Читать книгу Seewölfe Paket 13 - Roy Palmer, Fred McMason - Страница 24

10.

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Die Schüsse, die in der Ankerbucht der Piratenschiffe gefallen waren, hatten Lord Henry dazu veranlaßt, den Kurs zu wechseln und jetzt dorthin zu steuern, wo sich vielleicht der Seewolf aufhalten mochte.

Als auch oben in den Bergen geschossen wurde, befand sich die „Cruel Jane“ bereits dicht unter Land und rauschte hoch am Wind genau auf die Bucht zu.

„Das muß er sein“, sagte Henry zu Tim Scoby, Dark Joe, Dalida, Mechmed und den anderen, die ihn auf dem Hauptdeck umringten. „Er hat irgend jemanden angegriffen und ist vermutlich dabei, wieder einmal Beute zu reißen. Ein Teil seiner Crew könnte an Land gegangen sein, um ein Fischerdorf zu überfallen. Aber diese Suppe werden wir ihm gründlich versalzen.“

„Ich weiß nicht“, wandte Scoby ein. „Glaubst du wirklich, daß er darauf angewiesen ist, sich mit diesen Insulanern anzulegen, die wahrscheinlich nicht mehr besitzen als die Kleidung, die sie tragen?“

„Er ist ein ausgefuchster Beutelschneider und Galgenstrick“, sagte Henry. „Ein ganz mieser Hund und Schlagetot. Er ist nicht besser als wir, wie er uns zu verstehen geben wollte, sondern viel schlechter. Dafür haben wir jetzt den Beweis.“

Die anderen waren dennoch skeptisch, und es sollte sich gleich herausstellen, daß ihre Zweifel nicht unbegründet waren.

Hinter einer Landzunge, die sich vor die Bucht schob, segelten die Schebekke und die Ghanja hervor und nahmen Kurs auf die „Cruel Jane“.

Dobrans Ausguck auf der „Grinta“ entdeckte die Dreimast-Galeone mit den prall gebauschten Segeln und stieß einen Alarmruf aus.

Dobran stand mit gespreizten Beinen auf dem Achterdeck und schrie: „Das ist er! Er hat unsere Schüsse doch vernommen, hat Unrat gewittert und versucht jetzt, Reißaus zu nehmen! Eröffnet das Feuer! Schießt ihn zusammen!“

Er ließ anluven und als erstes die Buggeschütze der Schebecke und der Ghanja zünden. Mit trockenem Wummern spien die Geschütze ihre Ladungen aus. Wasserfontänen stiegen dicht vor der „Cruel Jane“ auf und fielen wieder in sich zusammen.

Lord Henry stieß einen Fluch aus. „Wer ist dieser Hund? Ist er verrückt geworden, uns ohne jeden Grund anzugreifen?“

Mechmed lauschte dem Geschrei, das von Bord der beiden Zweimaster zu ihnen herübergellte. Plötzlich verstand er, was die Kerle dort drüben sich untereinander zuriefen.

„Es sind Türken“, sagte er zu Henry. „Türkische Seeräuber. Sie wollen uns entern und ausplündern.“

„Hoch die Stückpforten!“ brüllte Henry außer sich vor Wut. „Rennt aus die Geschütze! Diesen Hurensöhnen wollen wir zeigen, mit wem sie es zu tun haben!“

Er ließ weiter anluven, während die Männer an die Kanonen stürzten. Die „Cruel Jane“ drehte ihr Vorschiff in den Südostwind und begann, über Stag zu gehen.

Donnernd entluden die Kanonen der Backbordseite ihre Eisenlast auf die Schebecke und die Ghanja. Die Türken erwiderten das Feuer unter Dobrans hellen Befehlsrufen.

Im Nu lagen die Schiffe im schwersten Gefecht miteinander. Das Grollen der Kanonen dröhnte an den Berghängen zum Dorf Pigadia hoch, wo es von allen Parteien mit Erstaunen und Entsetzen registriert wurde – von den Dorfbewohnern, von den Seewölfen und von Selim und dessen Meute, die sich eben wieder anschickte, Pigadia zurückzuerobern.

Eins der Mädchen trat aus dem Gefängnis und rief Lagios zu: „Zurück, Lagios! Tu diesen Männern nichts an! Sie haben uns befreit, ohne sie wären wir jetzt vielleicht schon tot. Sie haben mit den Piraten nichts zu tun.“

Lagios und seine Helfer blieben verdutzt stehen. Vollends verwirrt waren sie, als sie neben dem Mädchen zwei Jungen unter dem Türpfosten auftauchen sahen, die einander zum Verwechseln ähnelten.

