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Das schöne Brasilien und der miese Pass 1984

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Als ich mit Luciano in Mailand am Flughafen ankam und meinen Pass am Schalter vorlegte, dachte ich meine Flucht sei vorzeitig zu Ende. Denn die beiden Frauen am Schalter der Varig Airlines schüttelten beim Blick auf meine Papiere den Kopf. Dann verschwanden sie kurz.

«Siehst du Luciano. Die erkennen, dass es Fälschungen sind. Nicht einmal hier in Italien komme ich damit durch.»

Luciano antwortete nicht.

Die beiden Frauen kamen zurück, eine der beiden, die hübschere, erklärte mir dann ihre Bedenken.

«Herr Hogerforst, sie haben nur ein Hin- und kein Rückflugticket verlangt, das geht so nicht. Wissen Sie, viele reisen nach Rio de Janeiro, verprassen dort ihr Geld und stehen dann mit leeren Taschen da und können sich das Rückflugticket nicht mehr leisten.»

Mein Schock lies nach, denn ich verstand nun, dass sich die beiden Frauen lediglich Sorgen machten, es wahrscheinlich sogar eine Vorschrift war, mir dies mitzuteilen. So öffnete ich meine kleine Tasche, die ich dabeihatte, worin sich 30’000 Schweizer Franken befanden.

In Rio kam ich problemlos durch den Zoll. Auch meinen Visaantrag füllte ich aus, ohne jegliche Komplikationen. Erst bei der Passkontrolle winkten mich zwei Bundespolizisten raus.

«Bitten folgen Sie uns ins Büro», wies man mich an.

Jetzt ist es vorbei, definitiv, schoss es mir durch den Kopf. Nun hatte ich den Duft der Stadt bereits in der Nase, musste nur noch die Füsse hinein bewegen und Peng, drohte ein vorzeitiges Ende. Während ich den beiden Beamten folgte, suchte ich unauffällig nach einer Fluchtmöglichkeit, doch schien es keine zu geben. Das Risiko war zu hoch, denn in Rio rennt man als Polizist nicht lange hinterher, sondern man lässt gleich Kugeln die Verfolgung aufnehmen. Und die sind schnell, schneller als Du. Im Büro angelangt, wollte ich direkt einen Bestechungsversuch wagen, wurde aber zum Glück vorzeitig unterbrochen.

«Sie haben einen Fehler beim Ausfüllen des Visaantrages gemacht», erklärte mir der Beamte, wobei mir ein Stein vom Herzen fiel.

Es war eine simple Korrektur, die ich vornehmen musste, bei der ich erst noch Hilfe bekam. Weder Fingerabdrücke noch unangenehme Fragen musste ich über mich ergehen lassen. Einige Minuten später betrat ich definitiv den Boden von Rio. Die Sonne schien mir ins Gesicht, vor mir ragten die Palmen in den Himmel, mein Puls schlug wieder in einem gesunden Rhythmus, und hätte ich meinen Gefühlszustand beschreiben müssen, so wäre pudelwohl wohl der passende Ausdruck gewesen. Meine erste Destination war eine Wohnung mitten in der Stadt, die ich zusammen mit Freunden ein paar Jahre zuvor gekauft hatte. So konnte die Wohnung jeder von uns, jederzeit benutzen. Zudem war der Nachbar dort ein guter Freund von mir. Ein Schweizer, der bereits über zwanzig Jahre glücklich in Rio lebte. In der Wohnung einquartiert, begann ich das Leben zu geniessen. Kurz nach meiner Ankunft erhielt ich eine Einladung für das Formel 1 Rennen in Rio Jacarepaguá, wo ich mit drei Kollegen die Show geniessen ging. Wir konnten an diesem Tag sogar die Boxengasse besuchen und es gelang mir erst noch, ein Foto zusammen mit Alain Prost und Nelson Piquet zu machen. An das Risiko, irgendwie durch eine Kamera aufzufliegen, weil man mich so überall auf der Welt erkennen konnte, dachte ich nicht.

Rio wurde bald meine zweite Heimat, so sehr, dass es schon damals mein festes Ziel geworden ist, hier den Rest meines Lebens zu verbringen.

Mein Leben als Schneekönig

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