Читать книгу Seewölfe Paket 13 - Roy Palmer, Fred McMason - Страница 38

2.

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Vorsichtig betteten sie den Fremden auf den Boden der Jolle, dann nahmen sie die Tartane in Schlepp und kehrten zur „Isabella“ zurück. Hasard lud sich den Bewußtlosen auf die Schulter und kletterte an der Jakobsleiter hoch. Shane, Ferris, Dan und Blacky brachten die Tartane zum Heck des Schiffs und vertäuten sie dort.

Die Zeit, die sie dadurch verloren, verstrich an Bord der „Isabella“ mit dem Unterbringen des verletzten, ohnmächtigen Mannes in einer Kammer des Achterkastells. Der Seewolf brauchte den Kutscher, seinen Koch und Feldscher, nicht rufen zu lassen, der Kutscher befand sich bereits im Anmarsch.

Er untersuchte den alten Mann eingehend, dann schaute er auf und drehte sich zu Hasard und den anderen Männern um, die sich in der Kammer eingefunden hatten.

„Man hat mit Knüppeln auf ihn eingeschlagen“, sagte er. „Und ich glaube, er hat auch einen Herzanfall erlitten. Es ist ziemlich schlimm um ihn bestellt, aber ich werde für ihn tun, was in meinen Kräften steht.“

„Das wird ihm nicht mehr viel nutzen“, brummte der alte O’Flynn. „So, wie er traktiert worden ist, hat er nicht mehr lange zu leben.“

„Trotzdem versuche ich, ihn durchzubringen“, sagte der Kutscher mit beinah störrischer Miene.

„Seiner Kleidung nach könnte er ein Fischer sein“, sagte der Seewolf. „Jedenfalls bestimmt kein reicher Mann. Warum ist man über ihn hergefallen?“

„Blutrache vielleicht“, meinte Smoky. „Die gibt es doch sicherlich auch auf Zypern.“

„Bestimmt“, sagte Ben Brighton. „Hoffentlich erfahren wir noch von ihm, was der Grund für diese Tat war.“

„Das hoffe ich auch“, sagte Hasard. „Was mich wundert, ist, daß er sich mit seiner Tartane so weit auf die offene See hinausgewagt hat. Wir befinden uns noch gut vierzig Meilen von Zypern entfernt. Auf diese Entfernung segelt doch normalerweise kein Fischerboot hinaus.“

„Er gibt uns also ein Rätsel auf.“ Smoky betrachtete den Alten nachdenklich im Schein der Öllampe, die Hasard in der nach außen hin gut abgeblendeten Kammer entfacht hatte.

„Ich sage, er bringt uns bloß Unglück“, erklärte Old O’Flynn. „Sein Fluch schwebt schon über der ‚Isabella‘.“

Der Seewolf wandte sich ihm zu. „Donegal, jetzt hör aber auf. Wolltest du den armen Teufel etwa in seinem Boot verrecken lassen? Wäre dir das lieber gewesen?“

„Das habe ich nicht gesagt. Ich behaupte nur, daß mit diesem Mann etwas nicht stimmt. Ihr werdet noch an meine Worte denken.“

Damit ging er hinaus.

Im Hereinbrechen der Dunkelheit briste es auf. Frischer blies jetzt der Wind aus Nordwesten. Während die Männer der „Isabella“ noch mit dem Vertäuen der Tartane am Heck und dem anschließenden Hochhieven der Jolle beschäftigt waren, nahmen die beiden Schiffe, die auf unverändertem Kurs von Norden heransegelten, mehr Fahrt auf.

Immer schneller schoben sie sich nach Süden, bald mit sieben, dann mit fast acht Knoten Geschwindigkeit. Wäre es noch Tag gewesen, hätten die Seewölfe ihre Verfolger wieder sichten können – erst nur die hinter der Kimm auftauchenden Mastspitzen, dann die komplette Takelage, dann auch die Rümpfe, deren Bugpartien imposante Wellenberge vor sich her schoben.

Hasards Vermutungen hätten sich mit einem Schlag bestätigt: Tatsächlich waren es die Galeone „Cruel Jane“ von Lord Henry und Selims Schebecke „Grinta“, die sich auf diese Hetzjagd durch das Mittelmeer begeben hatten. Henrys Ausguck Codfish hatte die „Isabella“ gegen Mittag an der südlichen Kimm entdeckt und anhand ihrer Flögel und des White Ensign, der im Großtopp flatterte, sehr wohl identifiziert.

