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Das Über-Ich als Freund
Betrachtung für den heutigen Tag
Das Über-Ich ist eine Entwicklungsstruktur, die als Brücke zwischen unserem Instinkt, unserer Tiernatur und der Entwicklung unseres Gewissens dient. Es entsteht, wenn wir sechs, sieben oder acht Jahre alt sind und beginnen, unabhängig von der Familie als eigenständige Person in die Welt zu treten. Das Über-Ich gibt uns die Regeln, die es uns ermöglichen, mit anderen in der Welt klarzukommen. In jenem Alter haben wir noch nicht genug Lebenserfahrung, um zu wissen, welches Benehmen stimmig ist und welches nicht. Wir sind noch nicht reif und haben noch kein eigenes Gewissen entwickelt. Unser Über-Ich ist nicht unser Gewissen. Es ist die Stimme unserer vergangenen Programmierungen.
Unser Über-Ich versucht, uns zu schützen, indem es uns dazu anhält, den Vorstellungen und Idealen unserer Eltern, wie wir sein sollten, zu folgen. Unsere unentwickelte kindliche Vorstellung lässt uns glauben, wir müssten nur sein, wie unsere Eltern oder Versorger uns haben wollten, damit sie uns lieben würden und unser Überleben gesichert wäre. Unsere Tiernatur ist von einem starken Überlebensinstinkt geprägt.
Man kann sich das Über-Ich als ein Programm in unserem inneren Computer vorstellen, das einmal sehr nützlich – sogar überlebenswichtig – war, jetzt aber seine ursprüngliche Funktion nicht mehr erfüllt. Es war eigentlich als Übergangslösung gedacht. Doch es versucht weiterhin, sich einzumischen, obwohl seine Zeit längst vorbei ist. Wir brauchen das Über-Ich nicht mehr, um am Leben zu bleiben. Unser Überleben hängt nicht länger davon ab, ob wir nett zu unseren Eltern sind oder ihren Verhaltensregeln entsprechen. Doch leider leben die meisten von uns Tag für Tag immer noch so, als wären sie von der Zustimmung ihrer Eltern in Form der verinnerlichten Stimme ihres Über-Ichs abhängig.
Die Übung:
Erinnere dich an eine Zeit in deiner Kindheit, wo du deine Eltern verärgert hast. Wie hat ihre Missbilligung auf dich gewirkt? Wie hast du dich gefühlt? Welche Entscheidungen hast du gefällt? Beeinflussen diese Entscheidungen auch heute noch dein Verhalten oder deine Erfahrungen?
Schau, ob du eine Zeit aus der Kindheit wachrufen kannst, in der dein Überleben gefährdet war. Achte auf die Körpergefühle, die mit der Erinnerung einhergehen. Welche Entscheidungen hast du gefällt, als die Gefahr am größten war? Wie glaubtest du, sein zu müssen, um zu überleben? Beeinflusst diese Entscheidung immer noch dein Verhalten?
Hast du entdeckt, dass die Entscheidungen aus der Vergangenheit immer noch dein Leben beeinflussen? Dann kannst du dir jetzt vorstellen, wie das Über-Ich gebildet wird. Frage dich, ob die Entscheidungen, die du in der heutigen Übung entdeckt hast, auch heute noch einen Zweck erfüllen. Ist deine damalige Entscheidung, wie du sein müsstest, immer noch nützlich für dich?
Schreibe deine Beobachtungen in dein Tagebuch.