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IV Der „1. Bürgerkrieg“ 1 Marius und Sulla

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In die frühe Kindheit Ciceros fällt der Krieg Roms gegen die Kimbern und Teutonen, zwei germanische Volksstämme aus Jütland, die in einer Völkerwanderung bis nach Südfrankreich, das damals schon von den Römern besetzt war (provincia – daher Provence), und nach militärischen Erfolgen gegen die Römer mit einem Teil ihrer Truppen sogar über die Alpen nach Italien vorstießen.

Dieser Krieg wäre in unserem Kontext weniger wichtig, wenn nicht Marius in dieser für Rom bedrohlichen Situation das alte römische Bürgerheer komplett reformiert und zu einem Berufsheer gemacht hätte, das er aus Proletariern (s.o.) rekrutierte, die sich durch ihren Dienst Versorgungsrechte erwarben und jetzt in einer persönlichen Bindung zu ihrem jeweiligen Feldherrn standen; es kam zu einem Abhängigkeitsverhältnis, in dem sich die Soldaten primär ihrem imperator verpflichtet sahen (FUNKE). Das typisch römische gesellschaftliche Phänomen des Klientelwesens, das Verhältnis patronus – cliens, wurde hier sozusagen in den militärischen Bereich hinein erweitert; diese neue Erscheinungsform des römischen Klientelverhältnisses, in dem der imperator und seine Soldaten eine Art „Erwerbsgemeinschaft“ (JEHNE) bildeten, eröffnete in der ciceronischen Zeit Einzelnen die Möglichkeit zu immenser Machtsteigerung; das „bedrohte oder beherrschte den zivilen Staatsapparat“. (FUHRMANN)

So konnte es geschehen, dass ein für eine militärische Sonderaufgabe (Imperium) eingesetzter Imperator zu einem unberechenbaren warlord wurde, der sich auch gegen den eigenen Staat wandte. Man kann hier von einem „legalisierten Absolutismus der Generale“ sprechen (HENSE/LEONARD).

Dieser „Fehler im System“ ermöglichte das rasche Ausbrechen von Bürgerkriegen. Der 1. Bürgerkrieg des Jahrhunderts ließ nicht lange auf sich warten. Nachdem im Jahre 88 in Kleinasien (in der heutigen Türkei) in der sogenannten „Vesper von Ephesos“ – einer Art antiker Bartholomäus-Nacht – an einem Tag 80.000 römische Bürger auf Betreiben des Mithridates, König von Pontos (am Schwarzen Meer), ermordet worden waren, übertrug der Senat den Oberbefehl (imperium) gegen ihn dem Lucius Cornelius Sulla: imperium ist im Gegensatz zu potestas, einem „relativen Begriff, der immer nur in Bezug auf ein bestimmtes Amt Inhalt bekommt, ein absoluter Terminus, der eine Zusammenfassung ganz bestimmter Machtvollkommenheiten beinhaltet“, eine „allumfassende Befehlsgewalt des Staatsoberhauptes mit Sonderrechten“ bezeichnet (MEYER) und immer das Recht zur Heerführung impliziert.

In Opposition zum Senat entzog das Volk Sulla das imperium und übertrug es auf Marius, einen „Popularen“.

EUTROP schreibt über den Ausbruch des ersten Bürgerkrieges im Jahre 88:

1 1 Primum Romae bellum civile commotum est, eodem anno etiam Mithridaticum.

2 2 Causam bello civili C. Marius sexies consul dedit. Nam cum Sulla contra Mithrida-

3 3 ten gesturus bellum, qui Asiam et Achaiam occupaverat, mitteretur, isque exerci-

4 4 tum in Campania paulisper teneret, ut belli socialis, de quo diximus, quod intra

5 5 Italiam gestum fuerat, reliquiae tollerentur, Marius adfectavit, ut ipse ad bellum

6 6 Mithridaticum mitteretur.

7 7 Qua re Sulla commotus cum exercitu ad urbem venit. Illic contra Marium et Sulpi-

8 8 cium dimicavit. Primus urbem Romam armatus ingressus est, Sulpicium interfe-

9 9 cit, Marium fugavit, atque ita ad Asiam profectus est.

1 Z. 1 Mithridaten – griechischer Akkusativ; latinisiert: Mithridatem

2 4 belli socialis – Bundesgenossenkrieg in Italien in den Jahren 91 bis 89, s.o.

3 7 urbem – hier wie häufig = Rom

Doch kaum hatte Sulla Italien verlassen:

1 1 Dum Sulla in Achaia atque Asia Mithridaten vincit, Marius, qui fugatus erat, et

2 2 Cornelius Cinna, unus ex consulibus, bellum in Italia reparaverunt et ingressi ur-

3 3 bem Romam nobilissimos e senatu et consulares viros necaverunt, multos pro-

4 4 scripserunt, ipsius Sullae domo eversa filios et uxorem ad fugam compulerunt.

5 5 Universus senatus ex urbe fugiens ad Sullam in Graeciam venit, orans, ut patriae

6 6 subveniret.

1 Z. 1 Achaia – ursprünglich der Name eines Landstriches des nördlichen Teils der griechischen Halbinsel Peloponnes, später, zur Zeit der römischen „Besatzung“ (Provinz) eine Art römischer Verwaltungsbegriff für das gesamte griechische Kernland.

2 1 Asia – nicht der heute so bezeichnete Kontinent, sondern der Westen Kleinasiens (in der heutigen Türkei, s.o.) und die damit verbundenen Inseln.

3 1 vincit – durch das Präsens wird hier das Imperfektive betont; der endgültige Sieg wird erst Pompeius gelingen (s.u. Ciceros Rede De imperio Gnaei Pompei).

4 3f. proscripserunt – in dieser Zeit begann man in Rom damit, politische Gegner auf Ächtungslisten zu setzen und sie in einer regelrechten Menschenjagd gezielt töten zu lassen (vgl. die folgende Rede Ciceros Pro Sexto Roscio). Auch Cicero selbst fällt einer solchen Proskription zum Opfer, dazu später mehr.

Nach seiner Rückkehr und seinem Sieg über die Marianer herrscht Sulla als Diktator in Rom (82 bis 79). Die hier geschilderten Ereignisse zeigen somit archetypisch den z.B. bei CASSIUS DIO (s.o.) beklagten Teufelskreis der Gewalt, der die Geschichte des Jahrhunderts der Bürgerkriege prägt.

Mit Cicero zum Latinum

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