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Caesarius von Heisterbach (1223)
ОглавлениеCaesarius von Heisterbach war ein deutscher Zisterziensermönch; im Jahre 1240 in oder bei Köln gestorben. Wikipedia weiß über ihn:
Als berühmter Kölner Chronist, Verfasser kirchlicher Schriften und Erzähler sammelte er im Dialogus miraculorum [Dialog über Wunder°] Geschichten von den Wundern und Gesichten seiner Zeit.
Als Gesichte bezeichnet man bzw. bezeichnete man früher hellseherische Visionen, einschließlich religiöser Visionen. Bekannter ist der Begriff Zweites Gesicht für die Fähigkeit, in die Zukunft und in die geistige Welt sehen zu können. Wenn man so will, produziert das Zweite Gesicht seinerseits Gesichte (Visionen). Doppelgesichtigkeit wird normalerweise zwar mit Widersprüchlichkeit und potenzieller Gefährlichkeit assoziiert. Beim Zweiten Gesicht geht es aber nicht um zwei widersprüchliche Persönlichkeitshälften.
Abb.9: Caesarius zu Füßen des heiligen Benedikt, Handschrift C 27, Landesbibliothek Düsseldorf
Es geht um den Zugang zu einer zweiten Bewusstseinsebene. Dem Zweiten Gesicht entspricht diese zweite Wirklichkeit.
In der betreffenden Prophezeiung des Caesarius heißt es mit Blick auf die Endzeit:
Die Luft wird verderbt sein wegen der Bosheit und Abscheulichkeit der Menschen. Viele und schreckliche Zeichen werden am Himmel erscheinen. Die Sonne wird sich verdunkeln und sich blutrot zeigen. Zwei Monde zugleich wird man vier Stunden lang, umgeben von erstaunlichen Dingen, sehen. Mehrere Sterne werden zusammenstoßen zum Zeichen der Zerstörung fast aller Menschen.68
Ein zweiter Mond würde von der Erde aus betrachtet natürlich anders erscheinen als ein Stern, der – so wie z. B. im Focus beschrieben – plötzlich am Himmel so hell leuchtet wie der Vollmond. Der Stern könnte deutlich kleiner erscheinen als der irdische Mond; sagen wir halb so groß, dafür aber doppelt so hell.
Die obigen fünf Sätze sind ansonsten nur ein kurzer Ausschnitt aus dem kompletten Prophezeiungstext. Eingebettet ist die Szene mit den ungewöhnlichen Erscheinungen an Sonne, Mond und einigen Sternen in ein Gesamtszenario, das auch von anderen Prophezeiungen her bekannt ist – praktisch das ganze Szenario vom “dritten Weltkrieg“ über die dreitägige Finsternis, also der globalen Naturkatastrophe am Ende des Krieges (siehe Kapitel "Die dreitägige Finsternis"), bis hin in die nachfolgende Friedenszeit.
Folgende Teilaspekte des Gesamtszenarios bis zur dreitägigen Finsternis werden auch von Caesarius von Heisterbach erwähnt und stellen klar, auf welchen Zusammenhang er sich bezieht:
der Niedergang der christlichen Religion und der Zerfall der Kirche
die Flucht des Papstes aus Rom
Erdbeben
die Überflutungen der Meeresküsten
eine Verpestung der Luft
die »Zerstörung fast aller Menschen«
Die »Zerstörung fast aller [?°] Menschen« lässt sich gleichsetzen mit der dreitägigen Finsternis. Diese wäre den Quellen nach die Hauptursache für das Massensterben, nicht so sehr der Krieg (siehe hierzu mein Buch ›3 Tage im Spätherbst‹). Angaben zu Bevölkerungsverlusten sind allerdings mit Vorsicht zu genießen, sie schwanken in den Quellen erheblich, einschließlich regionaler Unterschiede.
Caesarius bezieht sich mit dem zweiten Mond also auf diesen zeitlichen Kontext von “drittem Weltkrieg“ und dreitägiger Finsternis. Allerdings werden im Caesarius-Text die zwei Monde erst in der Zeile nach der Verfinsterung der Sonne erwähnt. Das passt nicht so ganz (der zweite Mond müsste vor der Finsternis auftauchen), könnte aber auch eine Ungenauigkeit in der Überlieferung sein. Hier sollte man nicht jeden Halbsatz auf die Goldwaage legen. Fehler in der Chronologie von Teilereignissen kommen in Texten wie diesem durchaus vor. Meiner Einschätzung nach müsste der zweite Mond jedenfalls ein paar Monate vor der dreitägigen Finsternis auftauchen und auch noch vor dem Kriege. Die blutrote sich verdunkelnde Sonne wiederum könnte durch eine Wolke in der Erdatmosphäre oder im Weltraum verursacht sein. Ein zwingender Hinweis auf die dreitägige Finsternis ist es nicht.
So wie in anderen Prophezeiungen auch heißt es bei Caesarius weiter, dass sich nach den ganzen Katastrophen die Menschen wieder in Frieden zusammenfinden werden und es zu einer Renaissance der christlichen Religion kommt. Die Prophezeiung schließt mit folgenden Worten über die Zeit nach den Katastrophen:
Alle Menschen werden einander lieben, und der Frieden wird lange Jahre dauern.
Wohlgemerkt: In Anlehnung an einige andere Prophezeiungen wäre damit nicht das 1 000-jährige Friedensreich gemeint, sondern die Friedensepoche vor dem Auftauchen des Antichristen ein paar Generationen später.