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c) Verhältnis zur teleologischen Auslegung
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Auch für den nach der teleologischen Auslegung maßgeblichen objektiven Gesetzeszweck[187] wird mitunter der – besonders hohe oder niedrige – Strafrahmen einer Vorschrift fruchtbar gemacht. Abermals zwei Beispiele:[188] Die Vorschrift des § 160 StGB über das „Verleiten“ zu einer Falschaussage erscheint strukturell als gesondert unter Strafe gestellter Fall der mittelbaren Täterschaft für die eigenhändigen und damit nicht in mittelbarer Täterschaft begehbaren Aussagedelikte.[189] Auf dieser Grundlage wäre es naheliegend, § 160 StGB auf alle Formen der „eigentlich mittelbaren Täterschaft“ (also etwa auch in Fällen der Nötigungsherrschaft durch den Hintermann) anzuwenden. Dennoch geht die wohl h.L. davon aus, dass § 160 StGB – die umstrittenen Irrtumsfragen einmal ausgeklammert[190] – grundsätzlich auf Fälle unvorsätzlichen Handelns des Aussagenden beschränkt ist, während z.B. bei vorsätzlicher, aber wegen eines Nötigungsnotstandes entschuldigter Falschaussage für den Hintermann eine Anstiftung und kein Fall des § 160 StGB vorliegen soll. Zur Begründung wird darauf hingewiesen, der für die Aussagedelikte auffällig niedrige Strafrahmen des § 160 StGB – nicht über zwei Jahre, teilweise sogar nicht über sechs Monate Freiheitsstrafe – spreche dafür, dass es sich nur um eine Ergänzungsvorschrift handle, der eigenständige Bedeutung nur zukomme, wo eine Anstiftungsstrafbarkeit ausgeschlossen sei.[191] Dem niedrigen Strafrahmen wird also eine bestimmte (hier: nur ergänzende) Funktion der Vorschrift entnommen, die wiederum zu einer bestimmten (hier: einschränkenden) Auslegung führt.
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Im Recht der Brandstiftung wird nach § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft, wer „ein Gebäude, (. . . sc.: das) der Wohnung von Menschen dient“ in Brand setzt – und zwar ohne dass ein Mensch sich zur Zeit der Tat auch nur in diesem Gebäude aufhalten muss. Es handelt sich also um ein abstraktes Gefährdungsdelikt mit einem dafür relativ hohen Strafrahmen. Dass zumindest verbreitet diskutiert wird, ob nicht eine teleologische Reduktion[192] geboten sei, wenn feststehe, dass eine konkrete Gefährdung auf jeden Fall ausgeschlossen sei,[193] dürfte zumindest auch mit in diesem Strafrahmen begründet liegen: Man könnte sagen: Wenn die – auf Grund des Strafrahmens des § 306a StGB zumindest noch als irgendwie existent zu fordernde – Gefahr schlechterdings nicht besteht, ist der Zweck des § 306a StGB nicht erfüllt und der Tatbestand teleologisch zu reduzieren. Zwar könnte die Kritik auch noch grundsätzlicher an der Berechtigung abstrakter Gefährdungsdelikte aus schuldstrafrechtlicher Perspektive ansetzen; aber es ist doch auffällig, dass sie bei § 306a StGB viel intensiver geübt wird als etwa bei der mit einer wesentlich geringeren Strafdrohung versehenen Vorschrift des § 316 StGB, obwohl diese sogar auch fahrlässiges Handeln unter Strafe stellt.