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Alois Irlmaier – und die »große Zahl fremder Leute« (~1950)

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Kommen wir nun zu Alois Irlmaier. Alois Irlmaier ist, das kann man durchaus so sagen, auch wenn es etwas aufgeblasen klingt, einer der, wenn nicht der bedeutendste Hellseher des deutschen Sprachraums der letzten 200 Jahre.

Die Voraussagen dieses Sehers wurden noch zu dessen Lebzeiten von einer ganzen Reihe von Zeugen niedergeschrieben, so dass von diesem Seher reichlich Material vorhanden ist und man nicht zu sehr von der Glaubwürdigkeit einzelner Zeugen abhängig ist. Einzigartig am Fall Irlmaiers sind noch heute existierende Gerichtsakten aus zwei Prozessen, in denen ihm von etlichen Zeugen bestätigt wurde, Dinge zutreffend vorausgesagt zu haben. Im sogenannten Gaukler-Prozess von 1946/47 wurden seine Fähigkeiten sogar vom Richter in der Urteilsbegründung gewürdigt. Zu diesem Prozess kam es, weil Irlmaier vom örtlichen Pfarrer wegen betrügerischer Hellseherei („Gaukelei“) angezeigt worden war.37 Darüber hinaus gibt es viele dokumentierte Zeugenaussagen hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Voraussagen dieses Sehers. Alois Irlmaier ist in vielfacher Hinsicht ein äußerst seltener und ergiebiger Fall, siehe dazu auch mein Buch ›Alois Irlmaier – ein Mann sagt, was er sieht‹.

1992 wurde folgende, mittlerweile recht bekannte Aussage Alois Irlmaiers veröffentlicht. Die Aussage stammt vermutlich von Anfang der 1950er Jahre:

Zuerst kommt ein Wohlstand wie noch nie.

Dann folgt ein Glaubensabfall wie nie zuvor.

Darauf eine noch nie da gewesene Sittenverderbnis.

Alsdann kommt eine große Zahl fremder Leute ins Land.

Es herrscht eine hohe Inflation.

Das Geld verliert mehr und mehr an Wert.

Bald darauf folgt die Revolution.

Dann überfallen die Russen über Nacht den Westen.38

Kritiker werden jetzt vielleicht einwenden, dass Fremde oder Gastarbeiter schon seit den 1960er Jahren nach Deutschland gekommen sind. Das stimmt natürlich, doch wie oben schon angesprochen, schauen Seher in der Regel dorthin in die Zukunft, wo die Action ist; wo es um „große“ Dinge geht. Und beim Thema „viele Fremde“ war das eindeutig erst 2015/2016 der Fall. In keinem anderen Jahr seit 1945 war das Thema „Fremde und Zuwanderung“ so präsent in den Medien und in der persönlichen Wahrnehmung der deutschen Bürger.

Darüber hinaus würde ich die große »Sittenverderbnis« aus der Sicht eines 1959 verstorbenen katholischen bayerischen Brunnenbauers wie Alois Irlmaier auf die 1980er Jahre und später datieren; auf die Zeit der Christopher Street Days (in Deutschland ab 1979), der Telefonsex-Werbespots im Privatfernsehen (Privatfernsehen in Deutschland ab 1984), der Loveparade (ab 1989) und der Swingerclubs (erste Anfänge in den 1970ern, deutliche Zunahme in den 1980ern). Die nie da gewesene Sittenverderbnis ließe sich damit auf die Zeit ab den 1980ern datieren bzw. ab der beginnenden Ökonomisierung der sexuellen Revolution und ihrer inzwischen quasi schon rituellen öffentlichen Zurschaustellung in bestimmten Szenen.

Mit der Dekadenz ab den 1980ern wären die Gastarbeiter aus den 1960ern eindeutig raus aus dem Spiel. Das Gros der Gastarbeiter kam vor den Christopher Street Days und ähnlichen Phänomenen.


Abb.5: Alois Irlmaier

(1894–1959)

Außerdem ist in obigem Zitat unmittelbar nach der großen Zahl fremder Leute auch noch von einer hohen Inflation und Geldentwertung die Rede. Damit sind wir „gefühlt“ in der aktuellen Finanz- und Euro-Krise, in der Zeit der Corona-Rettungspakete und vor allem der Nullzinsen. Die hohe Inflation passt keinesfalls zu den Gastarbeitern in den 1960er und 1970er Jahren. Seinerzeit gab es zwar schon eine etwas höhere Inflation – beispielsweise Anfang/Mitte der 1970er zwischen etwa 4 und 8 Prozent –, dafür waren aber auch die Zinsen hoch. Abzüglich der Inflation blieben in den Jahren von 1970 bis 1974 immer noch rund 3 Prozent vom Zins übrig. Platt gesagt: Was man bei Aldi draufzahlte, bekam man, wenigstens wenn man genug auf der hohen Kante hatte, bei der Stadtsparkasse wieder zurück. In heutigen Zeiten der Nullzinsen jedoch ist es mit dem Zinsgewinn vorbei.