Für einen Augenblick herrschte betretenes Schweigen, dann stieß Philip junior einen warnenden Laut aus. „Dad, Shane, Ferris – hinter euch!“

Der Seewolf und seine Männer fuhren herum, sahen die Gestalten der Kerle, die im grauen Dämmerlicht auf sie zustürmten, und ließen sich auf den Boden sinken.

Selim erschien, um Rache zu nehmen und sich seine Goldbeute wiederzuholen. Neben ihm liefen Osman, Firuz und Ali, hinter ihnen stürmten die anderen und schwangen ihre Waffen.

Das Mädchen zog sich erschrocken wieder ins Haus zurück. Philip und Hasard junior legten mit ihren Schrotflinten auf den Feind an. Selim schoß, dann krachten die Musketen von Osman, Firuz und Ali.

Hasard und seine Männer erwiderten das Feuer – und dann schossen auch Lagios und die Männer des Dorfes über sie hinweg auf die Angreifer.

Selim stürzte, er war am Arm verletzt. Ali überrollte sich zweimal auf dem Pflaster, dann rührte er sich nicht mehr. Firuz warf sich flach hin und entging der für ihn bestimmten Kugel, Osman brachte sich durch einen gewaltigen Satz in Melanias Haus in Sicherheit.

Wieder schossen die Seewölfe, und der Angriff der Türken geriet ins Stocken. Lagios und seine Freunde stürmten vor und brachen in ein zorniges Geschrei aus – und da rappelten sich Selim, Firuz und deren Kumpane schleunigst auf und ergriffen die Flucht zur Bucht. Die Männer von Pigadia hetzten ihnen nach.

In Melanias Haus warf sich Osman auf den mit ausgebreiteten Armen umherirrenden Antos und versuchte, ihm die Kette aus Goldmünzen abzunehmen. Antos schrie auf. Seine Hände schlossen sich um Osmans Kehle. Der Wahnsinn und die Schmerzen, die seinen Geist nun vollends in Besitz genommen hatten, verliehen ihm unbändige Kraft. Osman stach mit seinem Messer auf ihn ein, doch Antos’ Hände lösten sich nicht mehr vom Hals des Glatzkopfes.

„Poseidon“, stöhnte Antos, bevor sein Lebenslicht endgültig erlosch. „Nimm mich mit ins Meer, laß uns schwimmen – schwimmen …“

Er brach neben Osman zusammen, der noch verzweifelt trachtete, sich aus dem mörderischen Würgegriff zu befreien. Erfolglos – neben Antos hauchte auch er sein Leben aus, ehe Hasard, der in diesem Moment Melanias Haus betrat, eingreifen konnte.

Erschüttert blickte der Seewolf auf die Toten, dann drehte er sich wieder zu seinen Männern um

„Ferris, Shane“, sagte er. „Ed, Dan, Donegal – glaubt ihr, daß es die Kanonen der ‚Isabella‘ sind, die da feuern?“

„Dem Klang nach nicht“, erwiderte Shane. „Es sind schwere und leichte Geschütze, aber die Culverinen unserer alten Lady singen doch eine andere Melodie.“

„Mag der Henker wissen, was da los ist“, brummte Carberry. „Was tun wir jetzt, Sir? Ben und die anderen sind bestimmt schon halb verrückt vor Sorge, uns könnte etwas zugestoßen sein.“

„Ich hoffe, daß die ‚Isabella‘ noch in der Bucht liegt“, sagte der Seewolf. „Dan, lauf bitte sofort zu Blacky, Luke und Gray. Sag ihnen, sie sollen die Frauen der Piraten freilassen. Wie ich die Dorfbewohner einschätze, üben sie an ihnen Justiz, wenn sie sie zu fassen kriegen.“

„In Ordnung.“

„Anschließend kehrst du mit Luke zur ‚Isabella‘ zurück und unterrichtest Ben über das, was hier vorgefallen ist. Blacky und Gary sollen zu uns heraufkommen. Wir wollen versuchen, hier einen Baumstamm zu finden, der für den Bau eines neuen Bugspriets geeignet ist. Hinter den Häusern liegt offenbar genug Brennholz herum, vielleicht haben wir Glück und treiben ein Stück auf, das für unsere Zwecke groß genug ist.“

„Ja, gut. Und was ist, wenn sich Ben in Schwierigkeiten befindet?“

„Dann läßt du eine Höllenflasche hochgehen.“

Ferris händigte Dan O’Flynn zwei Flaschenbomben aus, dann verschwand Dan.

Hasard ging mit Shane, Ferris, dem Profos und Old O’Flynn zu dem Haus hinüber, in dem die Mädchen und jungen Frauen gefangengehalten worden waren.