Seitdem gab es für Lord Henry nichts anderes mehr als den Gedanken an Philip Hasard Killigrew und an die blutige Rache, die er diesem Mann geschworen hatte. Erbarmungslos knüppelte Henry seine Dreimastgaleone voran, so daß selbst die schnelle und wendige Schebecke kaum noch mithalten konnte.

Wie der Seewolf vermieden es auch Lord Henry und Selim, Laternen auf den Oberdecks ihrer Schiffe anzuzünden. Es hatte deswegen keiner langen Absprachen bedurft. Selim, der Türke, war selbst ein ausgefuchster und erfahrener Schnapphahn zur See, er wußte, auf was zu achten war.

Wäre es noch hell gewesen, hätten die Männer der „Isabella“ jetzt ohne Zuhilfenahme ihrer Fernrohre den nahenden Gegner erkennen können, und auch umgekehrt hätten Henry und Selim ihren erklärten Todfeind in aller Deutlichkeit vor sich gesehen – etwas weiter nach Backbord versetzt zwar als angenommen, jedoch schon so nah, daß man mit dem Ausrennen der Geschütze beginnen konnte.

Doch die Schatten der Nacht waren gefallen, und die schmale Sichel des abnehmenden Mondes konnte die Finsternis nicht erhellen.

Lord Henry stand auf dem vorderen Bereich des Achterdecks der „Cruel Jane“ und grübelte darüber nach, ob sich die Nacht wohl als sein Verbündeter erweisen würde – oder als Hindernis, das sich zwischen ihn und die „Isabella“ schob und es dem Seewolf gestattete, wieder einmal spurlos zu verschwinden.

Eine Gestalt näherte sich vom Backbordniedergang, der das Achterdeck mit der Kuhl verband. Dalida erschien, trat mit leisen Schritten auf ihn zu, verharrte neben ihm und griff nach seinem Arm. Sie versuchte, sich an ihn zu schmiegen, doch er wies sie zurück.

„Laß das“, sagte er schroff. „Du weißt, daß ich dagegen bin. Die Männer würden es als Schwächebeweis werten.“

„Zärtlichkeiten untergraben deine Autorität, Liebster?“ fragte sie auf spanisch. Langsam entblößte sie ihre Zähne. „Aber es ist doch dunkel. Keiner kann uns sehen. Sei ein wenig nett zu deiner armen Dalida.“

„Hör auf. Ich habe dir schon hundertmal erklärt, wie ich es mit der Borddisziplin halte.“

„Ja. Ein Kapitän geht mit gutem Beispiel voran.“

„Genau das.“

„Auch unter Deck, in seiner Kammer?“

„Was in der Kapitänskammer geschieht, steht auf einem anderen Blatt.“

Sie lächelte ihn dreist und mit einem Anflug von Verachtung an.

„Du bist schon ein seltsamer Kapitän, Henry“, raunte sie. „Unberechenbar, weißt du? Schlimmer als Mechmed, dieser Bastard von einem Berber, den ich wie einen räudigen Schakal hasse.“

„Haßt du auch mich?“

Der Druck ihrer Finger um seinen Unterarm verstärkte sich. Ihre Mundwinkel sanken nach unten. „Bei Allah, wie kannst du so etwas auch nur annehmen! Manchmal empfinde ich Furcht vor dir, weil du so grausam sein kannst, in allen Dingen. Aber Haß – Haß ist das Gegenteil von Liebe, und noch liebe ich dich.“

„Dann ist es ja gut“, sagte er.

Aber ich werde dir mein Messer in den Leib stoßen, wenn der richtige Augenblick gekommen ist, dachte sie, denn ich will deine Reichtümer und vielleicht auch dein Schiff, nicht dich, Hund von einem Giaur!

Es war falsch, dich meine Geliebte werden zu lassen, Dalida, sagte sich Lord Henry im stillen, ich wußte es von dem Tag an, als ich dich bei Mallorca aus der See fischte. Aber ich weiß diesen Fehler auszubügeln. Ich werde dich als Sklavin verkaufen, sobald sich die Gelegenheit dazu bietet, und ich werde ziemlich viel Geld für dich kassieren, denn du bist eine sehr hübsche Weibsperson.

Lord Henry und Dalida – sie waren ein unvergleichliches, außergewöhnliches Paar, auch ihrem Äußeren nach. Henry war über sechs Fuß groß und blond. Seine blauen Augen drückten die wilde Entschlossenheit nordeuropäischer Seefahrer aus. Er war ein tollkühner Draufgänger und gnadenloser Kämpfer, ein Teufel von Kerl, dem das Wort Angst, aber auch die Begriffe Rücksicht und Skrupel völlig fremd waren.

