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Das erste öffentliche Vorspiel
ОглавлениеEs versteht sich fast von selbst, dass Helmut Schmidts erstes öffentliches Vorspiel an der Lichtwarkschule stattfand. Schülerinnen und Schüler verschiedener höherer Schulen der Hansestadt wurden einmal im Jahr in die Hamburger Musikhalle eingeladen, um dort Proben ihres musikalischen Könnens zu präsentieren. Helmut Schmidt sollte einen Beitrag am Klavier zum Besten geben. Dieser wählte ein Stück aus dem überschaubaren Repertoire, das er sich im privaten Klavierunterricht erarbeitet hatte. Das vorgetragene Werk und sein Auftritt damals waren ihm und seiner Frau in Erinnerung geblieben. »Eines ist allerdings aus dieser Zeit [des frühen Klavierunterrichts, R.L.] erhalten geblieben: der ›Fröhliche Landmann‹ aus Schumanns Jungendalbum, den ich auf einem Schülerkonzert in der Musikhalle vortragen musste. Er ist bis heute das einzige Klavierstück geblieben, das ich auswendig kann, und Loki weiß sich noch genau zu erinnern, dass es in der Sexta einen großen Eindruck auf ihr kleines Seelchen machte, mich dieses schwierige Werk so selbstsicher vorspielen zu sehen und zu hören.«[61]
Jeder, der über die ersten Anfänge des Klavierunterrichts hinausgekommen ist, erinnert sich wohl an Schumanns »Fröhlichen Landmann«, sei es mit Freude oder auch mit Unbehagen. Mit Freude sicher dann, wenn es gelingt, den Klang des Stücks lebendig, oder wie Schumann selbst in seiner Anleitung schreibt, »frisch und munter« zu gestalten; eher mit Unbehagen, wenn man eben daran scheitert und das Stück zu platt oder gar infantil wirkt.
© Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg (M B / 2047)
Album für die Jugend. Ausgabe circa 1920.
Komponiert hatte Robert Schumann den »Fröhlichen Landmann« 1848 als Geschenk für seine älteste Tochter Marie zu ihrem siebten Geburtstag. Robert und Clara Schumann, beide erfolgreiche Pianisten und Komponisten, waren mit der Klavierpädagogik ihrer Zeit unzufrieden. Für Kinder und Jugendliche, beklagten sie, gebe es vorwiegend Gebrauchsliteratur zu Übungszwecken, kaum Passendes und Ansprechendes, keine Stücke, die Kinder für das Klavierspiel langfristig anregen und begeistern könnten. Deshalb schien es angebracht, selbst für Abhilfe zu sorgen und nicht zuletzt auch den eigenen Kindern damit eine Freude zu bereiten. Die selbstgestellte Aufgabe fiel Schumann offensichtlich leicht. Noch vor dem Geburtstag der Tochter hatte er eine größere Zahl von Stücken komponiert und konnte Stücke »für Kleinere und Erwachsene« unter dem Titel Album für die Jugend im Hamburger Verlag Schuberth & Co. publizieren, das bis heute immer wieder aufgelegt wird.[62]
Später entwickelte Helmut Schmidt eine größere Leidenschaft für Robert Schumanns »Kinderszenen«. Bei den Hauskonzerten, zu denen er mit seiner Frau in den Jahren seiner Kanzlerzeit regelmäßig ins Palais Schaumburg einlud, wünschte er sich fast immer die besagten »Kinderszenen«. Im Zuge seiner Einführung des tschechischen Pianisten Ivan Moravec kündigte er diese im Juni 1981 wie folgt an: »Wir möchten heute Abend ganz locker beginnen, mit Robert Schumanns ›Kinderszenen‹. Der eine oder andere von uns, der Klavierunterricht hatte, wird sich daran noch erinnern. Es sind poetische, heiter-nachdenkliche Klavierstücke, nicht eigentlich Stücke für Kinder. Schumann selbst hat sie ›Rückspiegelung eines Älteren für Ältere‹ genannt.«[63]