Читать книгу Geheime Kräfte - Roland E. Koch - Страница 21
PRÄNATALE DIAGNOSTIK
ОглавлениеEin Paar, das in einer Großstadt lebte und ein Kind erwartete, suchte zur Fruchtwasseruntersuchung und für ein hochauflösendes Ultraschallbild nicht irgend einen Gynäkologen, sondern den Leiter der Universitätsklinik auf, der berühmt für seine Präzision war und erfolgreich Operationen an Föten im Mutterleib vornahm. Über das Risiko der Untersuchung hatten sie sich informiert, aber sie vertrauten auf den Ruf des vielfach empfohlenen Mannes. Es war schwierig gewesen, einen Termin zu bekommen, und sie mussten lange in einem heißen, stickigen, fensterlosen Raum warten; in die Behandlungsräume führte eine klinkenlose Tür, aus der ab und zu eine Sprechstundenhilfe hereinsah, um jemanden aufzurufen. Der Mann war nervöser als die Frau, die seit dem Beginn der Schwangerschaft immer glücklicher und ruhiger zu werden schien.
Vor der Untersuchung blieb die Frau gelassen, während den Mann eine Vorahnung quälte. Er war genervt von dem vollen Wartezimmer, der Massenabfertigung, dem kalten Ton des Arztes. Der führte seelenruhig seine Nadel ein, entnahm das Fruchtwasser und runzelte die Stirn. Irgendetwas stimmte nicht, durchfuhr es den Mann, er hatte es gewusst. Die Frau lächelte weiterhin.
Ich kann Ihnen jetzt Ihr Kind noch nicht zeigen, sagte der Professor.
Er wirkte nervös, stand auf und sah aus dem Fenster.
Ist es gestorben?, fragte der Mann, der sicher war, dass der Arzt einen Fehler gemacht hatte.
Nein, nein, sagte der, setzen Sie sich doch bitte. Ich habe so etwas noch nie gesehen. Ich muss Ihnen sagen, dass das Kind extrem missgebildet ist. Es sieht nicht einmal aus wie ein Mensch, ersparen Sie mir Weiteres.
Wie sieht es denn aus?, fragte die Frau drängend.
Wie, wie, fast wie ein, ich kann es nicht aussprechen, sagte der Arzt. Ich würde Ihnen raten, die Schwangerschaft abzubrechen. Vielleicht passiert das durch den Schock jetzt gleich, sonst machen Sie bitte einen Termin aus.
Die Frau stand auf, nahm die Hand des Mannes und verließ mit ihm, ohne ein Wort zu sagen, die Klinik. Sie gab vor, nichts von dem gehört zu haben, was der Arzt gesagt hatte. Sie wollte das Kind bekommen, sie spürte, dass es gesund war, und der Mann, vollkommen durcheinander, wollte das auch glauben. Seine Frau strahlte so viel Liebe und Zuversicht aus, dass er davon angesteckt wurde. Bis zur Geburt ließen sie keinerlei Ultraschalluntersuchung mehr machen, schwiegen über den Besuch in der Klinik, und als sie ein paar Tage nach dem errechneten Termin in einem freundlichen Geburtshaus in ihrer Nähe einen gesunden Jungen bekamen, nahm der Mann sich vor, den Professor um seine Stelle zu bringen, bis ans Lebensende zu verfolgen, auf Schmerzensgeld zu verklagen. Er ließ aber davon ab, als er merkte, wie glücklich sie alle drei waren.