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Kapitel 13 | Jonathan | Erste Kämpfe

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Unsere Kurse trafen sich gemeinsam im Akademiepark. Lymle war mit ihrem Verstärkungslehrekurs, den sie als Fachgebiet gewählt hatte, und ich mit dem Fortgeschrittenen-Zauberpraxiskurs hergekommen. Die Auslosung war recht unspektakulär kursintern verlaufen: Jeder zog ein Los. Wer das Pentagramm erwischte, musste kämpfen. Natürlich hatte ich es gezogen, leuchtend blau hatte es mich vom Papier aus angeleuchtet.

Professor Blue, der sich einen schwarzen Mantel übergeworfen hatte, übernahm die Leitung. Er wiederholte die Regeln und machte besonders darauf aufmerksam, dass man sich nicht gegenseitig verletzen solle. Auf die Technik und das Einfallsvermögen kam es an. Also zumindest, was die Zaubertechnik betraf, war ich unterlegen. Ich durfte meine Zauber nicht offen zeigen und hatte auch noch immer keine Idee, wie ich gewinnen sollte, wenn ich meine Karten nicht benutzen wollte.

Mein Gegner war Reno, ein Adept aus Lymles Kurs. Ich wusste, dass er liebend gerne Feuerzauber benutzte, in den anderen Elementen dagegen war er schwach. Hoffentlich bekam er nicht Feuer zugewiesen. Falls doch, hatte ich ein Problem. Er war als Heißsporn bekannt und immer sehr übermütig. Ob ihn die Regeln bremsen konnten?

Unser Kampfplatz war etwa fünf Meter breit und ebenso lang. Er wurde von den Adepten und beiden Professoren umringt. In der Mitte gab es eine Linie, die wir nicht übertreten durften, damit jeder in seiner Hälfte blieb und kein direkter Körperkontakt bestand.

Professor Blue erhob seine Stimme, um die vielen Adepten zu übertönen: »In der ersten Runde werden wir sehen, wie Feuer und Wasser aufeinander reagieren. Jonathan, du nimmst Wasserzauber. Reno, du benutzt bitte nur Feuerzauber. Auf drei geht es los. Eins … zwei … drei!«

Reno warf augenblicklich seine Arme hinter den Rücken und ließ sie mit einer unglaublichen Geschwindigkeit nach vorne sausen. Aus seinen Händen schossen zwei Flammendornen hervor. Ich war noch nicht bereit für einen Gegenzauber, so stürzte ich mich seitwärts auf den Rasen. Von den Adepten erklangen einzelne Buhrufe.

Ich kniete einen Augenblick auf der Rasenfläche. Dann wusste ich, was ich zu tun hatte. Ich zog ein kleines Messer aus meinem Stiefel, welches ich sonst nur bei meinen nächtlichen Touren benutzte. Reno achtete nicht auf mich, sondern ließ sich von den anderen bereits feiern und glaubte, die erste Runde für sich entschieden zu haben. Ich ritzte flink eine Sigille in den Erdboden und stand auf.

»War das schon alles?«, rief ich ihm auffordernd entgegen. Reno drehte sich zu mir um und warf mit einem Grinsen denselben Zauber nach mir. Aber jetzt war ich vorbereitet. Ich fuchtelte leicht mit meinen Händen, um den Anschein zu erwecken, ich zaubere normal, doch mit dem Fuß löste ich meinen wahren Zauberspruch aus. Kurz bevor mich seine Flammen erreichten, baute ich aus dem Boden vor mir eine Wasserwand auf. Seine Feuerflammen verpufften einfach und nur zwei kleine Dampfwolken kündeten noch von seinem Zauber.

Verschwommen konnte ich erkennen, wie Reno sichtlich erschrocken auf seiner Seite des Feldes stockte. So einen gewaltigen Wasserzauber hatte er nicht erwartet.

Daraufhin wurde er wütend. Er warf ein paar größere Flammenbälle auf mein Wasserschild, doch auch diese richteten keinen Schaden an. Mein Zauber war zu stark. Ich war sicher vor ihm, aber wie sollte ich so gewinnen können? Mit seinen Flammen konnte er sich nicht verteidigen, gleichwohl ihn anzugreifen würde bedeuten, meinen Schild aufzugeben.

