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Das Lied der Linde – und die ›bunten Fremdlinge‹ (1921)
ОглавлениеIn einer der bekanntesten und besten deutschen Prophezeiung, dem Lied der Linde von 1921, findet sich folgende Aussage für die Zeit unmittelbar nach Ende des “dritten Weltkrieges“:
Ja von Osten31 kommt der starke Held,
Ordnung bringend der verwirrten Welt,
Weiße Blumen um das Herz des Herrn –
Seinem Rufe folgt der Wackre gern.
Alle Störer er zum Barren treibt,
Deutschem Reiche deutsche Rechte schreibt.
Bunter Fremdling, unwillkomm’ner Gast,
Flieh die Flur, die nicht gepflügt du hast!
Gottes Held, ein unzertrennlich Band
Schmiedest du um alles deutsche Land!
Den Verbannten [den Papst°] führest du nach Rom,
Große Kaiserweihe schaut ein Dom [in Köln°].32
Sämtliche Hauptaspekte in obigem Zitat werden auch noch von anderen Quellen vorausgesagt:
Der starke Held nach dem Kriege bzw. der große Monarch, der in Deutschland eine neue Ordnung etabliert, ein Wieder-auf-sich-selbst-Besinnen der Deutschen, ein Wiederaufblühen der christlichen Religion in Europa und eine enge Allianz zwischen dem starken Helden und dem Papst bzw. der dann erneuerten christlichen Kirche.
Was unter anderem für die echte hellseherische Qualität des Lindenlieds spricht, ist an anderer Stelle der Prophezeiung die Voraussage einer Hyperinflation in Deutschland; ein Ereignis, das sich schon zwei Jahre nach der Veröffentlichung der Prophezeiung erfüllen sollte; und ein Ereignis, für das es in der europäischen Geschichte kein Vorbild gab und das von daher für normale Menschen auch nicht vorauszuahnen war.
Abb.2:
Hist. Postkarte mit dem Bild jener Linde, in deren Stamm das Lied der Linde gefunden worden sein soll
Im Lied der Linde heißt es dazu:
Arme werden reich des Geldes rasch,
Doch der rasche Reichtum wird zu Asch.33
Abb.3:
1923: Geld wandert in den Ofen
Geht man vom Datum im Vorwort des betreffenden Büchleins aus, so wurde das Lied der Linde spätestens im Oktober 1920 niedergeschrieben, und damit rund drei Jahre vor dem Höhepunkt der Hyperinflation in Deutschland. Auf dem Höhepunkt der Hyperinflation im Herbst 1923 wurden Unmengen von Papiergeld gedruckt, und am Ende verfügten auch ganz normale Bürger über ganze Koffer voll mit praktisch wertlosen Geldscheinen.
Nach der Währungsreform am 15. November 1923 wurde das wertlose Hyperinflationsgeld von den Bürgern dann tatsächlich in den Öfen ihrer Häuser und Wohnungen verbrannt.
Abb.4:
Tabelle: Hyperinflation 1923
Anfang 1921, als das Büchlein mit dem Lied der Linde erschienen ist, lag die Inflation – bezogen auf das Inlandsbriefporto bei 100 Prozent (A in Tabelle), im November 1923 bei etwa 100 Millionen Prozent (C).
Die zwei kurzen Zeilen zur Hyperinflation haben sich damit praktisch in jedem einzelnen Punkt genau erfüllt: Arme Bürger verfügten auf dem Höhepunkt der Hyperinflation über ganze Koffer voll Geld (»… reich des Geldes«), das jedoch bald danach im Ofen verbrannt wurde. Der dramatische Geldmengenzuwachs vollzog sich vor allem in der Endphase innerhalb weniger Monate. So verteuerte sich ein Inlandsbrief von August 1923 (B) bis November 1923 (C) um das Ein-Million-Fache (»… reich des Geldes rasch«). Und als der Spuk vorüber war, standen die Bürger vor der Wahl, entweder das jetzt wertlose Geld in den Müll zu werfen oder im Ofen zu verheizen. Da die Währungsreform am 15. November 1923 stattfand und es langsam kalt wurde, hat man das Geld einfach zu Hause in der Wohnung verbrannt – das Einzige, wozu es noch gut war.
