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GEWÜRZE von Ingo Holland
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Nach so vielen Jahren als Koch und Gewürzmüller haben sich mein Bezug und die Umgangsweise mit den Gewürzen grundlegend geändert. War ich früher ein Koch, der auch gerne mal mit Gewürzen wie Currys, Masalas, Pasten und Pulvern, aber auch Safran, verschiedenen Pfeffern, Chilis und Gewürzraritäten sagen wir mal, sehr großzügig umgegangen ist, so hat mich mein langer Weg bis zum heutigen Tag etwas ruhiger im Umgang mit dieser Hülle und Fülle von Aromen werden lassen.
Durch die Tatsache, dass wir nun schon seit vielen Jahren unsere Gewürzmischungen selbst entwickeln, rösten, mahlen und mischen, hat sich Selbstbewusstsein und Erfahrung eingestellt, sodass wir wesentlich zurückhaltender mit den Mengen bei der Dosierung umgehen. Wir verwenden ausschließlich beste Gewürze in unserem Gewürzamt, die durch eine ausgewogene und gut durchdachte Vermischung eine hohe Intensität erreichen. Das so entstandene, hocharomatische Gewürz, das ohne jegliche Zusätze von künstlichen und naturidentischen Aromen, Farbstoffen, Geschmacksverstärkern oder raffinierte Salze zurechtkommt, hat nun so eine Komplexität, dass es ausschließlich durch niedrige Dosierung, dem Grundprodukt gerecht wird, ohne es zu überdecken oder aber als langweilig zu wirken. So braucht man auf einer Currywurst, die aus bestem Fleisch und Gewürzen hergestellt wird und somit schon eine Besonderheit ist, keinesfalls Unmengen von Curry oder Masala, sondern allenfalls Spuren.
Die so geadelte Wurst lässt dennoch nicht zu wünschen übrig und ist auch sicherlich nicht primär unter Billig– oder Junkfood einzuordnen. Gewürze sollten eigentlich nie das Grundprodukt dominieren. Der zarte Umgang mit Mischungen, Kreuzkümmel, Anis, Tonkabohnen und vielen anderen Gewürzen lässt den Geschmack des Steinbuttes, eines zarten Kalbsfilets, des Rehrückens als Solitär stehen und wirkt nur wie eine elegante Fassung eines teuren Edelsteines. Dies gilt natürlich nicht ausschließlich für die eben genannten exklusiven Grundzutaten, sondern auch für das einfache Hausschwein, den Braten usw. Natürlich wird es weiterhin Gerichte wie ein Tandoori-Chicken, ein Gemüsecurry, eine Thailändische Currysuppe und Ähnliches geben, wo auch einmal das Gewürz im Vordergrund stehen kann. Das jedoch sollten Ausnahmen sein, denn sonst wird der Gaumen schnell müde und überanstrengt, das bedeutet, das Vergnügen beim gewürzt Speisen bleibt über kurz oder lang aus. Sie sollten Gewürze und Gewürzmischungen stets als etwas Besonderes bewahren, auch wenn im Vergleich zu vergangenen Jahrhunderten die Preise etwas anderes aussagen. Die Arbeit, die zum Beispiel für einen Kardamom aus Indien, für Vanille aus Madagaskar, Safran aus dem Iran oder auch nur einen einfachen schwarzen Pfeffer aus Indonesien auf - gewendet wird, steht seltenst in Relation zu dem bezahlten Preis für solche Kostbarkeiten. Auch wenn der Kilo- oder auch nur Grammpreis horrend erscheint. Deswegen sollten Sie der Aufbewahrung der Gewürze viel Aufmerksamkeit schenken. So haben Sie oft an einem Gewürz, das nur mit zwei Jahren Mindesthaltbarkeit ausgestattet ist, zwei oder drei Jahre mehr Vergnügen, wenn Sie zum Beispiel das Gewürz in blickdichten Gefäßen aufbewahren, es nicht mit feuchten Fingern entnehmen, stets nach der Verwendung sofort verschließen und nie lange an einen sehr warmen Ort in Ihrer Küche stellen. Licht ist der Tod für jedes Gewürz, ob farblich oder geschmacklich. Ein Gewürz ist dann am Ende, wenn es nicht mehr appetitlich duftet und schmeckt. Wenn Sie Gewürze auf Fleisch, Fisch oder Geflügel vor dem Braten aufstreuen, haben Sie ein besseres Geschmackserlebnis, als wenn Sie die Mischung oder das Einzelgewürz sehr spät einsetzen. Sie sollten dann nur die Brattemperatur etwas niedriger halten, dass elegante Röstaromen am Bratgut entstehen können, das Gewürz nicht verbrennt, aber gleichzeitig eine hohe Saftigkeit bleibt. Bei roten Fleischsorten bleibt auch der feine Rosé-Ton besser erhalten und macht das Fleisch im Anschnitt appetitlicher.
Wenn Sie diese wenigen, aber effektvollen Punkte respektieren und umsetzen, werden Sie bei dem Thema Gewürze einen lang anhaltenden Spaß- und Genuss-Lust-Faktor haben.
Mit vielen würzigen und salzigen Grüßen
Ihr Ingo Holland
Ingo Holland, geboren 1958, machte sich fast drei Jahrzehnte lang als Spitzenkoch zahlreicher Sterne-Restaurants einen Namen, bevor er im Jahr 2000 im bayerischen Klingenberg das »Alte Gewürzamt« eröffnete. Dort bietet er hochwertige Gewürze und selbst kreierte Gewürzmischungen aus eigener Manufaktur an. | www.ingoholland.de