Ein schriller Pfiff erschallte. Reno und ich sahen überrascht zu Professor Blue. Dieser nahm die Finger vom Mund und bedeutete uns, unseren Kampf einzustellen. Ich senkte mein Wasserschild und Renos brennende Hände erloschen.

»Das war doch mal eine eindrucksvolle Demonstration. Was haben wir hier gesehen?« Er deutete auf einen der Adepten im Publikum.

»Eine Wasserwand. Ein Defensivzauber zur Abwehr von Feuer«, antwortete dieser.

»Ganz genau. Jonathan hat zwar einen Moment gebraucht, hat sich dann aber für die korrekte Abwehrstrategie entschieden. Gegen einen soliden Wasserwandzauber sind fast alle Flammenzauber nutzlos. Und wir haben hier eine wunderbare Wasserwand gesehen. Reno konnte nichts mehr ausrichten. Doch wie ist der Kampf ausgegangen?« Erneut richtete er seine Frage an einen anderen Adepten.

»Ich .. ähh … Jonathan hat gewonnen?«, war die Gegenfrage.

»Nicht ganz«, verbesserte Professor Blue, »Seine Verteidigung war zwar mehr als ausreichend, aber wie will er so seinen Gegner besiegen? Um so ein Schild aufzubauen, braucht man eine Menge Konzentration. Doch sobald man einen Gegenangriff startet, muss man den Wasserschild abbrechen. Damit wäre der Schutz weg und die Flammen könnten ungehindert angreifen. Wir haben hier gesehen, dass das Feuerelement ein klassischer Angriffzauber ist, jedoch Wasser in seiner Natur perfekt für die Abwehr geeignet ist. Was macht das Feuer, wenn das Wasserelement angegriffen hätte?« Diesmal wandte er seine Frage an Cloe.

»Feuerzauber besitzen keine Verteidigung gegen Wasserzauber. Dagegen ist Wasser kein brauchbares Angriffselement und so konnte der Kampf nur in einem Patt enden«, merkte Cloe an.

»Jawohl! Genau das ist der Punkt, den ich euch beibringen will. Jedes Element hat starke und schwache Seiten und ist gegen andere Elementargewalten mehr oder weniger gut, in der Verteidigung wie auch im Angriff. Das ist der Kern des Elementarkampfes.« Professor Blue schien ganz in seinem Element. »Doch kommen wir zu den restlichen Elementarzaubern. Wir werden heute nur einige der möglichen Kombinationen sehen. Immerhin wollen wir unsere beiden Kontrahenten nicht zu sehr ermüden. Also machen wir eben ein paar Minuten Pause, danach ruf ich euch zur nächsten Runde.«

Ich nutze die Halbzeit, um zu Richard und Cloe zu gehen. Cloe kam mir bereits entgegen, mit Richard im Schlepptau.

»Jonathan! Geht es dir gut? Das sah ja schlimm aus, wie das ganze Feuer auf dich zugeflogen ist. Ich glaube, ich hätte den Kampf nicht überstanden«, sagte Richard aufgeregt.

»Im Grunde habe ich auch nur Glück gehabt«, meinte ich in gedämpftem Tonfall.

»Und was hast du beim nächsten Wettkampf vor? Du kannst doch nicht einfach warten und nur reagieren wie dieses Mal. Du musst in die Offensive gehen«, bemerkte Cloe.

»Ich werde es aber so machen müssen, bis jetzt ist mir nichts Besseres eingefallen«, erwiderte ich.

»Besitzt du denn noch genug Kraft für ein zweites Duell?«, bohrte sie weiter.

»Ich denke ja … Wenn ich wenigstens schon die nächsten Elemente wüsste … dann könnte ich mich viel besser vorbereiten. Zumindest soweit, dass ich weiß, was auf mich zukommt.«

Es kam mir langsam eine Idee; auf die Schnelle musste ich nehmen, was ich hatte. Doch in Zukunft würde ich anders ausgerüstet sein, falls alles klappte. Ich stellte mich hinter Cloe und Richard, die anfingen, über den nächsten Kampf zu spekulieren, und zog zügig meine Karten hervor. Ich suchte ein paar Elementzauber zusammen und stopfte sie mir in die Ärmel und in die Hosentaschen. Ich musste mich beeilen, damit keiner etwas merkte. Die Auswahl war klein, aber richtig genutzt konnte ich so bestimmt gewinnen.

