpereigenen Funktion. Es geht um eine Verschmelzung von Mensch und Maschine, was bewusstseinserweiternd wirkt. Da ist ja gar nicht absehbar, was dann passiert. Wer auf Drogen ist, erlebt auch eine Bewusstseinserweiterung…“

– Auf Drogen? Unwillkürlich denke ich an die Vital Kick-Geschichte. Adrenalin schießt ein. Die Christen der Kirche waren damals schwerer zu ertragen als der Entzug nach dem Vital Kick-Trip. Das nervt jetzt. Ich kaue auf dem Brot, als ich Tim antworte: „Ich brauche nicht den Segen der Kirche für mein Projekt. Alle Pioniere haben immer auch Risiken in Kauf nehmen müssen. Denke an Alan Shepard.“

„Hier geht es aber nicht nur um ein Risiko, wie bei einem ersten Weltraumflug. Hast du schon einmal darüber nachgedacht, wie du dich charakterlich verändern wirst? Das steht jetzt schon fest. Willst du eine andere Person werden, die wir nicht mehr wiedererkennen?“

„Stopp! Pastor Tim, hier endet unser Gespräch. Ich lasse mir von dir nicht reinreden, wie ich meinen Beruf ausübe. Das ist meine Privatsache. Das hat mit der Kirche nichts zu tun. Du überschreitest deine Kompetenzen.“ – Ich wende mich ab.

„John, ich bedaure, dass du das so siehst. Tue bitte Laura nicht weh. Sie hat große Sorge um dich.“

Ich lege die angebissene Brotscheibe zur Seite und begleite Tim unsanft zur Haustür. Ich habe keinen weiteren Gesprächsbedarf mehr: „Ich habe meinen Weg schon eingeschlagen. Alles Gute.“

Tim sagt nichts. Er geht.

– Und ich muss auf die Toilette.

Deep Dream

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