Kurz: Auch Alois Irlmaiers »große Zahl fremder Leute« deutet eher auf 2015/2016. Niemals zuvor kamen in so kurzer Zeit so viele Fremde nach Deutschland, niemals zuvor waren die Fremden kulturell und vom Aussehen her so fremd, und niemals zuvor erregten die Fremden in so kurzer Zeit so viel Aufmerksamkeit, lösten sie so starke Emotionen aus.

Nikolaas van Rensburg (1919)

Verlassen wir nun Europa und machen wir einen kurzen Schwenk nach Afrika, konkret nach Südafrika. Dort lebte Ende des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts ein Seher namens Nicolaas van Rensburg (gest. 1926), ein Farmer mit niederländischer Abstammung. Nach allem, was man über diesen Seher erfahren kann, muss es sich um einen sehr guten Seher gehandelt haben. Allerdings waren seine Visionen, ähnlich wie oben bei Edward Korkowski, in symbolische Bilder gekleidet, was natürlich die Deutung erschwert. Am 29. September 1919 soll der Seher folgende Vision gehabt haben. Der Text stammt aus einem Buch von 2006:39

Ein leerer Laden steht in Europa; Menschen fliehen [aus Afrika°] in Richtung Norden mit Wagen, die mit Unrat beladen sind. Viel Ochsen mit weißen Rücken [Amerikanerf°] kommen aus Westeuropa, und als sie verschwinden, rennen kleine, nackte „Kaffern“ [abwertend für einen afrikanischen Volksstamm!°40] […] Richtung Norden. Eine Depression, die alle vorherigen unbedeutend erscheinen lässt, trifft die Welt. […] Nichts wird mehr beständigen Wert haben, und es wird kein Geld mehr geben. Es trifft Europa so hart, dass England [als bedeutende Nation°] untergeht. Amerika wird eingreifen und versucht zu helfen41, und ein hungerndes Schwarzafrika wird nach Europa einfallen […].42

Ein wichtiger Punkt ist hier die zeitliche Nähe einer schweren Wirtschaftskrise in Europa zu der Flucht der armen Afrikaner nach Europa. Dass hungernde Schwarzafrikaner nach Europa »einfallen« ist nebenbei bemerkt natürlich eine überzogene Deutung. Zwischen Afrika und Europa liegt das Mittelmeer. Zur Flucht nach Europa braucht es Geld für Schleuser. Es sind also nicht die armen Afrikaner, die nach Europa flüchten, sondern jene, die noch ein paar 1 000 US-Dollar haben.

Gerade auch an den mit Unrat beladenen Wagen oder Ochsenkarren sieht man dann, wie manche Seher visionäre Inhalte in für sie zeittypische Bilder übertragen sehen. Ochsen mit weißen Rücken symbolisieren laut van Rensburg die USA bzw. US-Amerikaner. Auch das passt: In der Zeit der großen europäischen Krise kommt es zu einer Entfremdung zwischen den USA und Europa. Die Ochsen mit weißen Rücken ziehen sich aus der alten Welt zurück.

So viel an dieser Stelle zu Nikolaas van Rensburg. Später kommen wir auf ihn zurück.

Nach den sieben Quellen

1 Edward Korkowski 1985 – Flüchtlinge als Waffe gegen Deutschland

2 Dame aus Valdres 1968 – Flüchtlinge als letztes Vorzeichen für Krieg

3 Lied der Linde 1921 – nach Krieg: „bunte Fremde“ auf der Flucht

4 Berta Zängeler 1950 – nach Krieg: Ausländer heimgeschickt

5 Bremer Großmutter 1960 – Kämpfe zw. Fremden u. Einheimischen

6 Alois Irlmaier 1950 – viele Fremde kommen vor Inflation und Krieg

7 Nicolaas van Rensburg 1919 – Afrikaner flüchten nach Europa in der Krise

… nun zur achten Quelle zum Thema Flüchtlinge und Einwanderer:

Wenn Beteigeuze explodiert

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