Dalida war relativ klein an Gestalt und von üppiger, vollbusiger Statur. Ihre langen schwarzen Haare fielen ihr bis auf die Schultern, und in ihren großen dunklen Augen lagen die Verlockung und die Rätselhaftigkeit des Orients. Sie sah die Welt völlig anders als Lord Henry und hatte andere Ziele als er, aber in zwei Dingen glichen sie sich: in ihrer grenzenlosen Habgier und in ihrer Furchtlosigkeit.

Dalida war Abu Al-Hassans Lieblingsfrau gewesen, doch sie hatte mit keiner Wimper gezuckt, als sie ihn tot im Hof des Harems hatte liegen sehen. Nur zu gern hatte sie an Mechmeds Seite Marokko verlassen und sich in jene Abenteuer gestürzt, die für sie Erfolg, aber auch den Tod bedeuten konnten. Sie wollte reich werden und für immer frei sein. Um dies zu verwirklichen, war sie bereit, jeden erforderlichen Weg zu gehen und jedes Opfer zu bringen.

In heuchlerischer Zuneigung blickte sie zu Henry auf und sagte: „Hast du noch Zweifel daran, den Seewolf zu stellen? Zerbrich dir nicht den Kopf darüber. Allahs Stimme sagt mir, daß wir seinen Vorsprung einholen und ihn fangen, noch heute nacht.“

„Allahs Stimme? Herrgott, laß mich doch damit in Frieden!“

„Dies ist unsere Glücksnacht, Henry.“

„Du bist selbst versessen darauf, die Kerle zu erwischen, oder?“ fragte er spöttisch. „Das kann ich mir denken. Sie haben dir den Lederbeutel mit deinen Habseligkeiten abgenommen, und außerdem hast du immer noch eine Rechnung mit diesem narbigen Hurensohn zu begleichen, mit diesem Carberry.“

„So ist es. Du gibst nichts auf meine inneren Stimmen, aber ich sage dir: Wir treiben sie gegen die Küste von Zypern, und diesmal ist es ihr Untergang.“

„Wir töten sie und holen uns den Schatz der Medici wieder?“

„Ja. Und wir reißen auch die übrigen Reichtümer an uns, die sie an Bord ihres Schiffes haben.“

„Das hört sich gut an“, sagte Lord Henry grinsend. „Wenn sich das wirklich bewahrheitet, Dalida, wenn wir diesmal also siegen, lasse ich dir eine Koje aus Gold schmieden, mit diamant- und perlenbestickten Kissen und Decken.“

„Auch das klingt gut“, sagte sie lachend.

„Aber können wir siegen?“

„Ja, denn wir haben Selim als Verbündeten.“

„Glaubst du nicht, daß er versuchen wird, uns hereinzulegen?“ fragte der Engländer.

„Ich nehme es nicht an“, erwiderte Dalida. „Als wir auf Rhodos an Land gingen, habe ich mich mit Jella, Selims Geliebter, unterhalten. Sie stammt ja aus dem Libanon, und so konnten wir arabisch miteinander reden.“

„Und? Muß Selim nicht daran gelegen sein, auch uns zu töten, weil wir seine Ghanja versenkt haben?“

„Jella behauptet, daß Selim so etwas wie ein Gefühl für Fairneß hat. Er sieht ein, daß es Dobrans Schuld war. Dobran ließ das Feuer auf uns eröffnen – was sollten wir anderes tun, als uns zu verteidigen? Dobran hatte noch Glück, daß die meisten Männer der Ghanja überlebten und sich an Bord der ‚Grinta‘ retten konnten.“

„Allerdings. Hat Selim Dobran für seinen Fehler auspeitschen lassen?“

„Ja.“

„Das habe ich mir gedacht. Wie gut, daß Selim doch noch an Bord seiner ‚Grinta‘ zurückgelangte, und wie gut auch, daß wir im Norden der Insel auf Rufweite aneinander herankamen. Mechmed und du, ihr habt eure Aufgabe als Dolmetscher wirklich gut erfüllt.“

„Danke“, sagte sie lächelnd. „Aber es war ja Mechmed, der Selims Horde als Türken erkannte.“

„Doch du hattest die Idee, daß wir uns gemeinsam mit ihnen holen konnten, was es doch offenbar auf Rhodos zu holen gab.“

„Ja. So schlugen wir Selim vor, Frieden zu schließen und uns zusammenzutun – und so erfuhren wir, wer Selim aus Pigadia verjagt und ihm Schimpf und Schande zugefügt hatte.“

