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Das Drama um den «Goldenen Afghan»
ОглавлениеEine weitere Anekdote, die in diesem Buch nicht fehlen darf, ereignete sich an der Eichstrasse in Stäfa. Dort arbeitete ein Zöllner nebenbei für mich, der mir jeden Monat dreissig Kilogramm Haschisch von Indien, aus der Kaschmir Region organisierte. Diese Haschsorte galt in der damaligen Zeit als der beste Stoff. Die Lieferung bekam ich immer mit einem Goldsiegel, wie es bei Lieferungen aus bestimmten Regionen üblich war. Das Hasch in der dortigen Region musste ich stets frühzeitig vorbestellen, denn die Händler ernteten, respektive produzierten immer nur die Ware, die vorbestellt wurde. Etwas speziell, doch war das ihre Geschäftsphilosophie, die ich auch nie tiefer hinterfragte. Eines Tages, als ich eine dreissig Kilo Lieferung erhielt, gingen achtundzwanzig davon direkt weg, auf zwei blieb ich jedoch überraschenderweise kurz hocken. Da es Samstag war, liess ich den Stoff bei mir, verzichtete also darauf, deswegen extra ins Lager zu fahren, da ich es am Wochenende eh problemlos losgeworden wäre; dachte ich zumindest. Ich begab mich auf eine Einkaufstour, gönnte mir neue Kleidung, ging fein essen, schmiss für Freunde ein paar Runden und genoss das Leben. Am nächsten Morgen als ich aufgestanden war und mich ins Badezimmer begab, blickte ich, als ich mich auf den Thron setzen wollte, aus dem Fenster. Zu sehen war ein grosser Kran, das Nachbarsgebäude wurde renoviert. Als ich mich definitiv hinsetzen wollte, fiel mir ein Blitzlicht auf. Ich erhob mich näher ans Fenster, spähte nach unten und erlitt beim Anblick der Strasse beinahe einen Herzinfarkt. Unten auf der Strasse wimmelte es von Polizei. Unzählige Streifenwagen, rund herum Beamte die gerade die Strasse absperrten. «Fuck!», rief ich laut. Die kommen jeden Moment hoch, wurde mir bewusst und genau heute, wo ich noch rund zwei Kilo Material dabeihatte. Es durfte doch nicht wahr sein. Ich stürmte ins Schlafzimmer, weckte Chrigi auf und erklärte ihr in Kurzform die drastische Sachlage. Ich wies sie an, mir beim Verschwinden von allem belastenden Material zu helfen, was sie sofort tat. Ich selbst machte mich auf zum Aktenvernichter, um das eine oder andere Papier zu vernichten, das mir unschöne Konsequenzen hätte bescheren können. Während der Schredder bereits die ersten Papiere vernichtet hatte, zog ich mir meine Brille an, denn ich bin ja bekanntlich kurzsichtig, machte mich nochmals auf zum Fenster, und was ich dank Brille erkannte, war eine Erleichterung und ein Schock zugleich. Ich verstand nun die Sachlage richtig. Die Polizei war gar nicht wegen uns hier, sondern wegen der Hausbesitzerin von nebenan. Die ist in der Nacht auf den Kran geklettert, und hat sich anschliessend Kopf voran heruntergestürzt. Es war ein schlimmer Anblick und er stimmte uns höchst traurig. Unglaublich. Wie schlimm es dieser Frau wohl gegangen sein mochte, lässt sich nur erahnen. Chrigi und ich verfolgten an unserem Fenster das traurige Spektakel zu Ende und dankten einer höheren Macht, dass wir die Situation noch rechtzeitig deuten konnten und nicht erst, nachdem wir auch den Stoff vernichtet hatten.