Abermals erschallte ein Pfiff von Professor Blue und die Adepten sammelten sich. Ich sah Reno, der sich siegessicher in einer Traube aus Schülern bewegte und sich bewundern ließ.

»Egal, welches Element ich bekomme, ich kann mit allem siegen! Blöd nur, dass der erste Kampf unterbrochen wurde. Ich hatte mich grade für den großen Gegenschlag bereit gemacht, um Jonathan vom Feld zu fegen«, prahlte er.

Wir betraten beide unsere Hälften auf dem Kampffeld. Die Adepten versammelten sich dicht drum herum und blickten still und erwartungsvoll zu Professor Blue. Dieser wartete noch einen Moment und genoss die Aufmerksamkeit. Anschließend stellte er die nächsten Elemente vor: »In diesem Duell geht das Wasserelement an Reno. Jonathan bekommt das Element Erde. Der Rest ist wie gehabt. Eins … zwei … drei!«

Der Kampf hatte begonnen. Doch es flogen keine Zauber wild hin und her. Ich sah, wie Reno in Abwehrhaltung ging, bereit, jederzeit meinen Zaubersprüchen auszuweichen. Aber wie sollte ich mit den wenigen Erdzaubern, die ich besaß, angreifen?

Wir beide warteten noch ein paar Augenblicke und sahen uns gegenseitig aufmerksam in die Augen. Wer tat den ersten Schritt? Plötzlich sah ich, wie Reno mit seinen Händen Muster in der Luft formte und leise Worte flüsterte. Er wollte demnach anfangen? Zum Angriff war das Wasserelement nicht ideal. Was sollte ich tun? Auf Verteidigung setzten? Aber Erde hatte keine gute Verteidigungsaussicht gegen Wasserzauber. Genau so wenig wie umgekehrt … Was hatte der Professor geplant?

Ich hatte keine Zauber dabei, um mich zu schützen, also ging ich ebenfalls in den Angriff über. Ich griff schnell zu meinem Arm und zog eine klein zusammengeknüllte Karte aus dem Ärmel. Daraufhin vollführte ich zum Schein die Zaubergesten, die für den Zauberspruch notwendig waren, und murmelte leise die Worte, die bei jedem anderen Zauberer auch wirkten, bei mir jedoch nur so verklangen.

Über meiner Handfläche bildete sich ein winziger, kreisender Erdbrocken. Er war durchwuchert von Wurzeln und mit kleinen Steinen besetzt. Reno schien mit seinem Zauberspruch fertig zu sein, allerdings konnte ich nicht sehen, was er gewirkt hatte. Ich durfte nicht warten, um es herauszufinden. Ich warf meinen Erdball, der Zauber beschleunigte sich und raste auf ihn zu. Er wich dessen ungeachtet nicht aus. Auch baute sich kein Schutzzauber um ihn auf. Reno war tief konzentriert und mein Zauber traf ihn mitten auf der Brust, zerriss seine Kleidung und schürfte ihm seine Haut blutig. Schmerz zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, die Zähne zusammengebissen ließ er sich jedoch nicht ablenken. Was hatte er vor?

Plötzlich spürte ich, wie meine Füße nass wurden. Wasser lief mir in die Schuhe und kurz darauf merkte ich, wie noch mehr an meinen Beinen hochstieg. Was zur Hölle war das? Ich blickte an mir herunter und sah, wie mich langsam eine Wassersäule von unten umschloss und immer weiter nach oben wuchs. Ein Wassergefängnis?

Diesen Zauber sollte er noch nicht beherrschen können! Ich schaute zu den Professoren, doch keiner reagierte. Sie waren zu neugierig, wie ich reagieren würde. Das Wasser umfasste bereits meine Hüfte. Ich versuchte, mich aus der Säule zu befreien, aber sie bildete einen Strom, der mich in ihrer Mitte hielt. Deswegen hieß es ja Gefängnis: weil man nicht entkommen konnte.

