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Die Frau hörte ihn zuerst und drehte sich zu ihm und sagte, „Ich mag Ihren Hut“, und schaute nach unten. „Wow. Echtes Leder?“

„Die Stiefel, ja.“

„Was ist das? Krokodil?“

„Schlange.“

„Und der Hut?“

„Filz.“

„Hält er warm?“

Elijah nickte, stellte sich dann vor den Mann und hielt sein Telefon hoch. „Entschuldigung, darf ich?“

Der Mann lächelte. „Ah, das passiert mir dauernd. Aber ich bins nicht.“

Elijah sagte, „Ich glaube schon.“

Jetzt lachte er. „Nein, ehrlich Mann, ich bins nicht. Ich weiß, ich seh ihm ähnlich. Aber ich bin schwerer. Und größer. Und Deutsch spricht er auch nicht, soweit ich weiß, also ...“ Er breitete die Arme aus. „Ich bins wirklich nicht.“

Elijah sagte, „Wer spricht kein Deutsch? Von wem reden Sie?“

„Was?“ Hände jetzt auf dem Tisch, an jedem Finger ein Ring. „Von wem reden Sie?“

Jo stellte sich neben Elijah.

„Ich mach mal“, sagte Elijah und drückte den Auslöser.

„Hey Mann, komm schon, ich hab doch gesagt-“

Elijah hob die Hand mit dem Zeigefinger gestreckt – Moment bitte – und tippte mit der anderen Hand eine Nummer. Der Koloss, grinsend, schien amüsiert. Elijah hielt seinen Blick auf ihn und sagte ins Telefon, „Leblanc hier, OFA. Sie sind? ... Okay, ich schicke Ihnen mal ein Foto, Herr Schumacher ... jetzt ... Das weiß ich nicht, aber ich dachte, von unserer Liste vielleicht ... Ja, ich warte ...“

„Hey Mann, was soll das?“ Zweifel jetzt im Blick des Kerls.

Elijah hob wieder die Hand, „Ja, ich bin noch da ... tatsächlich? Sagen Sie ... okay. Wir sind im Café de Paris um die Ecke ... genau. Wir warten dann ... Nein, nein, sagen Sie denen, alles unter Kontrolle, es gibt keinen Grund nervös zu sein ... Gut, danke.“ Elijah steckte das Telefon ein und zog dann seine Dienstmarke und stellte sich vor und steckte die Marke wieder ein und sagte, „Das hier ist meine Kollegin Frau König. Sie sind Herr Ashdani, richtig?“

„Was?“

„Dürfte ich bitte mal Ihren Ausweis sehen? Führerschein reicht auch.“

Jo zeigte ebenfalls ihre Marke.

Der Koloss stand auf. „Woher soll ich wissen, dass Sie Ihre Marken nicht aus dem Kaugummiautomat haben?“

Elijah, so freundlich lächelnd wie er konnte, machte sich bereit. Atmete flach, stellte das linke Bein vor, die linke Hand locker, offen. Sein Schlag müsste schnell kommen und kompromisslos, groß und schwer wie Ashdani war. Er würde ihn im Hals treffen und dort alle möglichen Nervenpunkte in Aufregung versetzen und seine Luftröhre eine Weile von der Arbeit abhalten. Der zweite Schlag, dieses Mal mit rechts, käme dann ganz automatisch, aus der Hüfte heraus, eine Ohrfeige, aber hart und ganz wörtlich genau auf das Ohr. Würde ihm zuerst Probleme mit dem Gleichgewicht machen und später Gelegenheit geben, über seine Exfrau nachzudenken. Wenn der Koloss denn Ashdani war.

Elijah wollte seine Glock nicht ziehen, ein Dutzend Leute um ihn herum.

„Ein Rashman Ashdani aus Hamburg hat daselbst vor etwa einem Jahr seine Frau totgeschlagen“, sagte Elijah. „Seitdem ist er auf der Flucht. Ich glaube, dass Sie dieser Ashdani sind. Deshalb muss ich Ihre Identität überprüfen. Sie werden das verstehen. Ihren Ausweis oder Führerschein. Bitte.“

„Du warst verheiratet?“

Jo und Elijah sahen die Frau an.

Dann hörten sie die Sirenen.

Der Koloss setzte sich wieder, schwer, atmete aus, schüttelte den Kopf. „Exfrau“, sagte er und zu Elijah, „Sagen Sie ihr bitte Exfrau. Sie regt sich sehr schnell auf. Und das will keiner von uns, glauben Sie's mir.“

Elijah entspannte und sagte, „Exfrau.“

Die Frau sagte, „Der hat mir gesagt, er wäre nicht verheiratet“, und zu Ashdani, „nie gewesen.“

„Sie sind also tatsächlich Rashman Ashdani?“, sagte Jo.

„Sicher ist das Ashdani, sind Sie blöde, oder was?“, sagte die Frau. Und zu Ashdani, „Du hast mich angelogen, Ash. Du weißt genau, dass ich nie auch nur einen Tag mit einem verheirateten ... Und nur weil du aussiehst wie dieser Typ, hab ich jetzt drei verdammte Monate an dich ... du verdammter scheiß Lügner.“ Und zu Elijah, „Kann ich ihn dafür anzeigen? Das ist doch sowas wie Heiratsschwindel, oder?“

Die Sirenen heulten jetzt direkt vor dem Fenster.

