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Galateia und Polyphem

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Zu den zahlreichen Freiern um die wunderschöne Galateia gehörte sogar der Kyklop Polyphem, ein Sohn des Poseidon – doch die Nereïde hatte ihr Herz an den Jüngling Akis verloren. Ihre Liebe zu Akis war so stark wie ihr Abscheu gegen Polyphem. Der grimmige Unhold – selbst den Wäldern ein Schrecken –, der weder Gastrecht noch Götter achtete, erlag plötzlich ungewohnter Liebesleidenschaft. Er vergaß seine Herden, seine Höhlen und begann sein Äußeres zu pflegen. Er kämmte seine störrischen Haare, schnitt mit der Sichel den struppigen Bart und begutachtete seine wilden Züge im Spiegel des Wassers. Da prophezeite ein Seher ihm:

»Dieses einzige Auge, das du mitten auf der Stirn trägst, wird dir Odysseus rauben.«

»Dümmster aller Seher«, lachte Polyphem, »du irrst, das raubte längst eine andere.«

Dann bestieg der Kyklop, gefolgt von seinen Schafen, einen Hügel am Meere, legte eine Fichte zu Boden, die groß genug war, als Mastbaum zu dienen, und begleitete mit der Hirtenflöte seine Liebesklage:

»Leuchtende Galateia, würdest du mich kennen, bedauertest du, vor mir geflohen zu sein. All die Früchte dieses Landes, die Herden, Schafe, Ziegen und Kühe, nenn ich mein eigen, sowie anmutige Höhlen. Oh, Geliebte, tauche aus dem bläulichen Meer! Sieh, wie groß ich bin! Nicht einmal Zeus ist so stattlich. Sieh, mein einziges Auge leuchtet wie ein Stern! Und die Fülle meines Haares! Borsten zieren meinen schönen Leib. Erhöre meine Bitten, mein Flehen. Ich erfülle dir jeden Wunsch. Ich, der ich Zeus und die Götter verachte, fürchte dich. Dein Zorn ist schlimmer als dessen Blitzstrahl.«

Da Galateia nicht erschien, machte sich Polyphem auf, ertappte das Liebespaar und schrie:

»Ich sorge dafür, dass ihr euch nie wieder in Liebe vereint!«

Galateia tauchte in ihr Reich, Akis floh ängstlich. Doch der Kyklop verfolgte den Nebenbuhler, brach einen Fels vom Berge und warf nach ihm. Obwohl nur der äußerste Zacken Akis traf, zerschmetterte er den Unglücklichen. Galateia vermochte zwar den Tod ihres Geliebten nicht zu verhindern, aber sie verwandelte ihn in eine Quelle.

Griechische Götter- und Heldensagen. Nach den Quellen neu erzählt

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