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Urteil und Verteidigung
Betrachtung für den heutigen Tag
Wie schon besprochen, projizieren wir unseren eigenen inneren Kritiker nach außen auf die Menschen in unserem Umfeld – und die tun genau dasselbe. Das alles geschieht vollkommen unbewusst und größtenteils automatisch. Es braucht Gewahrsein, um von dieser unbewussten Dynamik innerhalb der Ich-Struktur frei zu werden.
Wenn dir jemand sagen würde, die Durchschnittstemperatur am Polarkreis betrüge +40° Celsius, würdest du wahrscheinlich einfach sagen, dass er Unrecht hat, und das Ganze fallen lassen. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass du mit starken Emotionen reagieren würdest – derjenige hat sich ganz einfach getäuscht. Es ist keine große Sache. Wenn jemand behauptet, du hättest rote Haare, und du weißt genau, dass du braune Haare hast, ist das auch keine große Sache. Derjenige hat ganz einfach Unrecht.
Wenn dich jemand nun aber als Pfennigfuchser bezeichnet und du Angst hast, tatsächlich etwas knauserig zu sein, dann kann diese Bemerkung deine Gefühle verletzen. Immer, wenn dich die Urteile, die ein anderer über dich fällt, verletzen, kannst du sicher sein, dass bei dir eine energetische Ladung besteht: Jede Kritik, die bei dir eine Reaktion auslöst, enthält wahrscheinlich eines der Urteile, die dein eigener innerer Kritiker über dich fällt.
Die Übung:
Rufe dir Momente ins Gedächtnis, in denen dir die kritischen Bemerkungen oder negativen Urteile eines anderen richtig weh getan und extreme Reaktionen bei dir hervorgerufen haben – Reaktionen, die in keinem Verhältnis zur Tatsache standen, dass ein Mensch, der dir etwas bedeutet, dich kritisiert hat. Ich meine die Momente, in denen dich das, was der andere sagt, so richtig erwischt hat.
Normalerweise gibt es verschiedene kritische Bemerkungen, die du sehr ungern hörst: „Du bist so konservativ.“ „Du kriegst deine Sachen einfach nicht auf die Reihe!“ „Man merkt gleich, dass du ein Ossi/Wessi bist!“ „Wo sind deine Manieren?“ „Du bist so egoistisch!“ Versuche, die kritischen Bemerkungen zu entdecken, die dich garantiert auf die Palme bringen. Je kürzer die Erfahrung zurückliegt, desto effektiver wird die Übung für dich sein.
Wenn du zwei eindeutige Angriffe im Sinn hast, übe, dich mental gegen sie zu verteidigen. Lausche auf die Angriffe und finde in Gedanken eine Verteidigungsform, die dem Angriff die Energie entzieht. Um in der Übung zu bleiben, probiere jede der vier Verteidigungsstrategien aus, mit denen wir gearbeitet haben: Humor, Unsinn, Aggression und Verletzlichkeit. Finde heraus, welcher Ansatz für dich am besten funktioniert. Teste zum Schluss auch aus, ob Zustimmung vielleicht deine beste Verteidigungsform ist: „Ja, das stimmt. Ich denke normalerweise immer zuerst an mich.“ (Na, und?)