„Gott sei Dank“, sagte Jo. „Sie sind da.“

Schumacher hatte Kripo und ein SEK geschickt, und sechs Maskierte in schwarzer Kluft nahmen Ashdani ohne jede Gegenwehr in ihre Mitte und brachten ihn hinaus zu ihrem Transporter mit Gittern. Ob einer von ihnen am Morgen dabei gewesen war, konnte Elijah nicht sagen. Vielleicht. Sie sahen genauso aus. Alle sechs hatten ihre schwarzen MP5 im Anschlag, aber offensichtlich hatten sie auch Schumacher geglaubt, dass alles unter Kontrolle war. Keiner hatte den Zeigefinger gekrümmt.

Zwei Kripobeamte in Jeans und Windjacken kamen durch die Tür und steckten ihre Pistolen zurück in die Gürtel, und Elijah sagte, „Die beiden Herren hier werden Ihre Aussage aufnehmen. Das wird nicht lange dauern, dann können Sie zurückkommen und das da trinken ... oder, wenn Sie wollen, nehmen Sie die Flasche eben mit.“

„Die passt nicht in meine Handtasche“, sagte sie. Dann streckte sie den Rücken und der Pullover wölbte sich noch mehr. „Sagen Sie Herr ... uh, wie heißen Sie nochmal?“

„Leblanc.“

„Ja, Leblanc. Sie haben so einen schönen Teint, der passt gar nicht zu Ihrem Namen, deswegen ... und Ihre Stiefel und Ihr Hut. Egal. Herr Leblanc, Frage: hat das BKA eigentlich eine Belohnung auf Ash ausgesetzt?“

Jo sagte, „Bitte?“

„Ich weiß, dass ihr das macht. Belohnungen aussetzen. Ich gucke Fernsehen.“

Elijah nickte. „Viertausend Euro.“

„Viertausend“, sagte sie. „Hm. Ist ja nicht gerade viel. Also, Sie müssen wissen, Herr Leblanc, ich war es, der gesagt hat, wir gehen in das Café. Sonst wäre Ash nie hier rein gegangen. Er wollte Pizza essen, er will immer Pizza, na, manchmal auch Burger. Aber ich hab gesagt, nee, komm, lass uns heute mal hier rein gehen, die haben Torte und Sekt. Und ich wollte Torte und Sekt.“ Sie sagte, „Wie sehen Sie das, da hab ich doch ein Anrecht auf die Viertausend, oder?“

„Oh Mann“, sagte Jo.

„Torte und Sekt“, sagte Elijah. „Ja, das müssen Sie mit der Kripo besprechen“, und ließ sie stehen.

Ashdani hatte sie beobachtet. Er saß auf der Pritsche des Transporters zwischen zwei Maskierten, die vier anderen gegenüber, die Maschinenpistolen jetzt quer vor der Brust.

Elijah sagte zu ihm, „Seien Sie froh, Herr Ashdani.“

Ashdani nickte. „Eine echte Nervensäge. Unglaublich. Ash mach dies, Ash mach das, Lass uns hier – nein, Ash, lass uns doch lieber da reingehen.“ Er sagte, „Wie haben Sie mich gefunden?“

„Ich habe Ihr Foto gesehen“, sagte Elijah.

„Mein Foto?“

„Vor einem Café wie diesem. Unsere Fahndungsliste. Aber auf dem Foto trinken Sie Kaffee, nicht Sekt.“

„Tee“, sagte Ashdani und schüttelte den Kopf. „Ich habe mein Foto auf eurer Seite gesehen, klar. Trotzdem, hätte ich das nicht gedacht.“

„Dass nach Ihnen gefahndet wird?“

„Nein“, sagte Ashdani, „dass sich jemand von euch die Fahndungsfotos anguckt. Sie haben sonst nichts zu tun, Herr Leblanc, oder?“

Einer der Vermummten drehte den Kopf. „Leblanc? Sie heißen Leblanc?“

Elijah nickte.

„Sind Sie etwa der von heute Morgen? Das Gehirn?“

„Waren Sie dabei?“

„Nein, Mann, da hab ich noch geschlafen. Aber ich hab davon gehört, vorhin beim Käffchen auf der Dienststelle.“ Er nickte, „Cool. Aber mal ne Frage. Die Kollegen haben erzählt, Sie wären vorneweg, Leblanc, hätten aber zu keinem Zeitpunkt Ihre Waffe gezogen. Stimmt das? Oder haben die mich auf den Arm genommen?“

„Wir sind dann soweit“, sagte einer der Kripobeamten im Hinzukommen, „ihr könnt los. Wir fahren euch hinterher, also macht langsam.“ Die Männer in dem Transporter murmelten Zustimmung. Der Kripobeamte warf einen Blick auf Ashdani und sagte, „Hey, Sie sehen ja aus wie dieser ... uh, wie heißt der noch? Amerikanischer Schauspieler. So ein Actionheld.“

„Vin Diesel“, sagte Ashdani.

„Echt? Nein, ich hab den anderen gemeint. Auch Glatze und so ... uh, wie heißt denn der noch?“

Der Vermummte sagte wieder, „Sagen Sie doch mal, Leblanc, stimmt das mit der Waffe?“

Elijah sagte, „Was denken Sie?“

„Ich krieg keine Luft unter diesem blöden Ding“, sagte er und schob seine Maske hoch bis auf die Stirn. „Die haben uns neue Masken gegeben, angeblich noch atmungsaktiver, aber wie üblich, die haben keine Ahnung.“ Er atmete tief durch. „Also, ich denke, Sie haben gezogen. Geht gar nicht anders. Weil, niemand macht einen Zugriff bei so jemandem und lässt die Waffe stecken. Ganz einfach. Neun Frauen?“ Kopfschütteln. „Wär ja verrückt.“

„Ja, wär verrückt“, sagte Elijah. „Hey, Sie sind jünger, als ich gedacht hab.“

Schwesterherz

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