Читать книгу 1 Könige 16 - 2 Könige 16 - Steve McKenzie - Страница 44
Diachrone Analyse
Оглавление16,30: Ahabs Bewertung durch DtrH Den chronologischen Angaben über die Regierungszeit Ahabs (V. 29), die vermutlich einer kombinierten Königsliste entstammen, fügt DtrH die Bewertung in V. 30 hinzu. Wie bei Omri (16,25) urteilt DtrH, dass Ahab schlimmer ist als seine Vorgänger. Wiederaufnahme in 16,31–33 Die Gründe des DtrH für diese Bewertung wurden offenbar durch PEs Einschaltung durch Wiederaufnahme in Vv. 31–33 verdrängt. Die Notwendigkeit einer Einschaltung wird durch die Wendung ihn zu vernichten (V. 33) bestätigt, die von P übernommen wurde (siehe die Anmerkung). Der Zweck der Einschaltung liegt darin, deutlich zu machen, dass Isebel die Hauptursache für Ahabs Abfall darstellt. Ahab hat die Sünden (Plural!) Jerobeams, derer sich alle israelitischen Könige schuldig machen, mit weiterer Abtrünnigkeit verbunden, wobei die Anregung dazu auf seine phönizische Frau zurückgeht. Die Beurteilung Ahabs durch DtrH fällt so knapp aus wie bei seinem Vater: Jeder war der bislang Schlimmste (16,25). Zugleich muss wie im Fall Omris die Sünde Jerobeams (16,26) genannt werden. Die Aussage, dass Ahab auf den Wegen Jerobeams wandelte, ist durch die Einschaltung der Bemerkung verdrängt worden, dass die Sünde Jerobeams gering war im Vergleich zur Verehrung Baals, zu der ihn Isebel anstiftete. Isebel wird in der DtrH-Schicht der Königebücher nicht erwähnt, was einzig Ahab die Schuld für seine Fehler und für den Fall der Omriden-Dynastie zuweist (21,20–24*).
Historisch korrekt? Allgemein wird die historische Richtigkeit der Verse 31–33 nicht angezweifelt, und manche Einzelheiten ergeben auch historisch einen Sinn. Durch die Heirat wird ein Vertrag zwischen Israel und den Phöniziern besiegelt worden sein, der aufgrund seiner Handelsvorteile in beiderseitigem Interesse gewesen sein dürfte.22 Doch es gibt Anlass zum Zweifel. Die Existenz Etbaals ist fragwürdig. Dass er mit dem in der Ahiram-Inschrift genannten Ittobaal identisch ist, wird allgemein angenommen, doch die Daten passen nur mit einiger Anstrengung zueinander.23 Ansonsten ist der Etbaal aus 1 Kön 16,31 außerhalb der Bibel nur bei Josephus belegt (siehe die Anmerkungen), der behauptet, aus Menanders Bericht über die Liste der Könige von Tyrus zu zitieren und deshalb bestenfalls nur aus dritter Hand berichten kann. Es gibt einen weiteren Ittobaal, der im 8. Jahrhundert in einer assyrischen Inschrift erwähnt wird, die auf einer Stele Tiglat-Pilesers III. gefunden wurde – der Name lautet Tuba’lu (ANET 287–288; COS 2,287) – sowie einen dritten Ittobaal im 6. Jahrhundert (Josephus, Ant X, 228; Ag Ap I, 156). Letztgenannter würde auch die Erklärung des Titels „König der Sidonier“ stützen, der in der babylonischen und persischen Zeit gut belegt, vorher aber nicht geläufig ist.24 Daneben würde er auch gut zu meiner Datierung von PE passen, dem die hebräische Wiedergabe des Namens aufgrund ihrer vermeintlichen Bedeutung „mit Baal“ womöglich interessant erschien.
Die Übertreibung von Isebels Missionsbemühungen Ahabs Begeisterung für Baal und Isebels missionarische Bemühungen werden übertrieben, weil sie in den Zusätzen von PE in überzogener Weise dargestellt sind. Der Tempel in Samaria, dessen Bau Ahab vorgeworfen wird, ist bestenfalls ein Heiligtum, das er für Isebel erbaut hat, damit diese ihre ursprüngliche Religion ausüben konnte. Dies ließe sich damit vergleichen, was Salomo für seine ausländischen Frauen getan haben soll (1 Kön 11,7–8).25 Der historische Ahab war ein Anhänger Jhwhs. Man dachte, dass jeder Gott sein eigenes Gebiet und Volk besaß, und umgekehrt (vgl. 2 Kön 5,17–18). Israel war Jhwhs Volk und Land, und das bedeutete, dass Jhwh Israels Gott war, der entsprechend in Israel verehrt werden sollte. Wenn es eine historische Isebel gegeben hat, dann hat auch sie diese Ansicht geteilt. Die in der Bibel erwähnten Kinder von Ahab und Isebel tragen allesamt Jhwh-haltige Namen. Zwar sind Namen keine absolut sicheren Hinweise auf die Religionszugehörigkeit, aber es geht hieraus zumindest hervor, dass Ahab und Isebel Baal nicht so fanatisch verehrt haben, wie die Königebücher glauben machen wollen. Die Aschera in V. 33 war kein Import aus dem Ausland, sondern gehörte zum Kult Jhwhs. Paradox ist, dass die Beschuldigung, Ahab habe versucht, die Verehrung Jhwhs durch die Verehrung Baals zu ersetzen, im Widerspruch zu der Anschuldigung steht, dass er sich der Sünde Jerobeams mitschuldig gemacht hat. Dass er die Nationalheiligtümer in Dan und Bet-El erhalten hat, deutet darauf hin, dass er den Nationalgott Jhwh verehrt hat, wie man es vom König erwarten würde.26
