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Spione

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Eckhardt duckte sich in den Schatten der Scheune. Er mochte es nicht, Menschen – schon gar keine jungen Weiber – auf diese Art zu belauern. Lieber mischte er sich unbemerkt unters Volk auf Marktplätzen oder in Kneipen. Dort war immer allerlei zu erfahren, ohne das ungute Gefühl zu haben, etwas Unerlaubtes zu tun. Aber gezielt Personen ins Visier zu nehmen, gehörte üblicherweise nicht zu Eckhards Obliegenheiten. Aus diesem Grund zögerte er auch, als Tillmann ihm die Aufgabe antrug.

„Ich will nur, dass du die Tochter vom Schwarzen Hannes im Auge behältst“, sagte Tillmann. „Es wäre schade, wenn ihr ein Leid geschähe.“

Warum macht Tillmann sich über das Wohl einer fremden jungen Frau Gedanken, die er nur ein einziges Mal gesehen hat, fragte er sich. Das ist doch sonst nicht seine Art.

Ohnedies verhielt sich der Hauptmann sehr merkwürdig, seit der Unterredung mit dem Fauth der Stadt. Sollte es da etwa einen Zusammenhang geben?

Dann huschte Eckhardt ein Lächeln übers Gesicht. „Ihr seid doch nicht etwa für das junge Weib entflammt, Hauptmann?“

„Nun, sie ist eine wirklich anmutige Erscheinung. Findest du nicht?“

„Ja, Hauptmann. Das ist sie. Und bestimmt sehr tugendhaft.“

„Das denke ich auch, Eckhardt, mein Guter.“ Er legte seinem Getreuen beide Hände auf die Schultern. „Und, dass das auch so bleibt, wirst du ein Auge auf die Jungfer haben.“

Das Spiel konnte beginnen. Tillmann konnte es kaum erwarten. Frohgemut rückte sein Bauer vor.

Seit den Morgenstunden hatte Eckhardt die Jungfer beobachtet. Einmal verließ sie das Haus in Begleitung eines drallen Weibsbildes, vermutlich der Magd, um in der Schirne Fleisch einzukaufen. Ein zweites Mal – etwa um die Mittagszeit – sah er sie mit einem ihrer Brüder. Sie brachten einem Wanderburschen, der lautstark seine Handwerkskunst feilbot, einige Messer zum Schleifen und sahen ihm bei seiner Arbeit zu. Später folgte er ihr bis zur Pforte der Abtei, wo ein Benediktiner sie zu einem Gebäude begleitete, in der – nach Eckhardts Kenntnis – die Apotheke untergebracht war. Vermutlich hatte die Jungfer ein Heilmittel für jemanden aus ihrer Familie erworben. Sie selbst, so schien es ihm, machte einen gesunden Eindruck. Alles alltägliche und unauffällige Tätigkeiten. Was hatte Tillmann erwartet?

Trotz der fragwürdigen Aufgabe, derer Eckhardt sich am Morgen noch geschämt hatte, war er jetzt zufrieden. Ein rechtschaffenes Weib, zu dem es seinen Hauptmann hinzog.

In dieser Nacht erfasste ihn eine starke Sehnsucht nach seiner Mechthilde. Zwar hatte der Herrgott sein Eheweib nicht mit besonderer Schönheit gesegnet, aber er hatte ihr ein edles Wesen geschenkt, das nach Eckhardts Empfinden sämtliche Äußerlichkeiten aufwog. Zudem besaß sie eine gesunde Menschenkenntnis, die ihn oftmals vor einer falschen Entscheidung bewahrt hatte. Nur bei Tillmann irrte sie und bezeichnete ihn als einen Banditen und Bauernfänger, der mit Menschen spielte und sie für seine Zwecke einsetzte. Eckhardt nahm es ihr nicht übel. Sie kannte ihn nicht genug – nicht so, wie er.

Seit fünf Tagen hatte er Mechthilde nicht mehr in seinen Armen gehalten. Er hoffte inständig, dass Tillmann die Suche nach dieser Hexe einstellen würde und sie endlich wieder nach Hause ritten. Dass die Zaunreiterin noch unter den Lebenden weilte, daran zweifelte er. Gewiss hatte der Satan seine Braut bereits zu sich geholt. Und was diesen Vitus anbetraf, so war anzunehmen, dass der schon über alle Berge war.

Das Asylhaus

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