„Wir müssen die Insel so schnell wie möglich wieder verlassen“, sagte er. „Die Atmosphäre hier ist zu heiß, viel zu heiß für meine Begriffe. Ihr versteht schon, was ich meine.“

„Ja“, erwiderte Ferris. „Ein Angriff auf die ‚Isabella‘ könnte bevorstehen. Aber was wird aus den Leuten hier? Selim und dessen Bande könnten noch einmal zurückkehren.“

Philip junior und Hasard junior erschienen in der Gasse, und nun traten auch zögernd die Frauen aus dem Haus.

„Dad“, sagte Philip. „Es scheint ein Versteck im Inneren der Insel zu geben. Dorthin haben sich offenbar die anderen Frauen und die Kinder gerettet. Soviel haben wir jedenfalls aus dem herausgehört, was das eine Mädchen uns erzählt hat.“

„Gut. Das ist die Lösung“, sagte sein Vater. „Wenn die Männer wieder hier sind, sollen sie alle Habseligkeiten zusammentragen und mit den Frauen fortgehen. Sie müssen Pigadia für die nächsten Tage verlassen. Versuche, das dem Mädchen beizubringen.“

Philip und sein Bruder sprachen auf das Mädchen ein. Sie nickte aufgeregt und begann zu gestikulieren, um zu zeigen, daß sie den Vorschlag für annehmbar hielt.

Der Kanonendonner verzog sich allmählich in östlicher Richtung und verlor sich bald in der Ferne, ohne daß Hasard und seine Begleiter oder Ben Brighton und die anderen Männer an Bord der „Isabella“ erfahren hatten, was sich unten vor dem südlichen Ufer von Rhodos ereignet hatte.

Irgend jemand mußte Selims Piraten ins Gehege geraten sein – aber wer? Über diese Frage zerbrach sich Hasard in den folgenden Stunden immer wieder den Kopf.

Lord Henry hatte die Ghanja leckgeschossen. Sie sank, und die Überlebenden sprangen ins Wasser, um sich auf die Schebecke zu retten. Dobran, der auch schon Verluste zu verzeichnen hatte, zog es unter dem massiven Beschuß der englischen Freibeuter vor, die Flucht zu ergreifen – nach Nordosten, um das Ostufer der Insel herum.

Selim und der größte Teil seines Landtrupps waren ins Wasser der Bucht gesprungen und entgingen den letzten Schüssen und Messerwürfen der Männer von Pigadia. Sie schwammen zu den Fischerbooten, die unweit der Landzunge dümpelten, kletterten hinein und pullten auf die offene See hinaus, wo sie durch einen glücklichen Zufall mit der Schebecke zusammentrafen und es auch schafften, an Bord zu entern, ehe Lord Henry mit der „Cruel Jane“ gewendet hatte und die Verfolgung aufnahm.

Jella und die zehn anderen Frauen flohen zum Westufer der Insel Rhodos und fanden eine Höhle, in der sie vorläufig unterschlüpfen konnten. Ihr Aufenthalt auf der Insel sollte jedoch nicht mehr von langer Dauer sein.

Lord Henry jagte die Schebecke „Grinta“, um sich von den türkischen Piraten die Schätze zu holen, die er an Bord ihres Zweimasters zu finden hoffte.

Am frühen Morgen, als die Männer und Frauen von Pigadia damit begannen, die Evakuierung ihres Dorfes vorzunehmen, kehrten Hasard, Big Old Shane, Ferris Tucker, Carberry, Blacky, Gary Andrews, Old O’Flynn und die Zwillinge an Bord der „Isabella“ zurück. Ein passendes Stück Pinienholz, aus dem sie einen neuen Bugspriet herstellen konnten, hatten sie gefunden – und das genügte ihnen.

Sie gingen wieder in See, um weiteren Ärger zu Vermeiden, obgleich Lagios und dessen Freunde sie darum gebeten hatten, ihre Gäste zu sein.

Als die „Isabella“ ihre Ankerbucht verließ und nach Süden absegelte, blickte Hasard zurück zur Insel.

„Ich glaube, wir hätten auf Rhodos noch echte Gastfreundschaft kennengelernt“, sagte er. „Aber es ist besser, keine Zeit mehr zu verlieren. Und ich halte es auch für taktvoller, die Leute von Pigadia in ihrer Trauer um die Toten sich selbst zu überlassen.“

Er ahnte nicht, daß er einer neuen Begegnung mit seinem Todfeind Lord, Henry nur durch eine Laune des Schicksals entgangen war …

Seewölfe Paket 13

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