Der Schlussvers des Kapitels wirft mehr Fragen auf, als dass er tatsächlich Informationen liefern würde. Vers 34 ist mit dem Kontext nicht verknüpft, und es geht in ihm weder direkt um Ahab noch um Elija. Er unterbricht die Verbindung zwischen der negativen Beurteilung Ahabs und der Strafe dafür in Gestalt der von Elija angekündigten Dürre. Es herrscht weitgehend Konsens darüber, dass dies eine durch Jos 6,26 inspirierte Hinzufügung ist, die in den dortigen Kontext gut eingepasst ist. Die Wendung in seinen Tagen (בימיו) ist eine Glosse, die hinzugefügt wurde, um den Übergang von Vv. 31–33 zu V. 34 etwas flüssiger zu machen. In unserem Vers wird daneben die Gattung von Jos 6,26 falsch verstanden, insofern ein Fluch als Verheißung gelesen wird.27 Der Fluch in Jos 6,26 bedient sich rhetorischer Mittel und eines Merismus (ältester und jüngster Sohn), damit die Stadt in Übereinstimmung mit der Beschreibung in Dtn 13,17 dauerhaft als Ruine erscheint. In 1 Könige 16,34 wird der Fluch als Verheißung verstanden, die sich hier erfüllt. Was genau in V. 34 in Jericho wiederaufgebaut wird, bleibt offen. Der Bezug auf die Stadt spricht dagegen, dass Hiel bloß ein einziges Wohnhaus gebaut hätte. Vielmehr wird hier die Errichtung eines oder mehrerer großer öffentlicher Gebäude oder die erneute Befestigung der Stadt durch eine neue Stadtmauer angedeutet. Dann stellt sich die Frage, wann die Episode entstanden sein könnte. Die bedeutendste eisenzeitliche Baumaßnahme fand dort im siebten Jahrhundert statt und damit lange nach Ahabs Regierungszeit und auch nach dem Ende des Königreichs Israel. Es gibt Hinweise darauf, dass das Gelände in der Königszeit durchgängig besiedelt war.28 Möglicherweise hatte Hiel den Auftrag, Jericho als Reaktion auf die Erhebung Moabs gegen Israel (2 Kön 3,5) zu befestigen.29 Die Grundsteinlegung und das Einsetzen der Tore oder Türen, sei es bei der Stadtmauer oder bei öffentlichen Gebäuden, markierte den Beginn beziehungsweise das Ende des Bauprozesses.30
Der Tod der Söhne Hiels Zu der Angabe, dass Hiels Projekt auf Kosten seines ältesten und seines jüngsten Sohnes ging, gibt es im Wesentlichen zwei Auffassungen. Entweder wird der Tod der Söhne – wie auch immer er vonstatten ging – in ätiologischer Weise zur Folge des Fluches erklärt, der seit der Zeit Josuas auf der Stätte lag, oder die Söhne fanden ihr Ende als Menschenopfer, die gebracht wurden, um durch sie langfristig das Wohlergehen der Stadt zu sichern. Zwar ist die Frage des Kinderopfers im alten Israel komplex und reicht weit über diese Textpassage hinaus, doch die Deutung dieses Verses hat eine kleine, aber wichtige Rolle bei der Debatte um dieses Thema gespielt. Archäologische Belege für Kinderopfer sind im punischen Bereich reichlich vorhanden, doch sonst im Alten Orient selten und uneindeutig.31 In der Forschung wird diskutiert, ob das Kinderopfer in Israel tatsächlich einschließlich einer Opferung zu denken ist, oder ob es eher um eine zeremonielle Weihung ging. Ebenso ist strittig, ob solche Opfer einem kanaanäischen Gott namens Moloch gebracht wurden, oder ob der Begriff mulch eine bestimmte Opferart kennzeichnete. Diese Fragen werden eingehender bei der Besprechung von 2 Könige 3 und 2 Könige 16 behandelt. Für den jetzt betrachteten Vers sind sie allerdings kaum von Bedeutung, weil hier Moloch nicht erwähnt wird und der Vers sich von den anderen Texten über Kinderopfer in der Bibel unterscheidet. Auch spricht unser Vers nicht von einer Notlage, wie das bei Isaak (Gen 22), Jiftachs Tochter (Ri 11,30–40) oder Mescha (2 Kön 3,27) der Fall ist. Vielmehr ist die Bezeugung der hinter diesem Vers vermuteten Praxis – nämlich von Bauopfern zum Wohle der Stadt (oder des Gebäudes) und ihrer Bewohner – in Mesopotamien fragwürdig. Die angeblichen Fälle in Syrien und Palästina sind vom vorliegenden Vers hergeleitet worden.32 Möglich wäre, dass der Verfasser des Verses Hiel durch den Vorwurf des Kinderopfers in Misskredit bringen wollte, doch weil die Bemerkung so kryptisch ist, ist das eher unwahrscheinlich. Dass die Anschuldigung so vage formuliert ist, spräche für die Vermutung, dass Hiel Kinderopfer gebracht hat; dem Verfasser wäre das wohl nicht unlieb gewesen. Folglich lässt sich die Möglichkeit, dass Hiels Söhne als Opfer dargebracht wurden, letztlich nicht ausschließen, doch sie ist eher unwahrscheinlich. Besser lässt sich die Aussage so verstehen, dass Hiels Söhne während des Baus starben und dass ihr Tod, der normalerweise angesicht der hohen Kindersterblichkeit nicht weiter ungewöhnlich gewesen wäre, aufgrund des Josua zugeschriebenen Fluches besondere Beachtung fand.33