Читать книгу Jugendstrafrecht - Sabine Swoboda - Страница 12
II.Ursachen und Eigenart der Jugendkriminalität
Оглавление12Die Besonderheiten des Jugendstrafrechts und seine Abspaltung vom allgemeinen Strafrecht werden gerechtfertigt durch die von den modernen Erfahrungswissenschaften vermittelten Einsichten in die Ursachen und die besondere Eigenart der Jugendkriminalität, deren wissenschaftliche Erforschung Gegenstand der Jugendkriminologie20 ist, sowie durch die besondere Bedeutung und die besonderen Möglichkeiten ihrer wirksamen Bekämpfung.
13Von echter „Kriminalität“ wird man bei den Bagatellstraftaten Jugendlicher und Heranwachsender kaum sprechen können. Sie stellen in den weitaus meisten Fällen harmlose, weil vorübergehende Entgleisungen dar, die in der Entwicklung fast jedes jungen Menschen mit der Einordnung in das soziale Leben verbunden sind. Wenn sie in den letzten Jahren so sehr in den Vordergrund der kriminologischen und kriminalpolitischen Diskussion getreten sind, so deshalb, weil sich die Zahl solcher Entgleisungen mit der Zunahme der Versuchungen im modernen Leben (Selbstbedienungsläden, Straßenverkehr u. dgl.), aber auch wegen der Lockerung im schwächer gewordenen Familienzusammenhalt erheblich erhöht haben dürfte. Deshalb erscheint die neuerdings verstärkt artikulierte Furcht vor vorzeitiger Kriminalisierung nicht unbegründet.21
14Anders steht es mit der „echten“ Jugendkriminalität, worunter ihrem Unrechtsgehalt nach schwere Straftaten zu verstehen sind, aber auch solche mittelschweren Delikte, die wegen ihrer häufigen Wiederholung den Beginn einer kriminellen Karriere befürchten lassen. Zwar gelten auch hier für die Ursachen die allgemeinen Erkenntnisse der kriminologischen Forschung insoweit, als sie uns die Prägung der Täterpersönlichkeiten durch vielfach miteinander kombinierte Anlage- und Umwelteinflüsse zeigen.22 Diese Einwirkungen von Anlage und Umwelt, von denen jeweils bald die eine, bald die andere stärker ins Gewicht fällt und die sich auch nicht exakt voneinander trennen lassen, weil beispielsweise angebliche Anlagedefizite nur sekundäre Merkmale bestimmter Umwelteinflüsse sein können, gestalten in ihrem dynamischen Zusammenwirken die Persönlichkeit und heben die Freiheit der Willensentscheidung zwar nicht notwendig auf, begrenzen aber doch mindestens den ihr verbleibenden Spielraum. Auf das Vorhandensein eines solchen Spielraums gründet sich der Schuldvorwurf, der sich gegen die Entscheidung des Täters zum Verbotenen richtet, damit aber seine Fähigkeit zu einer entgegengesetzten Entscheidung voraussetzt.
15Aber in diesem allgemeinen Rahmen wird die kriminogene Situation des jugendlichen Täters durch gewisse spezifische Merkmale gekennzeichnet, die sie von der des Erwachsenen unterscheiden. Sie haben ihren Grund in der biologischen und soziologischen Eigenart des Jugendalters23 und lassen sich etwa unter folgenden Gesichtspunkten zusammenfassen: