Читать книгу Griechische Götter- und Heldensagen. Nach den Quellen neu erzählt - Reiner Tetzner - Страница 10

Der begehrte Adonis

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Aphrodite vermochte grausam zu sein. Kinyras, König auf Zypern, besaß mit Myrrha eine so liebliche Tochter, dass seine Gattin sich verstieg, Myrrha hübscher noch als Aphrodite zu nennen. Die Göttin pflanzte im Zorn Myrrha unersättliches Verlangen nach ihrem Vater ein. Als gewöhnliches Mädchen verkleidet, täuschte Myrrha ihren Vater und lag ihm zwölf Nächte bei. Erst dann erkannte Kinyras sie. Myrrha floh vor seinem gezückten Schwert, bis sich die Götter erbarmten und sie in den Myrrhenbaum verwandelten.

Aber Myrrha hatte bereits einen Sohn von ihrem Vater empfangen, und nach abgelaufener Frist platzte der Myrrhenstamm auf und gab Adonis frei. Als Aphrodite die Schönheit des Knaben gewahrte, verbarg sie ihn in einer Truhe, die sie Persephone übergab. Doch auch die Göttin der Unterwelt verliebte sich in Adonis und weigerte sich, ihn wieder herauszugeben. Ein Richterspruch entschied den Streit der Göttinnen derart: Adonis müsse ein Drittel des Jahres im Hades bei Persephone zubringen, ein weiteres Drittel Aphrodite zu Diensten sein und dürfe nur das letzte Drittel für sich leben.

Auch wenn Adonis sein freies Drittel mit Aphrodite verbrachte, freuten sich die beiden Liebenden nur kurze Zeit aneinander. Obwohl ihn Aphrodite inständig bat, nur ungefährliche Tiere zu jagen, hetzte Adonis einen Keiler und wurde von dessen Hauern zerfleischt. Die untröstliche Göttin ließ aus seinem Blut die rote Anemone sprießen, und alljährlich wird sein Hinscheiden betrauert. Auch in der orientalischen Tradition hat die große Liebesgöttin einen jüngeren Geliebten, der als Symbol der Fruchtbarkeit stirbt und wieder aufersteht.11

Griechische Götter- und Heldensagen. Nach den Quellen neu erzählt

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