Читать книгу Geheime Kräfte - Roland E. Koch - Страница 18

Ein Mann besuchte mitten im Mai eine Bekannte in Dresden, einer Stadt, die er noch nicht kannte. Auch die Freundin wohnte erst ein Jahr dort, aber es gefiel ihr, sie hatte am Telefon begeistert geklungen und wollte ihm einiges zeigen. Es war heiß, der Mann fühlte sich erschöpft von der Reise, den Verspätungen und hatte große Lust auf kaltes Bier. Am ersten Abend blieben sie in der Wohnung der Bekannten, sie kochte, er trank eine Dose Bier nach der anderen, bis ihr Vorrat erschöpft war. In der Nacht schlief er unruhig, er hörte die Autos auf dem Kopfsteinpflaster, träumte verworren vom Krieg, und es war ihm, als habe er einen Panzer durch die Straße fahren sehen. Seine Bekannte hatte sich freigenommen. Sie frühstückten zusammen, dann besichtigten sie das Blaue Wunder, gingen an den Elbwiesen spazieren, fuhren mit der Seilbahn die Elbhänge hinauf und aßen auf einer Terrasse zu Mittag.

Seit der Nacht und den Träumen war dem Mann, als stehe etwas unmittelbar bevor, eine Veränderung, eine Häutung, etwas Großes. Aber gleichzeitig fühlte er sich müde von dem heißen Tag, der Trockenheit, der Luft, die ihm fremd vorkam. Nach dem Mittagessen fuhren sie in der Stadt herum, dann zu der Anlegestelle einer Fähre, die sie nach Pillnitz bringen sollte. Unterwegs fühlte der Mann sich plötzlich zufrieden, er schaute zum ersten Mal seine Bekannte an und lächelte ihr zu.

Sie wanderten um das Schloss herum, betrachteten die Hecken, die tropischen Pflanzen, die große blühende Kamelie, saßen auf den Stufen. Er hatte keine Lust, eine Führung durch die Innenräume zu machen. Stattdessen liefen sie durch den Park mit uralten Bäumen. Unter einem dieser Bäume, setzte er sich plötzlich ins Gras und wollte bleiben. Er fühlte eine starke gute Strömung, die durch ihn hindurchlief, er wollte schweigen und nachdenken, einverstanden sein.

Von weit her kämen die Leute, um sich hier aufzuhalten, sagte seine Bekannte, um diesen Ort zu spüren. Gerade aber waren sie allein, seine Bekannte schlief ein, und er fühlte, wie er tief in sein eigenes Leben eindrang, es verstand, oder einen Teil von sich. Nie wieder würde er so sein wie noch am Morgen. Er hatte vor, für immer hier sitzen zu bleiben.