„Killigrew und seine Bande“, sagte Lord Henry. „Hölle, wir waren ihm so nah gewesen, ohne es zu ahnen! Wir hätten ihn in seiner Ankerbucht vernichtend schlagen können, wenn die Dinge ihren richtigen Verlauf genommen hätten.“

„Wenn und hätte …“

„Ja, ich weiß, das nützt uns nichts. Eins begreife ich übrigens nicht. Am Westufer von Rhodos stießen wir, als wir mit Selim nach Pigadia zurücksegelten, auf Jella und die Türkinnen, die uns vom Ufer aus zuwinkten. Wir holten sie und brachten sie zurück an Bord der ‚Grinta‘. Wieso hatte Killigrew sie laufenlassen? Er hätte sie doch als Sklavinnen an Bord nehmen und irgendwo für bare Münze verkaufen können.“

Dalida lächelte immer noch. „Wer weiß, vielleicht hat er eine edlere Gesinnung als du. Das hat er dir gegenüber doch behauptet, nicht wahr?“

„Ja. Aber das nehme ich ihm nicht ab. Er ist ein Pirat wie ich und versteckt sich nur hinter seinem ‚Sir‘ und dem Kaperbrief, den er von der Königin erhalten hat.“

„Mag sein. Tatsache ist, daß er uns auch auf Rhodos wieder einmal gehörig hereingelegt hat. Als wir mit Selim nach Pigadia hinaufstiegen, war das Dorf verlassen. Die Bewohner waren ins Landesinnere geflohen, es hatte keinen Zweck, ihnen zu folgen. Aber was glaubst du wohl, wo der Goldschmuck abgeblieben war, den Selim in einem der Häuser zusammengetragen und angehäuft hatte?“

Henry setzte eine verdrossene Miene auf. „Natürlich hat Killigrew ihn mitgehen lassen, was denn sonst?“

„Ja, das glaube ich auch.“

Sie täuschten sich beide. Der Seewolf hatte den Bauern und Fischern von Pigadia zu ihrem Schmuck zurückverholfen und ihnen den Rat gegeben, sich mit all ihren Habseligkeiten in die Olivenhaine zurückzuziehen. Doch der Gedanke daran, daß ein Mann wie der Seewolf eines solchen Handelns fähig war, lag Henry und Dalida fern.

„Selims ganzer Haß wendet sich gegen den Seewolf und dessen Mannschaft, nicht gegen uns“, sagte Dalida. „Er wird wie ein Berserker kämpfen und keine Verluste scheuen, wenn wir diese Bande von Bastarden erst vor den Kanonenrohren haben. Nur das zählt, Henry.“

„Ja. Nur das. Es ist gut, einen Mitstreiter zu haben, auf den man sich verlassen kann.“

Henry blickte nach achtern und konnte die Umrisse der zweimastigen Schebecke, die jetzt wieder ein wenig aufgeholt hatte, ganz schwach in der Dunkelheit erkennen.

Ich werde dich für meine Zwecke ausnutzen, Selim, dachte er, aber unsere Beute werden wir nicht miteinander teilen. Ich habe mehr Männer als du, es ist keine Frage, wer von uns der Stärkere ist.

Dalida entsann sich der ausführlichen Unterredung, die sie auf Rhodos mit Jella gehabt hatte. Schnell hatten sie herausgefunden, daß sie gleiche Interessen hatten. Sie empfanden nicht nur Sympathie füreinander, sie waren auch dazu bereit, eine Art Bündnis zu schließen, ein Komplott, das sich gegen Henry und Selim richtete.

Lord Henry fuhr plötzlich herum und hob den Kopf. Sein Blick war nach Backbord voraus gerichtet.

Codfish, der Mann im Großmars, stieß einen gezischten Warnlaut aus.

Tim Scoby meldete sich mit seiner dunklen Stimme vom Hauptdeck aus: „Da war was, Henry. Da hat eben jemand geschrien. Ein Mann.“

Lord Henry wandte sich an den Rudergänger. „Ruder zwei Strich Backbord. Wir nehmen Kurs auf die Richtung, aus der der Laut ertönte. Vielleicht haben wir sie. Vielleicht haben sie aus irgendeinem Grund beidrehen müssen.“

Er legte seine Hände auf die Schmuckbalustrade, die das Achterdeck zur Kuhl hin abschloß. Seine Züge nahmen einen Ausdruck äußerster Spannung an.

Seewölfe Paket 13

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