Was nun das
Bunter Fremdling, unwillkomm’ner Gast,
Flieh die Flur, die nicht gepflügt du hast!34
im Lied der Linde betrifft, so behauptet manch Skeptiker, »Bunter Fremdling« stehe für die besiegten russischen Soldaten. Das allerdings erscheint aus mehreren Gründen kaum haltbar: Zunächst einmal widerspräche eine solche Umschreibung der brutalen Invasoren – Invasoren, die großes Leid über die deutsche Bevölkerung gebracht hätten – komplett dem Stil des Gedichtes als auch jedem halbwegs empathischen Sprachgefühl. Wer den Aggressor als „Gast“ verharmlost, verhöhnt dessen Opfer und trampelt in jedem Fall auf den Gefühlen der Hinterbliebenen herum. Kurz: Das wäre die Sprache der Täter!
Zudem sind die Soldaten moderner Armeen, was ihre äußere Erscheinung betrifft, nicht bunt. Bodentruppen tragen Uniformen in Tarnfarben. Der moderne Soldat will nicht auffallen, er will möglichst unsichtbar sein. Und was bitte hätten die Soldaten aus dem Osten mit dem nicht gepflügten Acker der Deutschen zu tun? Auch dieses Bild passt nicht zu der These, die Fremden seien Soldaten.
Sehr viel plausibler ist somit die Deutung der „Gäste“ als Zivilisten, und dass Gast darauf hinweist, dass die Fremden erstens ursprünglich im Frieden kamen, zweitens noch nicht allzu lange im Lande waren und man drittens gedacht hat, sie würden bald auch wieder in ihre Heimat zurückkehren. Ein Gast eben.
Das „bunt“ im Falle der zivilen Gäste auf deren Kleidung zu beziehen, ergibt dann auch wenig Sinn. Warum sollten die Fremden bunte Kleidung tragen, die Deutschen aber nicht? In früheren Jahrhunderten, vor der Entwicklung von Industriefarben (etwa Mitte des 19. Jahrhunderts), konnten sich nur Wohlhabende bunte Kleidung leisten, und seit es kostengünstige Industriefarben gibt, kann sie sich jeder leisten. Textilfarben sind kein Kostenfaktor mehr. Von daher hat es einfach keinen Sinn, dass sich die Fremden von den Deutschen durch ihre bunte Kleidung unterscheiden. Was also bleibt? Natürlich die Haut- und Haarfarbe – im Sinne von buntes Völkergemisch.
Der mögliche Hintergrund der Flucht
Mit »Flieh die Flur« wird ein Konflikt zwischen Einheimischen und Fremden suggeriert. Doch das Lindenlied verschweigt uns, was der Grund der Flucht ist, es verschweigt, was vor der Flucht geschehen ist. Ein solches Verschweigen oder Verschleiern der eigentlichen Ursache, bzw. des Hauptereignisses, findet sich nebenbei bemerkt noch an anderer Stelle dieser Prophezeiung, beispielsweise beim “dritten Weltkrieg“, der in einer einzigen Zeile lediglich mit den Worten »schlimmste Menschenschlacht« angedeutet wird, eine Umschreibung, die man erst dann richtig versteht, wenn man andere europäische Prophezeiungen kennt: Der “dritte Weltkrieg“ wird damit im Lied der Linde zu einem Teilszenario des Krieges verdichtet: zur Endschlacht in Nordrhein-Westfalen unmittelbar vor der endgültigen Niederlage der Roten Armee.
Als Ursache der Flucht, wäre denkbar, dass die Versorgung der Fremden im Rahmen einer großen Wirtschaftskrise in Deutschland nicht mehr funktioniert hat und es am Ende zu gewalttätigen Verteilungskämpfen gekommen ist. Natürlich wäre das nicht schön, aber sehr menschlich, und vor allem aus der Geschichte her bestens bekannt.