Was hatte ich für Zauber übrig? Mir blieb noch ein kleiner Efeuranken- und ein Wachstumszauber und … eine Idee.

Ich zog in rapiden Bewegungen die beiden Zauberkarten aus meinem Ärmel und fuchtelte erst etwas hektisch, schließlich aber beherrscht in den korrekten Formen die Hände durch die Luft. Das Wasser stand mir mittlerweile am Kinn und umschloss auch die Arme. Zum Glück waren meine Karten wasserfest. Ich presste noch die letzten Worte heraus, um die Illusion zu wahren und wirkte meine Zauber.

Im Anschluss daran war ich komplett eingeschlossen. Ich hatte nicht einmal mehr Zeit gehabt, Luft zu holen. Ich erkannte verschwommen, wie zu Renos Füßen Efeuranken aus dem Boden brachen. Sie wickelten sich um seine Beine und am Oberkörper entlang. Er merkte in seiner Konzentration erst zu spät, was geschah. Fix waren seine Arme eingewickelt und die Stränge wurden dicker. Doch allein dadurch würde ich nicht gewinnen. Er musste seinen Zauber abbrechen, bevor ich erstickte. Ich wusste auch schon, wie ich ihn dazu bringen konnte.

Ich gab dem Zauberspruch mit letzter Kraft eine neue Instruktion. Die Efeuranken wanden sich um seinen Hals und schnürten sich zusammen. Reno riss die Augen weit auf und starrte mich hasserfüllt an. Das erkannte ich sogar durch das Wasser. Doch er ließ nicht locker. Ich würde bald Sauerstoff brauchen. Und er auch. Es kam auf unsere Ausdauer an.

Ich war nie ein guter Taucher gewesen und mir wurde langsam schlecht. Die verbrauchte Luft brannte in meinen Lungen und wollte heraus, um Platz für frische zu machen. Aber hier gab es nur Wasser. Ich musste seine Konzentration brechen!

Mit den letzten Gedanken, die mir noch blieben, gab ich dem Zauber einen absoluten Befehl. Danach wurde mir schwarz vor Augen.

Ich erwachte auf der Wiese. Lymle kniete über mir, auch Cloe und Richard waren bei mir. Professor Blue stand neben ihr und grinste mich an.

»Immer diese Jugend. Aber gut gemacht, selbst wenn es ein Unentschieden war.« Er blickte in die Runde der Adepten. »Hier haben wir gesehen, wie zwei neutrale Elemente gegenseitig keine Abwehr bieten. Wasser durchbricht Erdwälle und Erde entzweit Wasserwände. Da beide Kontrahenten das richtig erkannten, sind sie direkt zum Angriff übergegangen. Der eine mehr, der andere weniger kreativ. Wer von euch kann aus der letzten Stunde bei Professor Mikail den Knochenleim, um Renos Bein zu heilen?« Professor Blue wandte sich ab und ließ mich bei meinen Freunden liegen.

»Was ist passiert?«, fragte ich leise. Meine Lungen brannten noch immer.

»Du hast ihm mit deinen Ranken das Schienbein gebrochen. So konnte er das Gefängnis nicht aufrechterhalten. Ihr seid beide bewusstlos geworden und die Professoren mussten Reno die Efeuranken vom Hals schneiden«, klärte Richard mich auf. »Und jetzt räumst du das Feld. Lymle übernimmt den nächsten Kampf. Reno hatte ihre Karte geklaut, sie wäre eigentlich dein Gegner gewesen.«

Ich schaute Lymle an, doch die zeigte mir nur mit einem Grinsen das Siegeszeichen.

Richard und Cloe halfen mir vom Kampffeld. Ich war noch etwas mitgenommen von meinem beinahe Ertrinken. Auch Reno wurde an die Seitenlinie getragen. Ein Adept begleitete ihn für den Knochenleim und Professor Mikail eilte hinterher.

Also kämpfte nun Lymle … Ich war gespannt, wie sie das anstellen wollte.

Die verbotene Prophezeiung

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