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AJZ die einstige Hochburg der Junkies

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Das AJZ war ein Gebäude, das auf dem heutigen Carparkplatz nahe des Zürcher Hauptbahnhofes stand. Vom Ambiente her könnte man es mit den sogenannten Gammel Häusern an der Neufrankengasse bei der Langstrasse vergleichen. Es wurden im AJZ viele Zimmer besetzt. Man konnte dieses Haus und das Areal davor mit einer Tragtasche gefüllt mit hundert «Lappen Piece» betreten und benötigte meist keine Viertelstunde, um alles an den Mann zu bringen. An einem regnerischen Tag jedoch wurden von der Polizei genau dort bei dem schnellen Deal zwei meiner Dealer verhaftet. Sie wurden mit zwei unterschiedlichen Kastenwagen abgeführt, damit sie sich nicht mehr absprechen konnte. Wie erwartet, erzählten beide bei der Einvernahme unterschiedliche Geschichten. Die Polizei konfrontierte die beiden mit dieser Feststellung und forderte die Wahrheit. Einer der beiden auf dem Verhörstuhl war Wieni. Wieni war der gewiefteste Dealer, den ich je kennengelernt habe.

«Was hat ihnen denn der Miguel erzählt?» erkundigte sich Wieni ohne eine Miene zu verziehen.

Der Polizist begann ihm die Version des anderen zu erzählen, wobei Wieni beinahe schmunzeln musste, denn die Version seines Kollegen war wirklich diametral zu seiner. Als der Polizist fertig gesprochen hatte, meinte Wieni ganz cool:

«Ja, das ist die Wahrheit.»

«Was ist die Wahrheit?» erkundigte sich der Beamte.

«Die Geschichte von Miguel, so ist es gelaufen» präzisierte Wieni mit ernster Miene.

«Und wieso haben sie dann gestern gelogen?»

«Schauen Sie Herr Polizist. Gestern regnete es und heute scheint die Sonne. Somit sind es zwei verschiedene Tage und deshalb sind auch meine Aussagen so verschieden.»

Wieni war wirklich gewieft. Er konnte in Verhören ein Durcheinander anrichten, konnte Polizeibeamte verwirren, konnte Ablenken bis zum geht nicht mehr und dies so gut wie immer mit Erfolg gekrönt. Meistens waren seine Geschichten so unglaublich kreativ, dass sie beinahe wie ein Film wirkten, doch gelang es der Staatsanwaltschaft nie zu belegen, dass es nicht so gewesen sein könnte, wodurch er immer und immer wieder davonkam. Am Tag nach dem Verhör, gingen Wieni und Miguel bereits wieder für mich auf Tour.

Eine weitere Anekdote mit Wieni war die mit dem Dach. Einmal traf ich ihn mit einer Leiter und einem blauen Überanzug auf der Strasse an. Sein Auftritt irritierte mich. Als ich mich nach seinem Vorhaben erkundigte, musste ich laut lachen. Wieni hatte in dem Haus, indem er zuvor wohnte, auf dem Dach unter einem Ziegel ein Kilo Kokain als Notreserve versteckt, nun wollte er da mal vorbeischauen und das Zeugs abholen. Wie ich im Nachhinein erfuhr, erinnerte er sich nicht mehr ganz genau unter welchem Ziegel er den Stoff versteckt hatte, so entwendete er Ziegel für Ziegel und erst als mehr oder weniger das ganze Dach abgedeckt war, kam der Stoff zum Vorschein. Die Familie die in der obersten Wohnung wohnte, staunte nicht schlecht, als das halbe Dach abgedeckt war.

Mein Leben als Schneekönig

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